gebessert hatte oder die von einem seiner Untergebenen hatten weiterbehandelt werden konnen. Ihm war vollig klar, da? dieses Vorgehen ziemlich albern war und er sich so nur vollig unnotig Mehrarbeit aufhalste, aber in Wahrheit steckte ihm seine erst kurzlich erfolgte Berufung zum Chefarzt noch zu sehr in den Knochen, um sich bereits daran gewohnt zu haben, Aufgaben auch im gro?en Ma?stab zu delegieren. Und wie ein unbelehrbarer Idiot hielt er stur daran fest, weiterhin alles selbst zu machen.

Nach seinem Rundgang mu?te er DBLF-Lernschwestern einen Einfuhrungskurs in Geburtshilfe geben. Die DBLFs waren pelzige, vielbeinige Wesen, die vom Planeten Kelgia stammten und von der au?eren Erscheinung her Raupen ahnelten. Sie atmeten dasselbe atmospharische Gemisch wie Menschen, also brauchte er sich keinen Schutzanzug anzulegen. Zu dieser rein korperlichen Erleichterung kam die Tatsache, da? er sich auf seinen Vortrag nicht extra vorbereiten mu?te. Schlie?lich ging es nur um die Vermittlung von so elementarem Grundwissen, da? Kelgianerinnen nur einmal im Leben gebaren, und zwar immer Vierlinge, von denen stets zwei mannlichen und zwei weiblichen Geschlechts waren. Folglich mu?te er sich nicht sonderlich konzentrieren, und in Gedanken war er schon wieder im Beobachtungszimmer bei seinem mutma?lichen Kannibalen.

2. Kapitel

Eine halbe Stunde spater sa? er mit den beiden ianischen Arzten im gro?en Speisesaal der Hauptkantine zusammen, die Tralthanern, Kelgianern, Terrestriern und anderen warmblutigen Sauerstoffatmern vorbehalten war, und a? den obligatorischen Salat. Das allein storte ihn nicht sonderlich, denn Kopfsalat war verglichen mit dem, was er sonst manchmal essen mu?te, wenn er gegenuber ET-Kollegen den Gastgeber spielte, regelrecht appetitanregend, aber er glaubte nicht, sich jemals an den sprichwortlichen Wirbel gewohnen zu konnen, den diese GKNMs dabei verursachten.

Diese Aliens waren empfindliche, geflugelte Wesen die ein wenig wie Riesenlibellen aussahen. Sie hatten einen langen, stabahnlichen, jedoch flexiblen Korper, der mit jeweils vier insektenartigen Beinen und Greilzangen, den ublichen Sinnesorganen und drei enorm gro?en Flugelpaaren ausgestattet war. Ihre Tischmanieren waren nicht einmal die schlechtesten — storend war nur, da? sie wahrend des Essens nicht sa?en, sondern in der Luft schwebten. Im Flug zu essen schien hochstwahrscheinlich nicht nur ein bedingter Reflex zu sein, sondern sich auch offensichtlich positiv auf ihre Verdauung auszuwirken.

Conway legte den Pathologiebericht auf den Tisch und beschwerte ihn mit einem Zuckertopf, damit die Zettel nicht durch den Raum geblasen wurden.

„Nach allem, was ich Ihnen vorgelesen hab, scheint es sich um einen einfachen Fall zu handeln. Trotzdem halte ich ihn fur ungewohnlich, da der Korper des Patienten auffallig frei von schadlichen Bakterien ist. Alle Symptome deuten darauf hin, da? einzig und allein eine Epitheliomie fur seine Bewu?tlosigkeit verantwortlich ist. Aber moglicherweise konnten uns Informationen uber seine planetarischen Umweltbedingungen und seine Schlafgewohnheiten und so weiter behilflich sein, und deshalb wollte ich mich mit Ihnen unterhalten. Wir wissen, da? der Patient aus Ihrer Galaxie stammt. Konnen Sie mir vielleicht irgend etwas uber seine Herkunft verraten?“

Der GKNM zu Conways Rechten schwebte ein Stuck vom Tisch zuruck und sagte uber den Translator: „Leider hab ich noch nicht samtliche Feinheiten Ihres physiologischen Klassifikationssystems begriffen, Doktor. Wie sieht der Patient eigentlich aus?“

„Ach, entschuldigen Sie bitte, das hab ich nicht bedacht“, entgegnete Conway. Er wollte gerade schildern, was ein EPLH war, dann besann er sich eines Besseren und begann damit, auf der Ruckseite des Laborberichts eine Zeichnung zu machen. Kurz darauf hielt er das Resultat hoch und sagte: „Ein EPLH sieht ungefahr so aus.“

Beide Ianer sackten daraufhin im freien Fall wie benommen zu Boden.

„Also kennen Sie diese Spezies?“ fragte Conway, wobei er seine Verbluffung uber die unvermutete Reaktion der beiden GKNMs kaum verbergen konnte, da er zuvor noch nie mitbekommen hatte, da? sie wahrend einer Mahlzeit zu essen oder gar zu fliegen aufgehort hatten. Der GKNM zu seiner Rechten gab zunachst Laute von sich, die Conways Translator als eine Serie von Bellgerauschen wiedergab, der ianischen Entsprechung eines Stotteranfalls. Schlie?lich sagte der Alien: „Wir kennen diese Wesen zwar, aber wir haben noch nie eins von ihnen gesehen. Wir wissen auch nicht, von welchem Planeten sie stammen. Und bis zu diesem Augenblick waren wir uns nicht einmal sicher, ob sie auch wirklich physisch existieren. Diese Wesen, diese Wesen sind namlich Gotter, Doktor.“

Schon wieder so ein VIP-Gast! dachte Conway, wobei seine Laune augenblicklich auf den Nullpunkt sank. Nach seiner Erfahrung verliefen Falle mit solch au?ergewohnlichen Patienten nie problemlos. Selbst wenn der Zustand eines solchen Patienten nicht sonderlich ernst zu sein schien, war unweigerlich mit Komplikationen zu rechnen, die allerdings mit dem eigentlichen medizinischen Problem nie etwas zu tun hatten.

„Mein Kollege geht da ein wenig zu emotional ran“, meldete sich der andere GKNM zu Wort. Conway hatte zwischen den beiden Ianern bislang keinerlei unterschiedliche au?erliche Merkmale feststellen konnen, doch diese Libelle schien mit einem gewissen Zynismus ausgestattet zu sein. „Vielleicht sollte ich Ihnen lieber die wenigen Tatsachen, die uns uber diese Wesen bekannt sind, berichten, anstatt Ihnen all die Dinge aufzuzahlen, die nur auf Mutma?ungen beruhen.“

Wie der ianische Arzt erzahlte, war die Spezies, der der Patient angehorte, au?erordentlich selten, aber ihr Einflu?bereich innerhalb ihrer Galaxis um so betrachtlicher. Auf geistes- und naturwissenschaftlichem Gebiet waren diese Wesen sehr weit fortgeschritten, und jedes von ihnen verfugte uber eine ungeheure Intelligenz. Aus Grunden, die sie nur selbst kannten, suchten sie die Gesellschaft von Artgenossen nur hochst selten. So hatte man immer nur davon gehort, da? stets nur eins dieser Wesen auf irgendeinem Planeten fur langere Zeit angetroffen worden war.

Auf den Planeten, die sie eroberten, ubernahmen sie stets die Fuhrungsrolle. Mal gingen sie dabei wohltatig, ein anderes Mal brutal vor, wobei sich diese vermeintliche Brutalitat im Laufe der Jahrzehnte oder Jahrhunderte jedoch gewohnlich als eine getarnte Wohltatigkeit entpuppte. Sie benutzten Individuen, ganze planetarische Bevolkerungen und sogar interplanetarische Kulturen lediglich als Mittel zur Losung der Probleme, die diese sich selbst geschaffen hatten. Und sobald diese Schwierigkeiten gelost waren, verschwanden sie wieder. Jedenfalls sei dies der Eindruck von nicht ganz unvoreingenommenen Beobachtern.

Der Ianer fuhr mit ausdrucksloser Translatorstimme fort: „Es gibt ubereinstimmende Berichte, nach denen immer nur einer von ihnen mit seinem Schiff und mit einem Begleiter, der stets einer anderen Spezies angehort, auf einem Planeten landet. Durch eine Kombination aus Verteidigungstechnik, Psychologie und reinem Geschaftssinn uberwinden sie die dort herrschenden Vorurteile und haufen Macht und Reichtum an. Dabei erfolgt der Ubergang von einem lokal begrenzten Machteinflu? bis zur absoluten Herrschaft uber den gesamten Planeten nur allmahlich. Aber schlie?lich haben diese Wesen ja Zeit, denn sie sind unsterblich.“

Wie durch einen Schleier horte Conway seine Gabel zu Boden fallen, und es dauerte ein paar Minuten, bis er sich korperlich wie seelisch wieder gefangen hatte.

Zwar gab es in der galaktischen Foderation einige Spezies — zu denen auch die Menschen gehorten —, deren fortgeschrittene medizinische Wissenschaft zu einer betrachtlich hoheren Lebenserwartung gefuhrt hatte, und das in erster Linie durch die Anwendung von Verjungungskuren, von Unsterblichkeit aber hatte man noch nie etwas gehort. Jedenfalls nicht bis zu diesem Zeitpunkt. Doch jetzt hatte Conway einen unsterblichen Patienten in seiner Obhut, den er heilen und vor allem untersuchen mu?te, es sei denn. Aber der GKNM war ein Arzt, und ein Arzt wurde niemals von Unsterblichkeit reden, wenn er lediglich eine hohe Lebenserwartung meinte.

„Sind Sie sich auch wirklich ganz sicher?“ hakte Conway schlie?lich mit fast krachzender Stimme nach.

Die Antwort des Ianers erforderte einige Zeit, denn sie enthielt etliche bis ins letzte Detail gehende Tatsachen, aber auch Theorien und Legenden, die sich nun einmal um solche Wesen rankten, wenn sie als Individuen angeblich einen ganzen Planeten zu beherrschen vermochten. Zum Schlu? war Conway noch immer nicht ganzlich davon uberzeugt, da? sein Patient unsterblich war, doch schien nun alles, was er gehort hatte, darauf hinzuweisen.

Nur zogernd sagte er: „Nach allem, was ich eben gehort hab, sollte ich die Frage vielleicht lieber nicht stellen. Aber sind diese Wesen Ihrer Meinung nach in der Lage, einen Mord oder vielleicht gar Kannibalismus zu begehen?“

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