Freunde haben uns geraten, gar nichts zu unternehmen und das Kind einfach nicht zu beachten, dann wurde es von selbst zur Vernunft kommen. Wir haben diesen Rat befolgt - mit dem Ergebnis, da? wir nach einiger Zeit keinen einzigen Schlussel mehr im Haus hatten... '

„Komm einmal her, Schragele!'

Ich rief den kleinen Tunichtgut zu mir. „Nun sag doch: warum wirfst du alle Schlussel ins Klo?' „Wei? nicht', antwortete Schragele achselzuckend. „Macht mir Freude. '

Jetzt ergriff Frau Lustig das Wort:

„Wir haben sogar einen Kinderarzt konsultiert. Er verhorte Schragele zwei Stunden lang und bekam nichts aus ihm heraus. Dann fragte er uns, ob wir den Buben nicht vielleicht als Baby mit einem Schlussel geschlagen hatten. Naturlich ein Blodsinn. Schon deshalb, weil ja ein Schlussel fur so etwas viel zu klein ist. Das sagten wir ihm auch. Er widersprach, und wir fingen an, daruber zu streiten. Mittendrin horten wir plotzlich die Wasserspulung: Schragele hatte uns eingesperrt, und erst als nach stundenlangem Telefonieren ein Schlosser kam, konnten wir wieder hinaus. Der Kinderarzt erlitt einen Nervenzusammenbruch und mu?te einen Arzt aufsuchen. ' In diesem Augenblick erklang abermals das Rauschen der Spulung. Unsere Nachforschungen ergaben, da? der Schlussel zum Hauseingang fehlte.

„Wie tief ist es bis in den Garten?' erkundigten sich die Lustigs. „Hochstens anderthalb Meter', antwortete ich. Die Lustigs verlie?en uns durch das Fenster und versprachen, einen Schlosser zu schicken. Nachdenklich ging ich auf mein Zimmer. Nach einer Weile stand ich plotzlich auf, versperrte die Tur von au?en, nahm den Schlussel und spulte ihn die Klosettmuschel hinab. Die Sache hat etwas fur sich. Macht mir Freude.

Steaks fur Franzi

Wir - die beste Ehefrau von allen, die drei Kinder und ich - nehmen unser Mittagessen jeden Samstag bei Martin & Maiglock ein, und jeden Samstag stellen sie funf riesenhafte Steaks vor uns hin. Beim erstenmal glaubte ich noch an einen Irrtum oder an eine ausnahmsweise erfolgende Kundenwerbung. Aber es war, wie sich alsbald erwies, keine Ausnahme. Es war die Regel, und sie macht besonders den Kindern schwer zu schaffen. Verzweifelt starren sie auf ihre Teller, die nicht leer werden wollen: „Mami, ich kann nicht mehr... ' Oder sie weinen stumm vor sich hin. Und es ist ja wirklich zum Heulen, auch fur die Erwachsenen. Denn die Steaks im Restaurant Martin & Maiglock sind besonders gut, und man wird ganz einfach trubsinnig bei dem Gedanken, da? man hochstens die Halfte aufessen kann und die andere Halfte zurucklassen mu?. Mu? man? „Warum nehmen wir den Rest nicht mit nach Hause?' flusterte eines Samstags die beste Ehefrau von allen. „Mehr als genug fur ein ausgiebiges Abendessen!' Sie hatte recht. Es fragte sich nur, wie ihr hervorragender Plan zu verwirklichen ware. Schlie?lich kann man sich nicht mit Handen voller Steaks aus einem dicht gefullten Restaurant entfernen. Andererseits erinnere ich mich mit Schaudern an jene halbe Portion Hamburger, die ich einmal in eine Papierserviette eingewickelt und in meine hintere Hosentasche gesteckt hatte. Auf dem Heimweg tatigte ich einen kleinen Einkauf, wollte zahlen, griff nach meiner Geldborse und zog eine unappetitliche, klebrige, senfdurchtrankte Breimasse hervor... Nein, dergleichen sollte mir nie wieder passieren. Keine Schmuggelversuche. Deshalb rief ich Herrn Maiglock an den Tisch: „Hatten Sie wohl die Freundlichkeit, diese Uberbleibsel einzupacken? Fur unseren Hund!' Wahrend ich mich noch uber meine Idee freute, da? ich Franzi, unsere Hundin, als Tarnung vorgeschoben hatte, kam Herr Maiglock aus der Kuche zuruck. In der Hand trug er einen gewaltigen Plastikbeutel, im Gesicht ein freundliches Lacheln: „Ich hab' noch ein paar Knochen dazugetan', sagte er. Es mussen mindestens 15 Pfund Elefantenknochen gewesen sein, vermehrt um allerlei Leberund Nierengewachs und was sich sonst noch an Speiseresten in den Abfallkubeln des Restaurants Martin & Maiglock gefunden hatte. Wir nahmen den Sack unter lebhaften Dankesbekundungen entgegen, leerten ihn zu Hause vor Franzi aus und fluchteten. Franzi verzehrte den anruchigen Inhalt mit gro?em Appetit. Nur die Steaks lie? sie stehen.

Am folgenden Wochenende, um einiges kluger geworden, wollte ich es besser machen:

„Herr Maiglock, bitte packen Sie das ubriggebliebene Fleisch fur unseren Hund ein. Aber geben Sie bitte nichts anderes dazu' „Warum nichts anderes? erkundigte sich Herr Maiglock. „In unserer Kuche wimmelt es von Leckerbissen fur Ihren vierbeinigen Liebling!' Ich erklarte ihm die Sachlage:

„Unsere Franzi ist ein sehr verwohntes Tier. Sie will nur Steaks haben. Nichts als Steaks. Vom Grill. '

An dieser Stelle mischte sich vom Nebentisch her ein lockiger Gelehrtenkopf ins Gesprach: „Sie machen einen schweren Fehler, mein Herr. Sie verpassen dem armen Tier eine denkbar ungeeignete Nahrung. ' Der Lockenkopf gab sich als Tierarzt zu erkennen und setzte, meiner Proteste nicht achtend, seinen Vortrag laut horbar fort: „Das Ungesundeste fur einen Hund ist gegrilltes oder gebratenes Fleisch. Wahrscheinlich wird Ihr Hund daraufhin nicht mehr wachsen. Zu welcher Rasse gehort er?' „Es ist ein Zwergpudel' antwortete ich hamisch. „Und au?erdem eine Hundin. '

Damit kehrte ich meinem Qualgeist den Rucken und bat Herrn Maiglock, die Steaks, wenn er uns denn unbedingt noch etwas anderes mitgeben wollte, gesondert zu verpacken. Alsbald brachte Herr Maiglock die sorgfaltig in Zeitungspapier eingewickelten Steaks.

„Was soll das?' brullte ich ihn an. „Haben Sie keinen Plastikbeutel?' „Wozu?' fragte Herr Maiglock.

Ich schwieg. Wie sollte ich diesem Idioten begreiflich machen, da? ich keine Lust auf Steaks hatte, an denen noch die Reste einer Zeitung klebten?

Auf der Heimfahrt schleuderte ich das Zeitungspaket zum Wagenfenster hinaus.

Aber so leicht gebe ich nicht auf. Am nachsten Samstag erschienen wir mit unserem eigenen Plastikbeutel, und der lockenkopfige Tierarzt mu?te in hilflosem Zorn mitansehen, wie wir das schadliche Material in einwandfrei sauberer Verpackung forttrugen. Es reichte fur drei Tage und drei Nachte. Wir hatten Steaks zum Abendessen, Steaks zum Mittagsmahl, Steaks zum Fruhstuck. Franzi lag daneben, beobachtete uns aufmerksam und verschmahte die ihr zugeworfenen Happen. „Ephraim', seufzte die beste Ehefrau von allen, als wir am Samstag wieder bei Martin & Maiglock Platz nahmen, „Ephraim, ich kann keine Steaks mehr sehen, geschweige denn essen. ' Sie sprach mir aus der Seele, die gute, aus der Seele und aus dem Magen. Auch die Kinder klatschten in die Hande, als wir Schnitzel bestellten. Und wir bestellten sie sicherheitshalber bei Herrn Martin. Herr Maiglock lie? sich dadurch in keiner Weise beirren: Nach vollzogener Mahlzeit brachte er einen prall mit Steakresten gefullten Plastiksack angeschleppt. „Fur Franzi!' sagte er. Von da an hatten wir jeden Samstag das Problem, wie wir die Fleischreste loswerden sollten. Man kann ja auf die Dauer nicht durch die Stadt fahren und Fleischspuren hinter sich lassen. Endlich hatte ich den erlosenden Einfall. Kaum sa?en wir an unserem Samstagmittagstisch, wandte ich mich mit trauriger Miene und ebensolcher Stimme an Herrn Maiglock: „Bitte keine Steaks mehr. Franzi ist tot.' In tiefem Mitgefuhl druckte mir Herr Maiglock die Hand. Am Nebentisch aber erhob sich der Hundefutterfachmann und stie? einen emporten Schrei aus:

„Sehen Sie! Ich hatte Sie gewarnt! Jetzt haben Sie das arme Tier umgebracht!'

Rafi, unser Altester, murmelte etwas von einem Verkehrsunfall, dem Franzi zum Opfer gefallen sei, aber das machte die Sache nicht besser. Die Stimmung war gegen uns. Wir schlangen unsere Mahlzeit hinunter und schlichen mit gesenkten Kopfen davon. Auf dem Heimweg fuhlten wir uns wie eine Bande von Mordern. Ware Franzi tot auf der Schwelle unseres Hauses gelegen - es hatte uns nicht uberrascht.

Zum Gluck empfing sie uns mit frohlichem Gebell, wie immer. Es war alles in bester Ordnung.

Aber wir gingen nicht mehr zu Martin & Maiglock und lebten friedlich dahin, unbeschwert von Steakproblemen jeglicher Art. Es gibt ja auch noch andere Restaurants als Martin & Maiglock.

Der Hund, der Knopfe fra?

 An einem frostigen Morgen entdeckte ich in meinem damals noch sehr gepflegten Garten ein kleines Hundchen. Es war etwa funf Uhr fruh, eine Zeit, zu der die meisten Menschen noch schlafen. Drau?en vor dem Fenster horte ich ein leises, verzweifeltes Winseln. Ich zog die Vorhange beiseite und blinzelte schlaftrunken hinaus. In der Mitte meines Gartens sa? ein sehr kleiner Hund, der mit seinen sehr kleinen Pfoten ein Loch in den Rasen buddelte und das Gras abfra?. Das Hundchen war nicht nur sehr klein und sehr wei?, auch

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