vermehrt. Au?erdem interessierte er sich leidenschaftlich fur hohere Bildung - daher seine Verbindung zur South Florida University.

»Seit ich vor sechs Jahren Kuratoriumsvorsitzender geworden bin«, erklarte er Ainslie, »habe ich mir gewunscht, die SFU konnte eine Vorlesungsreihe uber vergleichende Religionswissenschaft anbieten. Wir haben naturlich eine Fakultat fur Theologie und Philosophie, aber dort kommt die vergleichende Religionswissenschaft meiner Uberzeugung nach entschieden zu kurz.«

Allardyce machte eine Pause, wahrend ein Ober als Hauptgericht Filet Mignon mit Sauce Bernaise servierte. »Ich hoffe ubrigens, da? Ihnen der Wein schmeckt. Es ist ein Opus One, eine Kreation zweier mit Recht weltberuhmter Winzer -Robert Mondavi im Napa Valley und der verstorbene Philippe de Rothschild in Bordeaux. Kosten Sie doch mal!«

»Superb«, urteilte Ainslie wahrheitsgema?. Er hatte von diesem beruhmten Wein gehort, hatte ihn sich aber als Detective-Sergeant nie leisten konnen.

»Lassen Sie mich zur Sache kommen«, sagte Allardyce, »damit Sie wissen, weshalb ich Sie um dieses Gesprach gebeten habe. Heutzutage entscheiden die meisten Universitatsstudenten sich fur die gangigen Facher: Betriebswirtschaftslehre, Medizin, Jura oder Ingenieurwissenschaften. Aber ich mochte unseren jungen Menschen zeigen, wie wertvoll das Studium der vergleichenden Religionswissenschaft sein kann.

Die einzelnen Religionen sagen so viel - viel mehr als die konventionelle Geschichtswissenschaft - uber die Zeiten aus, in denen Menschen leben, und uber ihre Geistesverfassung in allen Epochen und Gesellschaften. Sie erzahlen uns von ihren Hoffnungen und Freuden; sie geben Einblick in ihre bewu?ten und unbewu?ten Angste, wobei die Angst vor dem Tod fast immer ganz oben rangiert, und beantworten die Frage, ob es ein Leben nach dem Tod oder nur ein gro?es Nichts gibt -zweifellos die gro?te aller Angste. Trinken Sie noch etwas Wein, Dr. Ainslie.«

»Nein, danke, im Augenblick nicht. Aber bevor Sie weitersprechen, mochte ich etwas sagen.«

»Ich will hier keineswegs Monologe halten. Bitte sehr!«

»Sie sollten wissen, Dr. Allardyce, da? die Weltreligionen mich zwar schon immer fasziniert haben, aber da? ich an keine von ihnen glaube. Schon lange nicht mehr.«

»Das wei? ich bereits«, antwortete Allardyce, »und es spielt keine Rolle. Vielleicht macht Sie das sogar objektiver. Mochten Sie wirklich nicht noch etwas Wein?«

»Danke, wirklich nicht.«

»Ich habe Sie hergebeten, weil ich erst vor kurzem genug Geld aufgetrieben habe, um auf dem Campus ein neues Zentrum fur Theologie und Philosophie errichten zu konnen. Ein Gro?teil stammt von einem personlichen Freund, der mehrere Millionen Dollar spenden will. Aber seit er von Ihnen und Ihrer einzigartigen Qualifikation gelesen hat, knupft er Bedingungen an seine Spende. Er will zusatzlich eine Professur fur vergleichende Religionswissenschaft finanzieren, fur die ein angesehener Gelehrter gewonnen werden soll. Der springende Punkt dabei ist, Dr. Ainslie, da? mein Freund Sie will.«

Ainslie machte gro?e Augen. »Ist das Ihr Ernst?«

»Durchaus.«

»Darf ich fragen, wer Ihr Freund ist?«

Allardyce schuttelte den Kopf. »Sorry! Reiche Spender ziehen es oft vor, anonym zu bleiben; dafur gibt es heutzutage gute Grunde. Jedenfalls wurde die Universitat Ihnen furs erste einen Dreijahresvertrag anbieten, der mit hunderttausend Dollar im Jahr dotiert ware. Entschuldigen Sie, da? ich von Geld spreche, aber das ist naturlich nicht zu vermeiden.«

Danach entstand eine Pause, bevor Ainslie antwortete: »Oh, das entschuldige ich gern, Doktor. Und vielleicht trinke ich doch noch ein Glas Wein.«

»Vor Ihrer Berufung sind ein paar Formalitaten zu erledigen«, sagte Allardyce wenige Augenblicke spater. »Aber diese Hurden uberwinden Sie leicht.«

Karen war von der angebotenen Position begeistert. »Oh, Liebling - das mu?t du schaffen! Das ware ideal fur dich! Du bist eine Autoritat auf diesem Gebiet und ein ausgezeichneter Lehrer dazu. Ich hab's dir bisher nicht erzahlt, aber nach dieser Sache im Rathaus habe ich Ruby Bowe angerufen, um ihr zu danken, auch in Jasons Namen. Dabei hat sie mir erzahlt, da? die jungeren Kollegen anerkennen, was sie von dir gelernt haben, und wie sie dich alle achten.«

»Um den Posten zu bekommen, mu? ich noch eine ganze Reihe Vorstellungsgesprache absolvieren«, sagte er warnend.

»Das schaffst du ohne Schwierigkeiten.«

Sein wichtigstes Vorstellungsgesprach fuhrte Ainslie mit dem Kanzler der South Florida University. Dr. Gavin Lawrence war ein ruhiger, zuruckhaltend wirkender Mann, der trotz kleiner Statur unverkennbare Autoritat ausstrahlte. Der Kanzler, der eine aufgeschlagene Akte vor sich liegen hatte, hob den Kopf und stellte fest: »Akademisch gesehen erfullen Sie jedenfalls alle Voraussetzungen fur diesen Posten.«

»Es gibt etwas, das Sie unbedingt vorher wissen sollten.« Ainslie wiederholte seine schon vor Allardyce gemachte Aussage uber seine Glaubenseinstellung.

»Das steht alles hier drin.« Der Kanzler legte eine Hand auf die Akte. »Hartley hat in seinem Bericht geschrieben, Ihre Ehrlichkeit sei sympathisch. Das finde ich auch - und ich stimme ihm zu, da? das kein Hindernis ware.« Lawrence lehnte sich zuruck und legte die Fingerspitzen aneinander. »Tatsachlich habe ich geruchteweise gehort, die Glaubensstarke mancher unserer Theologie- und Philosophieprofessoren habe mit zunehmendem Wissen abgenommen. So etwas kann vorkommen, finden Sie nicht auch?«

»Bei mir ist's so gewesen.«

»Nun, hier macht das keinen Unterschied, weil wir einfach nicht nach den religiosen Neigungen unserer Professoren fragen. Gro?ten Wert legen wir jedoch auf fundiertes Wissen und engagierte Vorlesungen. Das ist hoffentlich klar.«

Ainslie nickte. »Vollig.«

Als nachstes sprach Lawrence ihn auf seinen auf drei Jahre befristeten Vertrag an. »Klappt alles gut, konnte danach ein Lehrstuhl zu besetzen sein - oder Sie erhalten einen Ruf an eine andere Universitat. Es ist immer von Vorteil, wenn die Studenten einen mogen, und ich spure, da? Sie beliebt sein werden. Im Grunde genommen hangt alles von unseren Studenten ab.

Noch ein letzter Punkt«, sagte der Kanzler. »Erzahlen Sie mir ein bi?chen daruber, wie Sie vergleichende Religionswissenschaft lehren wurden.«

Ainslie war uberrascht. »Darauf bin ich leider nicht vorbereitet... «

»Macht nichts, einfach aus dem Stegreif.«

Ainslie uberlegte kurz. »Ich wurde Tatsachen lehren - alle heute bekannten Tatsachen. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Religionswissenschaft gro?e Fortschritte gemacht, die untersucht sein wollen. Und ich wurde mich davor huten, Urteile auszusprechen. Zu denen konnen die Studenten jederzeit selbst gelangen. Vor allem wurde ich keine Proselyten machen; das und vergleichende Religionswissenschaft passen nicht zusammen.«

Lawrence nickte nachdenklich. »Und im gro?eren Zusammenhang des Bildungsauftrags unserer Universitat - wie sehen Sie da Ihr Fachgebiet?«

»Oh, bestimmt als funftausend Jahre weit zuruckreichenden wichtigen Aspekt der Menschheitsgeschichte. In diesem Zeitraum haben Religionen unzahlige Veranderungen bewirkt: Neuerungen und Zerstorungen, Krieg und Frieden, Gerechtigkeit und Tyrannei. Die meisten Religionen haben reichlich Heilige und Schurken hervorgebracht. Und die Machtigen dieser Erde - Kaiser, Politiker, Heerfuhrer, Soldner -haben sie benutzt, um die Macht zu erringen oder zu festigen.«

»Religionen weisen naturlich viele positive und negative Aspekte auf. Welche sind bedeutsamer? La?t sich das objektiv beurteilen?«

»Ich konnte es nicht; vermutlich kann das niemand. Aber ich wei?, da? Religionen, unabhangig von der Bewertung ihrer historischen Rolle, der Aspekt menschlichen Verhaltens sind, der unser Leben uber Jahrtausende hinweg am nachhaltigsten beeinflu?t hat.« Ainslie schmunzelte. »Allein das durfte die Bedeutung der vergleichenden Religionswissenschaft fur unsere Zeit, fur heute studierende junge Menschen beweisen.«

Nach kurzem Schweigen sagte Lawrence: »Gut gemacht! Danke, Dr. Ainslie, ich werde unbedingt zu Ihrer Antrittsvorlesung kommen.«

Die Verabschiedung war herzlich. »Wie ich hore, hat Hartley vor, fur Sie und Ihre Frau einen Empfang in unserem Haus zu geben - eine Gelegenheit, wichtige Leute kennenzulernen. Ich freue mich darauf, Sie beide dort

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