Kartographieren unzahliger Sterne normalerweise au?erst eintonig gestaltete. Als man nun auf einen Planeten stie?, der alle Anzeichen fur intelligentes einheimisches Leben aufwies, herrschte an Bord freudige Erwartung.

Jedoch wahrte die Freude nicht lange.

Da ein Aufklarungsschiff mit seiner nur vierkopfigen Besatzung nicht uber die Moglichkeiten verfugte, mit der Situation eines Erstkontakts fertig zu werden, verbaten die Vorschriften eine Landung, so da? sich die Crew mit einer rein visuellen Untersuchung aus niedriger Umlaufbahn begnugen mu?te, wahrend sie sich gleichzeitig bemuhte, den technologischen Stand der Bewohner durch eine Analyse der Kommunikationsfrequenzen und anderer elektromagnetischer Strahlung, die vom Planeten ausging, nachzuweisen. Aufgrund der Erkenntnisse blieb die Tenelphi in der Umlaufbahn und vergeudete ihre Energiereserven auf fast leichtsinnige Weise an den energiefressenden Subraumkommunikator, indem immer dringendere Bitten um Unterstutzung an die Basisstation gesendet wurden.

Jedoch hatten die Spezialisten fur fremde Spezies auf dem Kontakt- und Vermessungskreuzer des Monitorkorps Descartes, die normalerweise die erste Annaherung an eine neu entdeckte Zivilisation durchfuhrten, bereits auf dem sogenannten Planeten der Blinden alle Hande voll zu tun, wo die Verstandigung mittlerweile in eine Phase getreten war, die einen Abbruch nicht ratsam erscheinen lie?. Zudem war der von der Tenelphi entdeckte Planet im Cromsag-System sowieso kein Fall fur den Erstkontakt; um uberhaupt irgendeine Art Kontakt zu ermoglichen, mu?te namlich zunachst dafur gesorgt werden, da? die Bewohner uberlebten.

Aus diesem Anla? wurde das Schlachtschiff der Imperatorklasse Vespasian — das mehr als nur dazu in der Lage war, einen gro?eren Krieg zu fuhren, obwohl es in diesem Fall einen beenden sollte — eiligst fur die Katastrophenhilfe umgerustet und in die betreffende Region entsandt. Zwar stand es unter dem Kommando des Terrestriers Colonel Wiliamson, aber in allen Fragen, die Hilfseinsatze auf der Planetenoberflache betrafen, hatte Oberstabsarzt Lioren die Befehlsgewalt und trug die alleinige Verantwortung.

Innerhalb einer Stunde nach der Angleichung der Umlaufbahnen der beiden Schiffe hatte die Tenelphi an die Vespasian angekoppelt, und der Captain des Aufklarungsschiffs, der Terrestrier Major Nelson, befand sich mit seinem medizinischen Offizier Stabsarzt Dracht-Yur, einem Nidianer, im Hauptquartier und gab den neuesten Situationsbericht ab.

„Wir haben einige Beispiele fur die Funkspruche der Planetenbewohner aufgenommen“, berichtete Major Nelson in lebhaftem Ton, „auch wenn dort unten ungewohnlich wenig Funkverkehr herrscht. Da unser Bordcomputer aber nur fur die Vermessungsarbeit programmiert ist und gerade noch uber genugend Kapazitat verfugt, um die notwendigen Ubersetzungen fur die Besatzung zu bewaltigen, konnen wir die Spruche nicht verstehen. Wie die Dinge liegen, wissen wir nicht einmal, ob den Bewohnern uberhaupt bekannt ist, da? wir hier sind.“

„Von jetzt an wird der taktische Computer der Vespasian den Funkverkehr auf der Planetenoberflache ubersetzen, und die Informationen wird man dann an Sie weiterreichen“, fiel ihm Colonel Wiliamson ungeduldig ins Wort. „Uns interessiert weniger, was Sie womoglich nicht gehort haben, sondern vielmehr das, was Sie wirklich gesehen haben. Also fahren Sie bitte fort, Major.“

Es war uberflussig, einen Umstand zu erwahnen, der allen Anwesenden bekannt war; denn wahrend Wiliamsons gewaltiges Gro?kampfschiff uber das gro?ere Gehirn verfugte, besa? Nelsons winziges und hochspezialisiertes Vermessungsschiff Augen, die unubertroffen waren. Wahrend Nelson auf die Tasten druckte, die das Bildmaterial auf dem riesigen taktischen Bildschirm erscheinen lie?en, fuhr er fort: „Wie Sie sehen, haben wir den Planeten aus einer Entfernung vermessen, die das Funffache seines Durchmessers betragt, bevor wir naher herangeflogen sind, um diejenigen Gebiete kartographisch zu erfassen, die bewohnt ausgesehen haben. Dies ist der dritte Planet eines Sternsystems, das aus insgesamt acht Planeten besteht, und, soweit wir wissen, der einzige, auf dem es Leben gibt. Auf diesem Planeten ist der Tag etwas uber neunzehn Stunden lang, die Schwerkraft betragt auf der Oberflache das Eineinviertelfache der Erdanziehungskraft, der atmospharische Druck steht dazu im richtigen Verhaltnis, und die Luftzusammensetzung wurde der Mehrheit unserer warmblutigen Sauerstoffarmer keine ernsthaften Unannehmlichkeiten bereiten.

Die Landmasse auf dem Planeten ist in siebzehn gro?e, nicht zusammenhangende Kontinente aufgeteilt. Bis auf die zwei Polarkontinente sind alle bewohnbar, doch momentan ist nur der gro?te Aquatorialkontinent besiedelt. Jedoch weisen auch die anderen Kontinente Anzeichen auf, da? sie in der Vergangenheit bevolkert waren und es dort eine ziemlich hochentwickelte Technologie gegeben hat, zu der unter anderem motorgetriebene Beforderungsmittel zu Land und in der Luft gehort haben, wobei die Strahlungsspuren darauf hindeuten, da? man Energie mit Hilfe von Kernspaltung erzeugt hat. Die Dorfer und Stadte scheinen heute aufgegeben und verlassen zu sein. An den Gebauden sind kaum Schaden festzustellen. Spuren von Industrie- oder Hausabfallen finden sich weder auf dem Boden noch in der Atmosphare. Hinweise auf den Anbau von Nahrungsmitteln sind nicht zu entdecken, und die Stra?enbelage und das Mauerwerk von einigen der kleineren Gebaude sind durch ungehinderten Pflanzenwuchs aufgebrochen und beschadigt worden. Sogar in den bewohnten Gebieten auf dem Aquatorialkontinent gibt es Anzeichen fur dieselbe Nachlassigkeit gegenuber Bauwerken und der Landwirtschaft mit den damit zusammenhangenden Symptomen von.“

„Offensichtlich handelt es sich um eine Seuche“, unterbrach ihn Lioren plotzlich, „um eine Epidemie, gegen die diese Wesen nur geringe naturliche Abwehrkrafte besitzen und durch die die Planetenbevolkerung so weit dezimiert wurde, da? man nicht mehr das reibungslose Funktionieren samtlicher Stadte in vollem Umfang leisten konnte, und die Uberlebenden sind dann in die warmeren Stadte mit geringerem Energiebedarf am Aquator gezogen, um.“

„Einen blutigen Krieg zu fuhren!“ fiel ihm der Arzt des Aufklarungsschiffs, Dracht-Yur, ins Wort, wobei seine knurrende nidianische Sprache die emotionslose Ubersetzung des Translators in argerlichem Ton untermalte. „Aber es handelt sich um eine eigenartige, altertumliche Form der Kriegsfuhrung. Entweder lieben die Planetenbewohner den Krieg geradezu, oder sie hassen sich wie die Pest. Trotzdem scheinen sie eine ungeheure Achtung vor fremdem Eigentum zu haben. Massenvernichtungswaffen setzen sie jedenfalls nicht gegeneinander ein; fur Bombardierungen aus der Luft oder Artilleriefeuer gibt es keinerlei Anzeichen, obwohl sie immer noch uber sehr viele Bodenfahrzeuge und Flugzeuge verfugen. Aber die benutzen sie nur, um die Kriegsteilnehmer zum Schlachtfeld zu transportieren, wo sie Mann gegen Mann und anscheinend ohne Waffen Nahkampfe austragen. Das ist grausam. Sehen Sie!“

Der taktische Bildschirm der Vespasian zeigte eine Reihe Luftaufnahmen von Lichtungen in Tropenwaldern und stadtischen Stra?en, die trotz starker Vergro?erung und der Tatsache, da? man sie aus einer Entfernung von achtzig Kilometern senkrecht von oben fotografiert hatte, gestochen scharf und kontrastreich waren. Normalerweise war es schwierig, aus dem Orbit verla?liche Informationen uber Korpermasse und physiologische Einzelheiten einer einheimischen Lebensform zu erhalten — obwohl eine Untersuchung des Schattens, den ein Wesen warf, hilfreich sein konnte — , doch in diesem Fall waren, wie Lioren grimmig dazu einfiel, viel zu viele Planetenbewohner so zuvorkommend gewesen, sich tot auf den Boden zu legen.

Den Oberstabsarzt erschutterten die Bilder achtlos liegengelassener Toter zwar, aber sie widerten ihn nicht an, wie es bei Dracht-Yur der Fall war, da der nidianische Arzt zu einer dieser eigenartigen Zivilisationen gehorte, die die sterblichen Uberreste ihrer Toten ehren. Dennoch stellte die Menge der vor kurzem und schon vor langerer Zeit Gefallenen, die auf den Stra?en und Waldlichtungen herumlagen, auf jeden Fall ein Gesundheitsrisiko dar.

Lioren fragte sich unwillkurlich, ob die uberlebenden Kampfer die Gefallenen nicht begraben wollten oder einfach nicht begraben konnten. Eine weniger scharfe Filmaufnahme zeigte zwei der Planetenbewohner, die miteinander auf dem Boden kampften, und die Schlage und Bisse, mit denen sie sich gegenseitig eindeckten, waren so sanft, da? der Kampf genausogut ein offentlich vollzogener Geschlechtsakt hatte sein konnen.

Anscheinend konnte der Nidianer Liorens Gedanken lesen, denn er fuhr fort: „Die beiden sehen aus, als konnten sie sich gegenseitig gar nicht ernsthaft verletzen, und ganz zu Anfang hatte ich angenommen, dies sei eine Spezies, die uber keine korperliche Ausdauer verfugt. Doch dann sind andere Planetenbewohner beobachtet worden, die mit aller Kraft und ohne Unterbrechung einen ganzen Tag lang gekampft haben. Aber Sie werden auch bemerken, da? die Haut dieser beiden verfarbte Stellen aufweist, die sich schon weit ausgebreitet haben, wahrend die Haut von einigen der anderen makellos ist. Zwischen dem Grad korperlicher Schwache und der Gro?e des verfarbten Hautbereichs besteht ein eindeutiger Zusammenhang. Meiner Ansicht nach kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, da? diese beiden Kampfer nicht mude, sondern schwer krank sind.

Aber das halt sie nicht von dem Versuch ab, sich gegenseitig umzubringen“, schlo? Dracht-Yur mit einem

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