hinter ihm; sie alle waren ahnlich gekleidet. Ihr Blick ruhte mehr auf Rauls Waffe als auf seinem Gesicht. Schlie?lich hob der Mann den Kopf und suchte hinter dem Helmvisier nach Rauls Blick. „Ich bin Silver Tyr“ — die Stimme uberraschte ihn mit ihrer kalten Arroganz — „Prasident des Lansingschen Abgeordnetenhauses, Premierminister von Himmels Gurtel…“ Der Mann verstummte, als Gelachter in Rauls Helm rasselte, es dauerte lange Sekunden, bis er erkannte, da? es nicht sein eigenes, unterdrucktes Lachen war, sondern das eines der anderen Besatzungsmitglieder. Er hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen, und einen Augenblick lang horte er noch den blechernen Nachhall in dem Zimmer.
„Und Sie sind…?“ Der Premierminister sprach die Worte mit gekrankter Eitelkeit aus — er verlangte nicht fur den Schattenregenten Respekt, der in seinen Lumpen vor ihnen stand, sondern fur den verlorenen Traum, in dem sie alle vor ihrem Sundenfall gelebt hatten.
„Raul Nakamore. Hand der Harmonie.“ Und fast unbewu?t streckte er eine Hand aus, durch den Handschuh vor Schmutz geschutzt, aber bereit zur Freundschaft. „Wir wollen Ihrem Volk nichts Boses tun. Wir wollen Ihre Zusammenarbeit, solange wir hier sind.“
Der Premierminister streckte ebenfalls die Hand aus, mit der zogernden Geste eines Mannes, der erwartet, sie beiseite geschlagen zu bekommen. „Und weswegen sind Sie hier, Sir?“
Raul schuttelte die Hand, lie? sie aber wieder los, bevor er antwortete. „Wir jagen Piraten, Euer Exzellenz.“ Diesen ungebrauchlichen Titel hatte er noch von halb vergessenen Geschichtslektionen behalten. Auf mehr als einem Gesicht erkannte er plotzlich schuldbewu?te Mienen.
Als er seinen Blick bemerkte, sagte der Premierminister: „Aber das war vor fast einer vollen Gigasekunde, Hand Nakamore — zudem war es ein Akt der Notwendigkeit, wie Sie sicher wissen. Gewi? sind Sie doch nach der langen Zeit nicht den ganzen Weg gekommen, nur um zu bestrafen…“
„Ich spreche nicht von Ihrem letzten Angriff auf die Ringe, Euer Exzellenz — ich glaube, das wissen Sie. Ich spreche von dem Sternenschiff von au?erhalb des Himmel-Systems, das eines unserer Schiffe vernichtet und unsere Hauptdestille ausgeplundert hat — und das auf seinem Flug aus unserem System hinaus bei Lansing vorbeikommen wird…“
„Sir…“ Raul horte die Stimme Sandovals und wandte sich um, als noch weitere Manner den Saal betraten.
Sandoval und seine beiden Manner kamen zu ihm. Sie eskortierten eine zornige, magere Frau, braune Haut, braune Augen, braunes Haar, das an den Wurzeln bereits wei? wurde. Raul starrte sie an, so wie sie ihn anstarrte. Als ihr Blick uber die herausgeputzten Gestalten der Ratsmitglieder glitt, flammte lautloser Zorn wie ein Feuer hinter ihren Augen auf. Ihr Blick wandte sich wieder ihm zu, und der Zorn kuhlte etwas ab. Er dachte an einen Brand, der zwar einstweilen unter Kontrolle war, aber immer noch schwelte.
„Sir, diese Frau fanden wir im Funkraum. Sie behauptet, ihr Kom sei nicht mehr in Ordnung.“
Nickend wandte er sich wieder dem Premierminister zu, als dieser sagte: „Wir wissen nichts von einem Sternenschiff. Sie haben alle Schiffe gesehen, die wir haben. Mit ihnen konnen wir nicht einmal mehr Diskus erreichen…“
„Stellen Sie sich der Realitat, Silver Tyr!“ Die scharfe Stimme der Frau unterbrach seinen Redeflu?. „Er sieht euch an, da? ihr lugt. Ihr konnt die Wahrheit nicht mehr verbergen, so wie eure Gewander eure Lumpen nicht mehr verbergen konnen. Und wenn er die Wahrheit die ganze Zeit nicht gekannt hat, so kennt er sie jetzt. Es ware am besten fur uns, wenn wir mit ihm zusammenarbeiten, wie er es verlangt, und darauf hoffen, da? er bereit ist, dafur zu bezahlen…“
„Flame Siva! Willst du die einzigen Menschen im Universum verraten, die zur Hilfe fur uns bereit sind? Deine eigene Tochter…“
„Kein Kruppel, keine Defekte, ist ein Kind von mir.“ Doch ihre Stimme verriet sie, Raul fuhlte die Hitze bitterer Enttauschung in der Asche ihrer Worte. Die zusammengekauerte Gestalt von Wind Kitavu, selbst ein Kruppel, wurde bei ihren zornigen Worten noch kleiner. „Aber unter den gegenwartigen Umstanden spielt das ohnehin keine Rolle mehr.“
Ein Stirnrunzeln verzerrte die Zuge des Premierministers. „Zwei Angehorige unseres Volkes sind an Bord des Sternenschiffes. Sie sagen, die Gro?e Harmonie habe das Sternenschiff zuerst angegriffen. Es hat daher ein Recht, auch einen guten Grund, gegen euch vorzugehen, und Sie haben keinen rechtlichen Anspruch darauf. Daher verspuren wir keinen Wunsch, Ihnen dabei zu helfen, es in Ihre Gewalt zu bringen.“
„Ich verstehe.“ Raul erwiderte das Stirnrunzeln, doch er erkannte, er konnte diesem Volk im Grunde genommen nichts antun, da er bereits ihre einzige Hoffnung zerstort hatte. „Zu Ihrem Gluck sind wir im Grunde genommen gar nicht auf Ihre Zusammenarbeit angewiesen… aber wir werden auch keine Storung tolerieren. Wir werden hier warten, bis das Schiff ankommt.“ Er studierte ihre Reaktionen und erkannte mit einer Spur diabolischer Freude, da? das Schiff tatsachlich ankommen wurde. „Eines meiner Schiffe ist in einem Orbit uber Lansing. Sollten wir auf Widerstand sto?en, hat der Kapitan den Befehl. Locher in das Zelt zu schie?en. Wenn Ihr die euch verbleibende Zeit noch voll auskosten wollt, dann stellt euch uns nicht entgegen.“
„Nicht einmal auf Lansing wollen wir ein Treffen mit dem Tod forcieren, Hand Nakamore.“ Der Premierminister betrachtete vielsagend seine Waffe.
„Auf Lansing ganz besonders nicht“, bekraftigte Flame Siva. „Wir sind Materialisten. Hand Nakamore, Realisten. Das sagt man wenigstens von uns.“ Sie legte eine Pause ein. „Was haben Sie mit dem Schiff und seiner Besatzung vor? Werden Sie es intakt lassen?“
Raul lachte kurz. „Wir werden es versuchen. Aber ich werde es lieber zerstoren als zuzulassen, da? es uns wieder genommen wird. Au?erdem mochten wir die Besatzung lebend, damit wir wissen, wie man es bedient. Weigern sie sich, uns an Bord zu lassen… nun, Piraterie ist ein Kapitalverbrechen, das nach jedem Recht mit dem Tod bestraft wird.“ Er sah, wie die Ratsmitglieder sich unruhig, dabei glitzernd, bewegten.
„Der Gro?teil der Besatzung ist ohnehin bereits durch Ihre Schuld tot“, murmelte die Frau mit gesenktem Kopf. „Sie hat die Verluste…“
„Sie?“ fragte Raul uberrascht. „Das stimmt…“ — er erinnerte sich an Details des fremdartigen Au?eren und die Entdeckung der menschlichen Uberreste —, „ein weiblicher Pilot. Also ist die Mannschaft nicht voll einsatzfahig?“
„Zwei unseres Volkes sind bei ihnen“, wiederholte die Frau. Er erkannte, da? es mehr als nur eine simple, ausgesprochene Tatsache war;
Er wartete ab, antwortete aber nicht, denn ihre Worte hatten keine Anklage beinhaltet.
„Was wurden Sie uns geben, wenn ich Ihnen helfe, das Schiff intakt in die Hand zu bekommen?“
Wieder war er uberrascht. „Was konnen Sie tun, das zu garantieren?“
Ihre schmalen Hande uberkreuzten sich vor der Brust, umklammerten ihre ebenso dunnen Hande in Armeln, die viel zu lang und zu zerlumpt waren. „Erlauben Sie mir, die Funkanlage wieder zu reparieren. Geben Sie Ersatzteile… wenn Sie welche haben.“ Sie blickte ihn mit harten, glanzenden Augen an. „Lassen Sie mich Kontakt mit dem Schiff aufnehmen, wenn es sich nahert. Ich werde ihnen versichern, da? sie gefahrlos kommen konnen. Dann konnen Sie sie leicht ubernehmen.“
„Das konnten wir auch selbst tun.“
„Nein, konnen Sie nicht. Meine… unsere Leute auf dem au?erirdischen Schiff kennen die Probleme unserer Funkanlage sehr gut — und au?erdem meine Stimme. Durch die Stimme eines Fremden wurden sie argwohnisch werden… wie auch durch eine Funkstille.“
„Da haben Sie nicht unrecht.“ Raul nickte.
„Werden Sie uns den Wasserstoff lassen, wenn ich das tue?“ Dieses Mal funkelte sie ihn nicht zornig an.
„Wenn das Schiff entkommt, konnen sie mit dem Wasserstoff zuruckkommen!“ platzte Wind Kitavu heraus. „Nimm uns nicht unsere einzige Chance…“
Sie drehte sich um, und ihr Gesicht brachte ihn zum Schweigen. Raul fragte sich, was es zeigen mochte. „Werden Sie es tun?“
Da er wu?te, wie einfach es sein wurde zu lugen, antwortete er: „Ich werde um die Erlaubnis bitten. Vielleicht bekomme ich sie, vielleicht auch nicht.“ Er wartete auf ihre Reaktion und wurde von einer Art