Haven-Hurst nicht herankommen konnte. Inzwischen wurden Informationen uber Herkunft, Lebensweise und sonstige Eigenarten von Haven-Hurst zusammengetragen. Es war den Makkabaern bekannt, da? der General ehrgeizig war und eine Frau aus einflu?reicher Familie geheiratet hatte. Diese Ehe, die ihm gesellschaftlichen Rang und finanzielle Mittel verschafft hatte, hatte er niemals gefahrdet. Haven-Hurst galt als Muster eines Menschen, der es angstlich vermied, in irgendeiner Weise Aufsehen zu erregen. Man hielt ihn fur einen unertraglich korrekten Burschen.

Als die Makkabaer jedoch zu untersuchen begannen, was sich hinter dieser Fassade verbarg, entdeckten sie, da? Haven-Hurst nicht nur eine, sondern mehrere Affaren gehabt hatte. Es gab bei den Makkabaern Leute, die vor Jahren im englischen Heer unter Haven-Hurst gedient hatten. Jeder von ihnen wu?te von einer Geliebten zu erzahlen.

Man uberlegte, ob sich Haven-Hurst in seiner Festung nicht vielleicht sehr einsam fuhlte. Aus Rucksicht auf seine Ehe und seine Stellung wurde er es nicht wagen, eine Frau in die SchnellerKasernen kommen zu lassen. Vielleicht fuhr er also irgendwo hin, um sich mit einer Geliebten zu treffen. Moglicherweise war Haven-Hurst ein unsichtbarer Mitfahrer dieses geheimnisvollen Autos, der regelma?ig von den Schneller-Kasernen zu irgendeiner Frau fuhr. Diese Vorstellung schien selbst den Makkabaern absurd, doch solange man noch nicht genau wu?te, was es mit dem mysteriosen Wagen auf sich hatte, konnte man einen solchen Gedanken nicht einfach au?er acht lassen. Wer konnte die Geliebte des Generals Haven-Hurst sein? Es gab keine Geruchte, die einen Hinweis hierfur enthalten hatten. Falls er wirklich ein Liebesnest haben sollte, hatte er mit gro?er Geschicklichkeit verstanden, es geheimzuhalten. Keine Judin wurde es wagen, sich mit ihm einzulassen, und Englanderinnen gab es nicht. Also kam nur eine Araberin in Frage. Versuchte man, dem Wagen nachzufahren, so riskierte man, entdeckt zu werden. Naturlich hatten die Makkabaer die Moglichkeit, diesem Wagen, der nachts allein durch die Gegend fuhr, den Weg zu versperren; doch der Fuhrungsstab der Makkabaer hielt es fur besser, festzustellen, wohin der Wagen fuhr. Dann konnte man ihn — falls Haven-Hurst darin fuhr — bei einem kompromittierenden Rendezvous uberraschen.

Man fand heraus, da? der Wagen einer Familie arabischer Gro?grundbesitzer gehorte. Zu dieser Familie gehorte eine junge Frau, die durch ihre au?ergewohnliche Schonheit, ihre Bildung und ihr Herkommen einen Mann wie Haven-Hurst sicherlich interessieren konnte. Die einzelnen Teile des Puzzle-Spiels fingen allmahlich an, zusammenzupassen.

Die Makkabaer beobachteten das Haus der arabischen Familie und beschatteten das Madchen Tag und Nacht. Schon in der zweiten Nacht wurde ihre Ausdauer belohnt. Das Madchen verlie? gegen Mitternacht das Haus und begab sich zu einer Villa in El Baq'a, wo die reichen Araber ihre Hauser hatten. Eine halbe Stunde spater kam das geheimnisvolle Auto an, hielt vor dem Haus, und die Makkabaer sahen fur einen kurzen Augenblick Haven-Hurst, der aus dem Wagen stieg und sich eilig zu seinem Rendezvous begab.

Gegen drei Uhr morgens wurde Haven-Hurst aus seinem Schlummer aufgeschreckt durch eine Stimme, die ihm aus der Dunkelheit ein biblisches Zitat zurief, das ihm das Blut gerinnen lie?: »Gelobt sei der Herr, der Israel racht!«

Haven-Hurst war mit einem Satz aus dem Bett. Die Araberin schrie auf, als die Schusse der Makkabaer durch den Raum peitschten. Einige Stunden spater erhielt das Britische Oberkommando einen Anruf der Makkabaer. Den Englandern wurde mitgeteilt, wo sie den Leichnam ihres Kommandeurs finden konnten. Au?erdem wurden sie davon unterrichtet, da? der Tod des Generals Haven-Hurst fotografisch festgehalten worden sei. Falls die Englander Vergeltungsma?nahmen gegen die Juden ergreifen sollten, wurden die Makkabaer diese Fotografien veroffentlichen.

Im Britischen Oberkommando uberlegte man sich, welche Auswirkungen der Skandal haben wurde. Ihr Kommandierender General war im Bett seiner arabischen Geliebten ermordet worden! Man entschlo? sich, die Sache zu vertuschen und offentlich zu erklaren, da? der General bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Die Makkabaer waren damit einverstanden.

Nachdem der General von der Bildflache verschwunden war, horte die Aktivitat der Terroristen auf. Die bevorstehende Ankunft des Untersuchungsausschusses der UNO bewirkte im ganzen Land Ruhe, unter der allerdings eine unheimliche Unruhe schwelte.

Ende Juni 1947 traf der Sonderausschu? der Vereinten Nationen, bekannt unter der Abkurzung UNSCOP, in Haifa ein. Die neutralen Beobachter waren dabei durch Schweden, Holland, Kanada, Australien, Guatemala, Uruguay, Peru, die Tschechoslowakei, Jugoslawien, den Iran und Indien vertreten.

Fur die Juden sah es ziemlich schlecht aus. Iran war ein mohammedanischer Staat. Indien war teilweise mohammedanisch, und der indische Delegierte war sowohl Mohammedaner als auch Vertreter eines Landes, das dem Britischen Commonwealth angehorte. Kanada und Australien gehorten gleichfalls zum Britischen Commonwealth. Die Tschechoslowakei und Jugoslawien, die zum sowjetischen Block gehorten, waren Lander mit antizionistischer Tradition. Die Vertreter von Sudamerika, Uruguay, Peru und Guatemala waren vorwiegend katholisch und moglicherweise von der lauwarmen Einstellung des Vatikans gegenuber dem Zionismus beeinflu?t. Nur Schweden und Holland konnten wirklich als unparteiische Lander angesehen werden.

Die Araber dagegen waren mit der Anwesenheit der Vertreter der UNO nicht einverstanden. Sie riefen in Palastina den Generalstreik aus, veranstalteten Demonstrationen, fluchten und drohten. In den anderen arabischen Landern kam es zu Unruhen und blutigen Ausschreitungen gegen die dort lebenden Juden.

Barak ben Kanaan, der alte Kampfer und Unterhandler, wurde vom Jischuw wieder einmal eingespannt. Zusammen mit Ben Gurion und Dr. Weizmann arbeitete er im Beratungsausschu? fur die Delegierten der UNO.

XIII.

Kitty und Karen kehrten nach Gan Dafna zuruck. Kitty wartete auf den geeigneten Augenblick fur die entscheidende Aussprache mit Karen. Als der Brief von Dov Landau kam, beschlo? sie, sie nicht langer aufzuschieben.

Kitty, die Karen die Haare gewaschen hatte, druckte das Wasser aus dem langen, dichten, braunen Haar und rieb es mit einem gro?en Frottiertuch trocken.

»Puh«, sagte Karen, nahm einen Zipfel des Handtuchs und wischte sich die Seife aus den Augen.

Das Wasser im Teekessel kochte. Karen stand auf, band sich das Handtuch als Turban um den Kopf und bruhte den Tee auf. Kitty sa? auf dem Kuchentisch und feilte und lackierte ihre Nagel.

»Was hast du eigentlich?« fragte Karen.

»Du lieber Gott, darf ich nicht einmal mehr denken, ohne es gleich zu sagen?«

»Du hast irgendwas — schon die ganze Zeit, seit du von dem Ausflug zum Tiberias-See zuruckgekommen bist. Ist irgendwas zwischen dir und Ari passiert?«

»Zwischen mir und Ari ist eine Menge passiert, doch das ist es nicht, was mir zu schaffen macht. Karen, ich mu? mit dir reden, uber uns und unsere Zukunft. Mir scheint, es ist das Beste, wenn wir das jetzt gleich tun.«

»Ich verstehe uberhaupt nicht, was du meinst.«

Kitty wedelte mit den Handen, damit der Lack auf ihren Nageln trockne. Dann stand sie auf und steckte sich umstandlich eine Zigarette an. »Wei?t du eigentlich, was du fur mich bedeutest und wie sehr ich dich liebe?«

»Ja«, sagte Karen, »ich glaube schon.«

»Dann mu?t du mir auch glauben, da? ich mir alles sehr genau uberlegt habe und nur dein Bestes will. Du mu?t Vertrauen zu mir haben.«

»Das habe ich auch — das wei?t du doch.«

»Es wird nicht leicht fur dich sein, das, was ich dir jetzt sagen will, in seiner ganzen Bedeutung zu begreifen. Auch mir fallt es schwer, daruber zu reden, weil mir viele von den Kindern hier sehr ans Herz gewachsen sind und mich sehr viel mit Gan Dafna verbindet. Karen — ich mochte dich mitnehmen nach Haus, nach Amerika.«

Karen sah Kitty fassungslos an. Im Augenblick begriff sie nicht, was sie gehort hatte, oder sie glaubte, nicht richtig verstanden zu haben.

»Nach Haus? Aber — mein Zuhause ist doch hier. Ich habe kein anderes Zuhause.«

»Ich mochte, da? dein Zuhause bei mir ist — immer.«

»Das mochte ich auch, Kitty — ich habe keinen gro?eren Wunsch. Ach, das ist alles so sonderbar.«

»Was denn, mein Liebes?«

»Wie du da eben sagtest: nach Hause, nach Amerika.«

»Aber ich bin nun einmal Amerikanerin, Karen. Das ist meine Heimat, und ich habe Sehnsucht nach ihr.«

Karen mu?te sich auf die Lippen bei?en, um nicht zu weinen. »Komisch, nicht wahr? Ich hatte gedacht, wir konnten immer so weiterleben, wie wir jetzt leben. Du warest in Gan Dafna, und —.« »Und du beim Palmach — und dann in irgendeinem Kibbuz an der Grenze, nicht wahr?«

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