und kann mich nicht davonschleichen, als ware ich der Prasident.«

»Es ist aber auch moglich, da? einige der Leute, die Ihre Familie entfuhrt haben, da drau?en auf Sie warten.« Havelocks Stimme nahm einen scharferen Ton an. »Was glauben Sie, was da passiert? Wollen Sie sich vielleicht abknallen lassen? Also stellen Sie sich nicht so an, Mr. Sloane.«

Schlie?lich einigten sie sich darauf, die Kamerateams und Reporter in den Flur zu bitten, wo Sloane eine improvisierte Pressekonferenz abhalten wollte. Beim Eintreten sahen sich viele Journalisten neugierig und manche mit unverhohlenem Neid in dem luxuriosen Haus um. Die Fragen und Antworten, die nun folgten, waren zum Gro?teil eine Wiederholung derer vom Tag zuvor, denn die einzige neue Information war die, da? es wahrend der Nacht keine Nachricht von den Entfuhrern gegeben hatte.

»Mehr kann ich Ihnen nicht mitteilen«, sagte Sloane schlie?lich. »Es gibt einfach nicht mehr. Ich ware auch froh, wenn es mehr gabe.«

Havelock stand aufmerksam in der Nahe, weigerte sich aber, Fragen zu beantworten, und am Ende verlie?en die Reporter, von denen einige uber den Mangel an Neuigkeiten enttauscht schienen, das Haus so, wie sie es betreten hatten.

»Und nun, Mr. Sloane«, sagte Havelock, »will ich, da? wir das Haus genauso verlassen, wie ich es vorhin beschrieben habe, also Sie zusammengekauert im Fond des zweiten Wagens, damit Sie niemand sieht.« Sloane stimmte widerwillig zu.

Aber bei der Ausfuhrung des Plans kam es zu einem unvorhergesehenen Ungluck.

Crawford Sloane verschwand so schnell in dem FBI-Wagen, da? er nur von wenigen Leuten bemerkt wurde. Aber diese wenigen erzahlten es sofort weiter, und die Nachricht breitete sich aus wie ein Lauffeuer: »Sloane ist im zweiten Wagen.« Havelock und ein anderer FBI-Agent sa?en ebenfalls auf dem Rucksitz des Wagens, und Sloane kauerte unbequem zwischen ihnen. Ein dritter FBI-Agent sa? am Steuer.

Im ersten Wagen sa?en zwei weitere FBI-Manner. Die beiden Fahrzeuge setzten sich sofort in Bewegung.

Da die Menge nun von Sloanes Abfahrt wu?te, drangten einige im Hintergrund nach vorne, was die Vorderen auf die Stra?e zwang. Und in diesem Augenblick passierten mehrere Dinge kurz hintereinander.

Das erste Auto verlie? die Auffahrt, ein Polizist hatte es herausgewunken. Es fuhr schnell, und das zweite folgte in kurzem Abstand. Plotzlich wurden die vorderen Schaulustigen noch weiter in die Stra?e geschoben, und dem ersten Auto war uberraschend der Weg versperrt. Der Fahrer stieg, entsetzt uber die Leute, die plotzlich vor ihm auftauchten, auf die Bremse.

Unter anderen Umstanden ware das erste Auto noch rechtzeitig zum Stehen gekommen. Da aber die Stra?e na? vom Regen war, brach es seitlich aus. Dem Quietschen der Reifen folgten entsetzliche, dumpfe Aufprallgerausche und Schreie, wahrend sich das Auto einen Weg durch die vorderen Zuschauerreihen bahnte.

Die Insassen des zweiten Autos - bis auf Sloane, der nichts sehen konnte - rissen entsetzt die Augen auf und machten sich auf eine ahnliche Kollision gefa?t. Doch als die Leute hastig auf die andere Stra?enseite liefen, teilte sich die Menge, und Havelock befahl mit entschlossenem Gesicht: »Nicht anhalten! Weiterfahren!« Seine offensichtlich so gefuhllose Handlung rechtfertige Havelock spater mit der Erklarung: »Es ging alles so schnell, da? ich gar nicht wu?te, was los war und sofort an einen Uberfall dachte.«

Als Crawford Sloane merkte, da? etwas Unerwartetes vorgefallen war, hob er den Kopf, um hinauszuspahen. In diesem Augenblick fing eine Kamera, die bereits auf das Auto gerichtet war, sein Gesicht in Gro?aufnahme ein und blieb dran, wahrend das Auto davonraste. Das Publikum, das diese Bilder spater im Fernsehen sah, hatte naturlich keine Ahnung, da? Sloane seinen Beschutzer anflehte, umzukehren, und da? Havelock ihn mit barschen Worten zuruckwies: »Die Polizei ist an Ort und Stelle. Sie wird sich darum kummern.«

Die Polizei hatte die Situation wirklich unter Kontrolle und alarmierte sofort mehrere Krankenwagen. Am Ende stellte sich heraus, da? acht Personen verletzt worden waren, sechs nur leicht, doch zwei schwer. Von den Schwerverletzten hatte ein Mann einen gebrochenen Arm und Rippenbruche davongetragen, wahrend bei einer Frau das linke Bein so stark zerquetscht war, da? es amputiert werden mu?te.

Der Unfall war zwar tragisch, hatte aber unter anderen Umstanden kaum gro?ere Aufmerksamkeit erregt. Da er aber mit der Entfuhrung der Sloanes in Verbindung stand, wurde im ganzen Land daruber berichtet, und es wurden auch Stimmen laut, die, zumindest andeutungsweise, Crawford Sloane die Schuld in die Schuhe schoben.

Der Ermittlungsspezialist aus London, Teddy Cooper, traf, wie versprochen, noch an diesem Vormittag mit einer Concorde ein. Kurz vor 10 Uhr kam er im Buro der Sondereinheit an und meldete sich erst bei Harry Partridge, dann bei Rita. Anschlie?end gingen die drei in den Konferenzraum, wo sich eben der Rest der Gruppe versammelte.

Auf dem Weg dorthin traf Cooper Crawford Sloane, der, noch immer erschuttert uber den Vorfall in Larchmont, ebenfalls vor wenigen Minuten angekommen war.

Cooper, ein dunner, drahtiger junger Mann, strahlte Energie und Selbstvertrauen aus. Seine glatten, dunklen Haare, die er langer trug, als es im Augenblick Mode war, rahmten sein blasses Gesicht ein, das noch immer Spuren pubertarer Akne aufwies. So wirkte er insgesamt noch junger als die funfundzwanzig Jahre, die in seinem Pa? standen. Cooper war durch und durch Londoner, hatte sich aber schon ofters in Amerika aufgehalten - und kannte sich in New York gut aus.

Zu Crawford Sloane sagte er nun: »Tut mir leid wegen Ihrer Frau und der Familie, aber nur Mut! Jetzt bin ja ich da. Ich werde diese Kerle schon finden. Ich kann das namlich sehr gut.«

Sloane warf Partridge einen Blick zu und hob fragend die Augenbrauen, als wollte er sagen: Bist du sicher, da? du diesen Spinner willst?

»Bescheidenheit war noch nie Teddys Problem«, bemerkte Partridge trocken. »Aber wir lassen ihn an der langen Leine laufen und sehen einfach, was passiert.« Die Bemerkung schien Cooper nicht im geringsten zu storen.

Cooper wandte sich nun an Partridge. »Zuerst mu? ich mir mal samtliches Material durchlesen, das es uber den Fall gibt. Dann will ich mir den Tatort ansehen und mit den Leuten reden, die was gesehen haben. Und zwar mit allen. Wenn man seine Hausaufgaben nicht richtig macht, bringt man die einzelnen Teile des Puzzles nie zusammen. Und wenn es jemand schafft, dann ich.«

»Du hast freie Hand.« Partridge erinnerte sich an fruhere Gelegenheiten, bei denen er Cooper bei der Arbeit beobachtet hatte. »Du bist fur die Nachforschungen verantwortlich, zusammen mit zwei Assistenten, die dir zur Hand gehen werden.«

Die beiden Assistenten, ein junger Mann und eine Frau, die man sich von einem anderen Projekt ausgeliehen hatte, waren bereits im Konferenzraum. Wahrend sie auf den Beginn der Besprechung warteten, stellte Partridge sie vor.

Cooper gab ihnen die Hand und sagte: »Die Arbeit mit mir wird fur euch eine gro?e Bereicherung sein, Kids. Aber ihr braucht nicht nervos zu sein, ich bin sehr umganglich. Nennt mich einfach >Eure Exzellenz< und legt die Hand an die Mutze,

wenn ihr am Morgen reinkommt.«

Die beiden Assistenten schienen sich uber Cooper zu amusieren, und alle drei begannen sofort, sich uber eine Schautafel mit dem Titel »Ereignisablauf« zu unterhalten, die bereits im Konferenzraum aufgestellt war und dort eine ganze Wand einnahm. Eine solche Tafel gehorte zur Standardausrustung eines Ermittlungsteams. Auf ihr wurden alle bekannten und noch in Erfahrung zu bringenden Einzelheiten der Entfuhrung in der korrekten zeitlichen Abfolge notiert werden. An einer anderen Wand hing eine zweite gro?e Tafel mit der Bezeichnung »Vermischtes«. Auf ihr wurden alle zufallig auftauchenden Informationen, aber auch Geruchte und Spekulationen vermerkt, deren Zeitbezug unwesentlich oder die zeitlich nicht einzuordnen waren. Wenn sich aus diesen »vermischten« Informationsbruchstucken etwas entwickelte, wurde es auf die andere Tafel ubertragen werden - auch das fiel in den Aufgabenbereich des Ermittlungsteams.

Die Tafeln hatte eine doppelte Funktion: Zum einen sollten sie jedem Mitarbeiter der Spezialeinheit samtliche vorliegenden Informationen und neuen Entwicklungen zuganglich machen, und zum zweiten eine Grundlage fur Lagebesprechungen und Brainstormings bilden, aus denen sich oft neue Ideen ergaben.

Punktlich um zehn Uhr hob Rita Abrams die Stimme und brachte das allgemeine Stimmengewirr zum Schweigen. »Also los, Leute! Fangen wir an.«

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