dazugeben.« Er nickte Iris zu, die sofort wieder ubernahm.
»Und zum Schlu?«, sagte sie, »ware eine zusammenfassende Analyse nicht schlecht - ein Interview mit einem Entfuhrungsspezialisten.«
»Hast du an einen bestimmten gedacht?« fragte Partridge.
»Noch nicht.«
Karl Owens meldete sich. »Ich kenne da einen. Ralph Salerno hei?t er, ein New Yorker Ex-Polizist, der jetzt in Naples in Florida lebt. Er halt bei der Polizei Vorlesungen uber das Verbrechen und hat schon einige Bucher geschrieben. Wei? 'ne Menge uber Entfuhrungen. Ich hab' ihn auch im Fernsehen gesehen. Der Mann ist gut.«
»Dann besorgen wir ihn uns«, sagte Iris und sah dabei Partridge an, der zustimmend nickte.
Les Chippingham warf dazwischen: »Karl, wir haben eine Tochtergesellschaft in Naples. Versuch, uber die zu arbeiten, wenn's geht. Wenn nicht, setzen wir Salerno in ein Flugzeug nach Miami.«
»Auf jeden Fall«, erganzte Iris, »mu?t du Satellitenzeit buchen, damit Harry ihn interviewen kann.«
»Ich kummere mich darum«, entgegnete Owens und schrieb es sich auf.
Nach weiteren funfzehn Minuten Diskussion klopfte Rita auf den Tisch. »Das reicht«, verkundete sie. »Genug geredet. An die Arbeit.«
Am Rande des ernsthaften Geschehens kam es zu einer kleinen atmospharischen Storung.
Harry Partridge hatte beschlossen, Crawford Sloane noch einmal zu befragen, weil er hoffte, vielleicht doch noch etwas Neues zu erfahren. Partridge war uberzeugt, da? Sloane, wie viele Leute, die sich plotzlich in komplexe Ereignisse verwickelt sahen, mehr wu?te, als er glaubte, und da? eine geschickte, beharrliche Befragung neue Informationen ans Licht bringen konnte. Sloane hatte bereits zugestimmt.
Als Partridge nach der Besprechung Sloane noch im Konferenzraum an die Vereinbarung erinnerte, platzte plotzlich von hinten eine Stimme dazwischen. »Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich mich dazusetze und mithore? Vielleicht erfahre ich auch etwas Neues.«
Die beiden drehten sich uberrascht um. Vor ihnen stand Sonderagent Otis Havelock, der das Zimmer betreten hatte, als die Versammlung sich aufloste.
»Nun«, erwiderte Partridge, »da Sie schon fragen: Mir macht es etwas aus.«
»Sind Sie nicht Mr. FBI?« fragte Rita Havelock.
»Meinen Sie wie >Miss Amerika<?« antwortete Havelock freundlich. »Meine Kollegen sind da wahrscheinlich anderer Meinung.«
»Was ich eigentlich meine«, sagte Rita, »ist, da? Sie hier uberhaupt nicht hineingehoren. Hier haben nur die Zutritt, die auch hier arbeiten.«
Havelock schien uberrascht. »Es gehort zu meiner Arbeit, Mr. Sloane zu beschutzen. Au?erdem ermitteln Sie doch in der Entfuhrung, oder?«
»Ja.«
»Dann haben wir das gleiche Ziel, namlich Mr. Sloanes Familie wiederzufinden. Deshalb mu? das FBI alles erfahren, was Ihre Leute herausfinden und was dort notiert wird.« Er wies auf die »Ereignisablauf«-Tafel.
Einige, die noch im Zimmer waren, darunter auch Leslie Chippingham, verstummten plotzlich.
»In diesem Fall«, erwiderte Rita, »sollte die Sache aber auf Gegenseitigkeit beruhen. Kann ich jetzt sofort einen Korrespondenten ins New Yorker FBI-Buro schicken und ihn alle eingegangenen Berichte uberprufen lassen?«
Havelock schuttelte den Kopf. »Ich furchte, das ist unmoglich. Einige sind vertraulich.«
»Genau!«
»Also Leute, hort zu.« Havelock, der sich der wachsenden Aufmerksamkeit um ihn herum durchaus bewu?t war, versuchte ganz offensichtlich, sich zu beherrschen. »Ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich im klaren daruber sind, da? wir es hier mit einem Verbrechen zu tun haben. Jeder, der etwas wei?, hat die Pflicht, es zu melden, in diesem Fall an das FBI. Jeder, der das nicht tut, macht sich strafbar.«
Rita, die selten lange Geduld hatte, hielt ihm entgegen: »O Mann, wir sind doch keine Kinder. Wir stellen die ganze Zeit Nachforschungen an und kennen die Spielregeln.«
»Ich will Ihnen eins sagen, Mr. Havelock«, sagte Partridge, »ich habe schon ofters mit dem FBI gemeinsam an einem Fall gearbeitet, und Ihre Leute sind bekannt dafur, da? sie jede Information, die sie bekommen konnen, an sich rei?en, aber selbst nie etwas liefern.«
»Das FBI ist nicht verpflichtet, irgend etwas zu liefern«, fauchte Havelock. Seine Beherrschung war verschwunden. »Wir sind eine Regierungsbehorde mit der Macht des Prasidenten und des Kongresses im Rucken. Und Sie scheinen sich hier als unsere Konkurrenz aufspielen zu wollen. Da kann ich Ihnen nur sagen, jeder, der offizielle Ermittlungen behindert, indem er Informationen zuruckhalt, mu? mit ernsten Strafen rechnen.«
Chippingham hielt es fur an der Zeit, einzugreifen.
»Mr. Havelock«, sagte er, »ich kann Ihnen versichern, wir sind die letzten, die das Gesetz mi?achten. Aber wir haben das Recht, eigene Nachforschungen anzustellen, und manchmal sind die erfolgreicher als das, was Sie >offizielle Ermittlungen< nennen.«
»Worum es hier eigentlich geht«, fuhr Chippingham fort, »ist das, was man >journalistische Freiheit< nennt. Ich mu? zugeben, da? es da gewisse Graubereiche gibt, wichtig ist aber, da? ein Reporter das Recht hat, zu ermitteln, ohne seine Quellen preisgeben zu mussen, es sei denn, ein Gericht hebt dieses Privileg auf. Sie sehen also, es ware eine Beschrankung unserer Freiheit, wenn wir Ihnen sofortigen und uneingeschrankten Zugang zu allen hereinkommenden Informationen gewahren wurden. Ich mu? Ihnen deshalb mitteilen, da? wir zwar froh uber Ihre Anwesenheit sind, da? Sie aber nicht uberall uneingeschrankt Zugang haben und da? es eine Grenze gibt, die Sie nicht uberschreiten durfen - genau dort.« Er deutete auf die Tur des Konferenzraums.
»Nun, Sir«, erwiderte Havelock. »Ich wei? noch nicht, ob ich damit einverstanden bin, aber Sie haben doch sicher nichts dagegen, wenn ich die Angelegenheit mit meinen Vorgesetzten abklare.«
»Ganz im Gegenteil. Ich bin mir sicher, man wird Ihnen dort sagen, da? wir uns im Rahmen des Gesetzes bewegen.«
Was Chippingham ihm naturlich nicht sagte, war die Tatsache, da? CBA, wie jede andere Nachrichtenorganisation auch, selbst entschied, wann man welche Informationen preisgab, auch wenn das bedeutete, sich mit dem FBI anzulegen. Er wu?te, da? die meisten bei CBA News ebenso dachten. Und um Konsequenzen hatte sich der Sender erst zu kummern, wenn und falls sie eintraten.
Nachdem Havelock zum Telefonieren gegangen war, sagte Chippingham zu Rita: »Ruf den Hausmeister an. La? dir die Schlussel fur dieses Buro geben und schlie? ab.«
In der Abgeschiedenheit von Partridges Buro begannen er und Sloane bei laufendem Cassettenrecorder ihre Unterhaltung. Partridge ging die inzwischen vertraute Geschichte noch einmal durch und stellte fruhere Fragen praziser und detaillierter, aber es ergab sich nichts Neues. Schlie?lich fragte er: »Fallt dir noch irgend etwas ein, Crawf, vielleicht ganz tief in deinem Unterbewu?tsein, was mit der Entfuhrung zu tun haben konnte? Vielleicht nur eine winzige Kleinigkeit, die dir kurz aufgefallen ist, die du aber gleich wieder verdrangt hast?«
»Du hast mich das gestern schon gefragt«, antwortete Sloane nachdenklich. Wahrend der letzten vierundzwanzig Stunden hatte sich seine Haltung Partridge gegenuber merklich verandert. Er war nicht nur freundlicher zu Partridge, er war auch weniger auf der Hut vor ihm, ja er verlie? sich innerlich auf ihn, wie er es noch nie zuvor getan hatte. Eigenartigerweise hatte Sloane beinahe Ehrfurcht vor Partridge, so als setze er in ihn seine gro?te Hoffnung, um Jessica, Nicky und seinen Vater zuruckzubekommen.
»Ich wei?, da? ich das bereits gefragt habe«, sagte Partridge. »Und du hast versprochen, daruber nachzudenken.«
»Das habe ich letzte Nacht auch getan, und vielleicht ist da etwas, aber ich bin mir nicht sicher, es ist nur ein sehr vages Gefuhl.« Sloane druckte sich etwas unbeholfen aus, mit verschwommenen, unausgegorenen Gedanken tat er sich immer schwer.
»Red weiter«, drangte ihn Partridge.
»Ich glaube, ich hatte schon irgendwann, bevor das alles passierte, das Gefuhl, verfolgt zu werden. Aber darauf konnte ich naturlich auch erst gekommen sein, nachdem ich erfahren habe, da? mein Haus beschattet wurde... «
»Vergi? das. Du glaubst also, da? du verfolgt wurdest. Wo und wann?«
»Das ist ja das Problem. Das Ganze ist so vage, da? ich es mir vielleicht nur einbilde, vielleicht aus dem Gefuhl heraus, etwas finden zu mussen.«
