auf die Signale nicht mehr ansprach, verriet er den Plan, und es gelang mir seht bald, Sie wiederzufinden. Dann hie? es nur abwarten. Ich wu?te, da? die Fuhrer herkommen wurden, sobald sie uberzeugt waren, da? ich Sie aus den Augen verloren hatte, und da? ich sie dann alle abfangen konnte.“

„Aber Sie wollen sie gehen lassen?“

„Bisher“, erwiderte Karellen, „konnte ich nicht sagen, wer unter den zweieinhalb Milliarden Menschen auf diesem Planeten die wirklichen Fuhrer der Organisation waren. Jetzt, da sie festgestellt sind, kann ich ihre Bewegungen uberall auf der Erde verfolgen und kann, wenn ich will, alle ihre Handlungen beobachten. Das ist weit besser, als sie einzusperren. Wenn sie irgendwelche Schritte unternehmen, werden sie ihre ubrigen Gefahrten verraten. Sie sind wirksam neutralisiert, und das wissen sie; Ihre Rettung mu? ihnen vollig unerklarlich sein, denn Sie sind vor ihren Augen verschwunden.“

Sein volltonendes Lachen hallte in dem kleinen Raum wider.

„In gewisser Weise war die ganze Sache eine Komodie, aber sie hatte einen ernsten Zweck. Es geht mir nicht nur um die paar hundert Manner in dieser Organisation — ich mu? auch an die moralische Wirkung auf andere Gruppen denken.“

Stormgren blieb eine Weile stumm. Er war nicht ganz befriedigt, aber er konnte Karellens Standpunkt verstehen, und etwas von seinem Zorn hatte sich verfluchtigt. „Es ist bedauerlich, da? es in meinen letzten Amtswochen geschehen mu?te“, sagte er endlich. „Aber von jetzt an werde ich eine Wache vor meinem Hause aufstellen. Das nachste Mal kann Pieter entfuhrt werden. Wie hat er sich ubrigens verhalten?“

„Ich habe ihn in dieser letzten Woche sorgfaltig beobachtet und vermied es absichtlich, ihm zu helfen. Im gro?en und ganzen hat er seine Sache sehr gut gemacht, aber er ist nicht der Mann, der an Ihre Stelle treten kann.“

„Das ist ein Gluck fur ihn“, sagte Stormgren, noch immer etwas gekrankt. „Haben Sie ubrigens von Ihren Vorgesetzten irgend etwas daruber gehort, da? Sie sich uns zeigen sollen? Ich bin jetzt uberzeugt, da? dies der starkste Einwand ist, den Ihre Feinde gegen Sie haben. Wieder und immer wieder haben sie mir gesagt: ›Wir werden den Overlords nie trauen, solange wir sie nicht sehen konnen.™

Karellen seufzte: „Nein, ich habe nichts gehort. Aber ich wei?, wie die Antwort sein mu?.“

Stormgren drang nicht weiter in ihn. Fruher einmal hatte er es vielleicht getan, aber jetzt zum erstenmal begann der schwache Schatten eines Plans in seinem Geist Gestalt anzunehmen. Die Worte des Mannes, der ihn ausgefragt hatte, gingen wieder durch sein Gedachtnis. Ja, vielleicht konnte man Apparate bauen.

Was er unter Zwang zu tun abgelehnt hatte, konnte er aus eigenem freiem Willen versuchen.

3

Noch vor wenigen Tagen hatte sich Stormgren nicht vorstellen konnen, da? er im Ernst die Unternehmung erwagen wurde, die er jetzt plante. Diese lacherliche operettenhafte Entfuhrung, die in der Erinnerung wie ein drittrangiges Fernsehspiel wirkte, hatte wahrscheinlich mit seiner neuen Einstellung viel zu tun. Zum erstenmal in seinem Leben war Stormgren einer Gewaltma?nahme ausgesetzt gewesen, im Gegensatz zu den Wortkampfen im Konferenzzimmer. Der Virus mu?te in seinen Blutstrom eingedrungen sein; oder aber er naherte sich seiner zweiten Kindheit nur schneller, als er vermutet hatte.

Reine Neugier war ebenfalls ein machtiger Antrieb und ebenso die Entschlossenheit, den Streich, den man ihm gespielt hatte, zuruckzuzahlen. Ihm war jetzt vollig klar, da? Karellen ihn als Koder benutzt hatte, und wenn dies auch aus den besten Grunden geschehen war, fuhlte sich Stormgren doch nicht geneigt, dem Oberkontrolleur sogleich zu verzeihen.

Pierre Duval zeigte keine Uberraschung, als Stormgren unangemeldet sein Buro betrat. Sie waren alte Freunde, und es war nichts Ungewohnliches, da? der Generalsekretar dem Leiter der Wissenschaftlichen Abteilung einen personlichen Besuch machte. Sicherlich wurde auch Karellen es nicht sonderbar finden, wenn er oder einer seiner Untergebenen zufallig ihre Beobachtungsinstrumente auf diesen Ort richten sollten.

Eine Weile sprachen die beiden Manner uber geschaftliche Angelegenheiten und tauschten politische Ansichten aus. Dann kam Stormgren etwas zogernd zur Sache. Wahrend sein Besucher redete, lehnte sich der alte Franzose in seinem Stuhl zuruck, und seine Brauen zogen sich, Millimeter fur Millimeter, immer mehr in die Hohe, bis sie fast unter seiner Stirntolle verschwanden. Ein- oder zweimal schien er etwas sagen zu wollen, aber immer uberlegte er es sich anders.

Als Stormgren geendet hatte, sah sich der Gelehrte nervos im Zimmer um. „Glauben Sie, da? er zuhort?“ fragte er.

„Ich glaube nicht, da? er es kann. Er la?t mich zu meinem Schutz beschatten, wie er es nennt, aber das ist unterirdisch nicht moglich. Das ist der eine Grund, warum ich hier in Ihr Verlies gekommen bin. Es soll gegen alle Arten von Strahlungen geschutzt sein, nicht wahr? Karellen ist kein Zauberer. Er wei?, wo ich bin, aber das ist alles.“

„Hoffentlich haben Sie recht. Wird es aber, abgesehen davon, nicht Schwierigkeiten geben, wenn er entdeckt, was Sie vorhaben? Denn das wird er, wie Sie wissen.“

„Ich nehme diese Gefahr auf mich. Au?erdem verstehen wir uns recht gut.“

Der Physiker spielte mit seinem Bleistift und starrte eine Weile vor sich hin. „Es ist ein sehr reizvolles Problem. Es gefallt mir“, sagte er ruhig. Dann tauchte er in ein Schubfach und zog einen ungeheuren Schreibblock heraus, den gro?ten, den Stormgren je gesehen hatte. „Also gut“, begann er und beschrieb das Blatt mit so etwas wie einer privaten Kurzschrift. „Ich mochte sicher sein, da? ich alle Punkte habe. Erzahlen Sie mir soviel Sie konnen uber den Raum, in dem Sie Ihre Besprechungen haben. Lassen Sie keine Einzelheit aus, so belanglos sie erscheinen mag.“

„Da ist nicht viel zu beschreiben. Der Raum besteht aus Metall und ist etwa acht Quadratmeter gro? und vier Meter hoch. Der Bildschirm ist etwa einen Meter breit, und unmittelbar darunter befindet sich ein Schreibtisch. Hier, es wird schneller gehen, wenn ich es Ihnen aufzeichne.“

Rasch skizzierte Stormgren den kleinen Raum, den er so gut kannte, und schob Duval die Zeichnung zu. Wahrend er das tat, erinnerte er sich mit einem leisen Schauder an das letzte Mal, als er das gleiche getan hatte. Er fragte sich, was wohl mit dem blinden Waliser und seinen Gefahrten geschehen sei und wie sie auf seinen plotzlichen Aufbruch reagiert hatten.

Der Franzose studierte die Zeichnung mit gerunzelten Brauen. „Und das ist alles, was Sie mir sagen konnen?“

„Ja.“

Duval schnaufte verachtlich. „Wie ist es mit der Beleuchtung? Sitzen Sie in volliger Dunkelheit? Und wie ist es mit der Beluftung und Heizung?“

Stormgren lachelte uber diese bezeichnenden Fragen. „Die ganze Decke leuchtet, und soviel ich sagen kann, kommt die Luft durch das Sprechgitter herein. Ich wei? nicht, wie sie wieder hinauskommt, vielleicht lauft der Strom zeitweilig in umgekehrter Richtung, aber das habe ich nicht bemerkt. Einen Heizkorper sieht man nicht, aber in dem Raum ist immer eine normale Temperatur. Ich glaube, jetzt habe ich Ihnen alles gesagt“, schlo? er. „Und was das Flugzeug betrifft, das mich zu Karellens Schiff hinaufbringt, so ist der Raum, in dem ich sitze, so ausdruckslos wie eine Fahrstuhlkabine. Abgesehen von dem Stuhl und dem Tisch konnte es gut eine solche Kabine sein.“

Mehrere Minuten herrschte Schweigen, wobei der Physiker seinen Schreibblock mit sorgfaltigen mikroskopischen Schnorkeleien verzierte. Wahrend Stormgren ihn beobachtete, fragte er sich, wie es wohl kam, da? ein Mann wie Duval, der einen gescheiteren Kopf hatte als er selbst, in der Welt der Wissenschaft nie besonders hervorgetreten war. Er erinnerte sich an eine unfreundliche und wahrscheinlich oberflachliche Bemerkung eines Freundes im Ministerium der Vereinigten Staaten: „Die Franzosen bringen die besten Zweitrangigen der Welt hervor.“ Auf Duval traf diese Behauptung zu.

Der Physiker nickte befriedigt vor sich hin, beugte sich vor und deutete mit seinem Bleistift auf Stormgren. „Wie kommen Sie auf den Gedanken, Rikki“, fragte er, „da? Karellens Bildschirm, wie Sie ihn nennen, wirklich das ist, was er zu sein vorgibt?“

„Ich habe ihn immer fur echt gehalten; er sieht genau aus wie jeder andere Bildschirm. Was sollte er auch sonst sein?“

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