brauchst du dich nicht mehr mit fremden Mannern abzugeben. Wie hei?t du?«

»Lisa. Du bist komisch. Bist du etwa ein Zeitreisender?«

»Merkt man das so deutlich?«

»Es war nur geraten.« Die Augen des Madchens waren blau und sehr gro?. Mit leiser Stimme fragte sie: »Du bist eben erst angekommen?«

»Ja. Ich bin Arzt. Ich kann uns beide enorm reich machen. Mit meinem Wissen …«

»… schmei?en wir den Laden, Junge«, sagte sie. »Wie willst du dich nennen?«

»Keystone«, sagte Pomrath, ohne nachzudenken. »Mort Keystone.«

»Wir werden es ihnen zeigen, Mort.«

»Und ob. Wann kannst du von hier weg?«

»In zwei Stunden.«

»Und wo treffen wir uns?«

»Zwei Stra?enblocke von hier entfernt ist ein Park. Du kannst dich dort auf eine Bank setzen und auf mich warten.«

»Ein was?«

»Ein Park. Du wei?t schon — Gras, Baume, ein paar Banke. Was hast du denn, Mort?«

Pomrath fand es sonderbar, da? es mitten in der Stadt Gras und Baume geben sollte. Er zwang sich zu einem Lacheln. »Schon gut. Ich warte also im Park auf dich.« Dann gab er ihr das Buch. »Hier. Kaufe es fur mich, wenn du den Laden verla?t. Ich mochte es nicht stehlen.«

Sie nickte. Dann meinte sie: »Bist du sicher, da? du nicht noch was anderes mochtest, wenn du schon mal hier unten bist?«

»Das hat spater Zeit«, sagte Pomrath. »Ich warte im Park.«

Er ging nach oben. Der Buchhandler winkte ihm freundlich nach. Pomrath gab ein paar seiner gebrochenen Satze zum besten und eilte dann hinaus. Er konnte es kaum glauben, da? er noch vor ein paar Stunden viereinhalb Jahrhunderte von hier entfernt gewesen war. Da? er am Rande eines Zusammenbruchs gestanden hatte. Er war jetzt vollig ruhig. Er wu?te, da? er der Welt die Stirn bieten wurde.

Arme Helaine, dachte er. Ich mochte wissen, wie sie die Nachricht aufgenommen hat.

Er ging schnell die Stra?e entlang, und es storte ihn nicht einmal, da? das Pflaster beim Auftreten nicht nachgab. Ich bin Mort Keystone, sagte er sich vor. Mort Keystone. Und Lisa wird mir helfen, etwas Geld zur Eroffnung einer Praxis herbeizuschaffen. Ich werde ein reicher Mann sein. Ich werde leben, als gehorte ich in Klasse Zwei. Es gibt keine Hohe Regierung, die mich sturzen kann.

Unter diesen Primitiven habe ich Macht und Ansehen. Und wenn ich erst einmal gut eingerichtet bin, werde ich ein paar Zeitreisende ausfindig machen, damit ich mich nicht so einsam fuhle. Wir werden uber die Zukunft plaudern. Uber die vergangene Zukunft.

14

Quellen wartete drei Stunden, bis Koll und Spanner mit anderen Regierungsgeschaften zu tun hatten. Dann ging er hinunter zu dem Haft-Tank. Er offnete den Sichtschlitz und warf einen Blick ins Innere. Lanoy schwamm friedlich auf der grunlichen Flussigkeit. Er war vollig entspannt und schien sich wohlzufuhlen.

Quellen holte einen Techniker und befahl: »Bringen Sie ihn heraus.«

»Sir, wir haben ihn erst vor ein paar Stunden hineingelegt.«

»Ich mu? ihn verhoren. Holen Sie ihn heraus.«

Der Techniker gehorchte. Lanoy wurde von den Verbindungsschlauchen gelost und wieder zu Bewu?tsein gebracht. Roboter fuhrten ihn in Quellens Buro. Nach kurzer Zeit funktionierten seine Reflexe wieder, und er konnte sich aus eigener Kraft bewegen.

Quellen schaltete alle Aufnahmegerate des Raumes aus. Er hatte den starken Verdacht, da? die Unterhaltung nichts fur fremde Ohren sein wurde. Er regulierte den Sauerstoff fur zwei Personen.

»Lassen Sie den Schlitz offen, Quellen«, sagte Lanoy. »Ich atme gern richtig. Und es geht auf Regierungskosten.«

»So, jetzt konnen wir unser Gesprach zu Ende fuhren«, sagte Quellen argerlich. »Was fur ein Spiel spielen Sie eigentlich?« Lanoy war ein vollig amoralischer Mensch. Sein Verbrechertum hatte nicht einmal etwas Bosartiges an sich. Aber gerade deshalb fuhlte sich Quellen in seinem Stolz und in seiner personlichen Wurde angegriffen.

»Ich will offen mit Ihnen sprechen, Kriminalsekretar«, sagte der Mann. »Ich will meine Freiheit, und ich will mein Geschaft weiterfuhren. Und nun zu Ihren Wunschen. Sie wollen mich verhaften und der Hohen Regierung meine Maschine ausliefern. Stimmt es?«

»Ja.«

»Da unsere Wunsche in so krassem Gegensatz zueinander stehen, wird sich naturlich nur der Starkere durchsetzen konnen. Das ist immer so. Ich bin der Starkere, also mussen Sie mich laufen lassen und alle Ergebnisse Ihrer Untersuchung verheimlichen.«

»Wer sagt denn, da? Sie starker sind, Lanoy?«

»Ich wei? es. Ich bin stark, und Sie sind schwach. Ich wei? sehr viel uber Sie, Quellen. Ich wei?, wie sehr Sie die vielen Menschen hassen und wie Sie sich nach Stille und frischer Luft sehnen. So etwas ist in unserer Welt schwer zu erreichen, nicht wahr?«

»Weiter«, sagte Quellen. Insgeheim verfluchte er Brogg. Nur er konnte Lanoy das Geheimnis verraten haben.

»Ich werde also als freier Mann von hier fortgehen«, fuhr Lanoy fort, »sonst befinden Sie sich plotzlich in Klasse Neun oder gar Klasse Elf. Es wird Ihnen dort nicht sonderlich gefallen, Kriminalsekretar. Sie werden Ihr Zimmer mit einem anderen teilen mussen, der Ihnen vielleicht nicht zusagt, aber Sie werden nichts dagegen tun konnen. Und wenn Sie einen Zimmerkollegen haben, konnen Sie auch nicht mehr weglaufen. Er wird Sie anzeigen.«

»Was meinen Sie mit ›weglaufen‹?« Quellens Stimme war ein heiseres Flustern.

»Ich meine nach Afrika verschwinden, Quellen.«

So ist es also, dachte Quellen. Brogg hat mich verkauft. Es war ihm klar, da? er sich nun vollig in der Hand des kleinen Unternehmers befand. Er stand reglos vor Lanoy und kampfte die Versuchung nieder, dem Mann das Televektorkabel um den Hals zu ziehen.

»Es tut mir leid, da? ich Ihnen das antun mu?, Quellen«, sagte Lanoy. »Personlich habe ich nichts gegen Sie. Sie sind ein armer Kerl, gefangen in einer Welt, fur die Sie nichts konnen und die Sie nicht sonderlich mogen. Aber ich kann es nicht andern. Entweder Sie oder ich — und Sie wissen genau, wer gewinnen mu?.«

»Wie sind Sie dahintergekommen?«

»Durch Brogg.«

»Weshalb hat er das getan? Er bekam einen guten Preis von mir.«

»Ich habe ihm mehr geboten«, sagte Lanoy. »Ich habe ihn in die Romerzeit zuruckgeschickt. Zu Hadrian oder vielleicht Trajan. Er befindet sich 2400 Jahre in der Vergangenheit.«

Quellen spurte, wie der Boden unter seinen Fu?en zu schwanken begann. Er klammerte sich am Schreibtisch fest, um nicht ohnmachtig zu werden. Brogg ein Zeitreisender? Brogg verschwunden? Brogg ein Verrater?

»Wann?« fragte Quellen.

»Gestern abend, gegen Sonnenuntergang. Brogg und ich unterhielten uns daruber, wie ich der Verhaftung und der Arbeitslosigkeit entgehen konnte. Er deutete an, da? Sie einen wunden Punkt hatten. Und ich zwang ihn dazu, ihn mir zu verraten — fur die Erfullung seines Lebenswunsches. Er wollte das alte Rom mit eigenen Augen sehen.«

»Das ist unmoglich«, beharrte Quellen. »Es gibt Aufzeichnungen der Zeitreisenden, und Brogg war nicht darunter.«

Er merkte selbst, wie sinnlos seine Worte waren. Die Aufzeichnungen gingen bis ins Jahr 1979 zuruck. Brogg war um fast zwei Jahrtausende weiter gegangen. Damals gab es noch keine Aufzeichnungen.

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