Baumstamme und hinter dichtem Strauchwerk bewegten. Offenbar hatten die Eingebornen die Grenze des Waldes nicht uberschritten und dachten vielleicht gar nicht daran, es zu thun.

Wahrlich, die Geschichte wurde immer unerklarlicher.

Befand sich hier nur ein Ruheplatz von Schwarzen und beabsichtigten diese, am nachsten Morgen weiter zu ziehen, wozu dann die seltsame Beleuchtung des Waldsaumes? Hielt vielleicht eine nachtliche Feier die Leute um diese Stunde noch wach?

»Ich frage mich sogar, au?erte Max Huber, ob sie von unserer Karawane uberhaupt etwas bemerkt haben und ob es ihnen bekannt ist, da? diese am Fu?e der Tamarinden lagert.

– Ja freilich, antwortete Khamis, es ist ja moglich, da? sie selbst erst hierher gekommen waren, als die Nacht schon auf der Ebene lag, und da unsere Feuer zeitig ausgeloscht wurden, wissen sie vielleicht gar nicht, da? wir uns in so geringer Entfernung von ihnen befinden. Morgen mit Tagesgrauen wird sich’s ja zeigen…

– Wenn wir bis dahin nicht selbst schon abgezogen sind, Khamis.«

Max Huber und der Foreloper setzten schweigend ihren Weg fort.

In dieser Weise wurde noch ein halber Kilometer zuruckgelegt, wonach die Strecke bis zum Walde nur noch einige hundert Schritte lang war.

Bisher war auf dem Wege, der zuweilen vom Fackelschein etwas mehr beleuchtet wurde, nichts verdachtiges beobachtet worden. Weder im Suden, noch im Osten oder Westen waren die Umrisse einer Menschengestalt zu entdecken gewesen. Ein Angriff schien wenigstens nicht unmittelbar zu drohen. So nahe sie jetzt auch dem Waldessaume waren, konnte weder Max Huber, noch Khamis oder Llanga etwas von den Wesen wahrnehmen, die ihre Gegenwart durch die zahlreichen Feuerbrande verriethen.

»Wollen wir noch naher hinangehen? fragte Max Huber, nachdem alle einige Augenblicke Halt gemacht hatten.

– Wozu konnte es nutzen? antwortete Khamis. Es konnte sogar unklug sein. Nach allem erscheint es nicht ausgeschlossen, da? unsere Karawane unbemerkt geblieben ist, und wenn wir noch im Laufe der Nacht aufbrechen…

– Ich mochte aber gar zu gern Gewi?heit haben! erwiderte Max Huber. Die Geschichte sieht gar so seltsam aus.«

Es gehorte kaum so viel dazu, die lebhafte Einbildungskraft des Franzosen anzustacheln.

»Kommt, wir wollen nach dem Hugel zuruckkehren,«

mahnte der Foreloper.

Dennoch mu?te er mit Max Huber, den Llanga einmal nicht verlassen wollte, noch ein Stuck weiter mitgehen. Alle drei waren auch beinahe bis zum Saume des Waldes selbst vorgedrungen, da rief Khamis aber halblaut:

»Keinen Schritt weiter!«

Wichen der Foreloper und sein Begleiter jetzt vor einer unmittelbar drohenden Gefahr zuruck?… Hatten sie eine Gruppe Eingeborner gesehen?…

Stand ihnen ein Angriff durch diese bevor?… Das ware nicht sofort zu entscheiden gewesen, jedenfalls aber hatte sich in der Vertheilung der Flammen am Waldrande eine auffallende Veranderung vollzogen.

Einen Augenblick verschwanden die Fackeln ganzlich hinter den ersten Baumreihen, die nun in tiefer Dunkelheit lagen.

»Achtung! flusterte Max Huber.

– Zuruck!« setzte Khamis hinzu.

Vielleicht erschien es geboten, angesichts eines gefahrlichen Ueberfalles zuruckzuweichen, doch durfte das nicht geschehen, ohne jeden Augenblick schu?fertig zu sein. Die Gewehre wurden also bereit gehalten, wahrend die »Patrouille« sich noch immer bemuhte, zu erkennen, was hinter den ersten Baumen vorginge.

Plotzlich tauchte aber der Lichtschein von etwa zwanzig Fackeln aufs neue auf.

»Alle Wetter, rief Max Huber, jetzt geht nicht nur etwas au?erordentlich, sondern etwas unbegreiflich Fremdartiges vor sich!«

Dieser Ausruf war dadurch begrundet, da? die Fackeln, die bisher nahe uber dem Erdboden aufgeleuchtet hatten, plotzlich funfzig bis hundert Fu? uber diesem aufblitzten.

Von den Wesen aber, die die Fackeln theils in den unteren Aesten, theils nahe der Krone der Baume schwangen, als ob ein Flammenstrom sich durch das dichte Laubwerk ergosse, konnte weder Max Huber, noch der Foreloper oder Llanga auch nur ein einziges erspahen.

»O, rief Max Huber, sollten das nur Irrlichter sein, die auf den Baumen umherhupfen?«

Khamis schuttelte den Kopf; diese Erklarung der Erscheinung genugte ihm nicht. Eine Ausstromung von Wasserstoffgas, das sich entzundet hatte, oder ein Viertelhundert jener Strahlenbundel, die bei schweren Gewittern ebenso an den Aesten von Baumen wie am Takelwerk von Schiffen auftreten, konnte das unmoglich sein, mit dem merkwurdigen Sanct Elmsfeuer waren diese leuchtenden Kreise nicht zu verwechseln. Mit Elektricitat war die Luft offenbar nicht geschwangert, die Wolken drohten sich vielmehr in einem der furchtbaren Platzregen aufzulosen, die den mittleren Theil des Schwarzen Erdtheils so haufig uberschwemmen.

Immerhin blieb es unerklarlich, warum die erst am Fu?e der Baume umherschwarmenden Eingebornen jetzt theils nach der ersten Astgabelung, theils nach den hochsten Zweigen der Baume hinaufgeklettert waren, und ebenso, warum sie die flackernden, harzigen Fackeln, deren Prasseln und Knacken ziemlich weit horbar war, so unablassig hin- und herbewegen mochten.

»Vorwarts… weiter! drangte Max Huber.

– Das ist unnothig, entgegnete der Foreloper. Ich glaube nicht mehr, da? unserem Lager diese Nacht eine Gefahr droht, und dann ist es besser, wir beeilen uns, die anderen daruber zu beruhigen.

– Dazu werden wir desto besser im stande sein, Khamis, wenn wir erst wissen, woran wir uns bezuglich dieser Erscheinung zu halten haben.

– Nein, nein, Herr Huber, weiter vor wagen wir uns nicht.

Gewi? ist, da? sich hier ein Stamm von Eingebornen aufhalt.

Sie konnten ja die Feuerbrande schwingen und sich auf die Baume gefluchtet haben, um sich vor gefahrlichen Raubthieren zu schutzen.

– Vor Raubthieren? wiederholte Max Huber. Panther, Hyanen und wilde Ochsen wurde man aber heulen oder brullen horen, hier ist dagegen das einzige Gerausch, das wir vernehmen, das Knistern der Flammen, die den ganzen Wald in Brand zu setzen drohen. Nein, ich mu? alles wissen!«

Max Huber that einige Schritte vorwarts, und Llanga, den Khamis vergeblich zu sich zuruckrief, folgte ihm treulich nach.

Der Foreloper uberlegte noch, was er in seiner Ohnmacht gegenuber der Ungeduld des Franzosen beginnen sollte. Da er ihn aber nicht allein der Gefahr trotzen lassen wollte, entschlo? er sich, ihm bis zum Waldrande nachzugehen, obgleich das seiner Ansicht nach auf eine unverzeihliche Tollkuhnheit hinauskam.

Plotzlich blieb er stehen, im namlichen Augenblicke, wo auch Max Huber und Llanga Halt machten. Alle drei drehten sich schnell um… Der Lichtschein war es nicht mehr, der ihre Aufmerksamkeit erregte. Wie durch den Athem eines losbrechenden Sturmes waren alle Fackeln verloscht und tiefe Finsterni? herrschte am Himmel und auf der Erde.

Von der entgegengesetzten Seite her drang ein Gerausch zu ihnen her, eine Art langgezogenen Rauschens, ein Drohnen und Schnarren, als ob die Tonwellen einer Riesenorgel uber die Ebene herflutheten.

War es ein Unwetter, das von jener Seite des Himmels aufzog und dessen erstes Donnergrollen die Atmosphare erschutterte?

Nein, wenigstens zeigte sich keines der Meteore, die Centralafrika so haufig von einer Kuste bis zur anderen verwusten. Jenes charakteristische Gerausch ruhrte offenbar von Thieren her, nicht aber von Blitzen, die sich am Himmel zwischen den Wolkenmassen entluden. Auch in den niedrigen Schichten zeigte sich keiner der blendenden Zickzackstreifen, die einander sonst in kurzen Zwischenraumen folgen. Kein Blitz leuchtete am Horizonte im Norden auf, dieser erschien vielmehr ebenso dunkel wie der im Suden. Die Cirruswolken, die wie abgegrenzte Dampfmengen aneinander geschichtet lagen, durchzuckte kein einziger Feuerstrahl.

»Was mag das bedeuten, Khamis? fragte Max Huber.

– Zuruck nach dem Lager… lautete nur die Antwort des Foreloper.

– Sollten es vielleicht gar…?« rief noch Max Huber.

Gespannt in der betreffenden Richtung hin lauschend, vernahm er jetzt deutlicher eine Art Trompeten, das

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