zuweilen schrill wie die Pfeife einer Locomotive ertonte und in dem wusten Larmen mit dessen Annaherung unheimlich zunahm.

»Nun aber schnell hinweg, rief der Foreloper, schnell… was uns die Fu?e tragen!«

Drittes Capitel.

Versprengt

 Max Huber, Llanga und Khamis durchflogen in zehn Minuten die funfzehnhundert Meter, die sie vom Lagerplatze trennten.

Nicht ein einziges Mal hatten sie sich dabei umgesehen, unbekummert darum, ob die Eingebornen, die ihre Fackeln geloscht hatten, sie verfolgten oder nicht. Auf der Seite nach diesen hin herrschte ubrigens vollkommene Ruhe, wahrend von der entgegengesetzten her ein wuster Larm mit erschreckenden Tonen dazwischen auf der Ebene horbar war.

Als die beiden Manner und der Knabe im Lager anlangten, war hier alles eine Beute des Schreckens… eines Schreckens, der gerechtfertigt erschien durch das Drohen einer Gefahr, gegen die Muth und Klugheit so gut wie nichts vermochten. Ihr zu trotzen… unmoglich!… Ihr zu entfliehen?… Das war vielleicht zu spat.

Max Haber und Khamis hatten sich sofort John Cort und Urdax angeschlossen, die etwa funfzig Schritt weit vor dem Hugel standen.

»Eine Herde Elefanten! rief der Foreloper.

– Ja, bestatigte der Portugiese, und vor Ablauf einer Viertelstunde werden sie uber uns gekommen sein.

– Wir sollten im Walde Schutz suchen, meinte John Cort.

– Der Wald wird sie auch nicht aufhalten, wendete Khamis dagegen ein.

– Wie steht es denn mit den Eingebornen? erkundigte sich John Cort.

– Wir haben keinen einzigen davon sehen konnen, antwortete Max Huber.

– Sie konnen doch den Wald unmoglich verlassen haben.

– Nein, gewi? nicht!«

In der Entfernung etwa einer halben Lieue bemerkte man jetzt eine gro?e Menge schwankender Schattengestalten, die sich in einer Ausdehnung von hundert Toisen heranwalzte, ahnlich einer machtigen Fluth, deren Wellen donnernd uber die Ebene hereinbrachen. Der Erdboden erzitterte schwach unter einem schweren Stampfen, eine Erschutterung, die sich bis zu den Wurzeln der Tamarinden fuhlbar machte. Das verwirrte Gerausch nahm schnell in beangstigender Weise zu. Gellende Laute, untermischt mit metallenen Tonen, drangen aus Hunderten von Russeln… wie von ebensoviel scharf angeblasenen Trompeten.

Die Reisenden in Afrika haben das schauerliche Concert ganz treffend mit dem Getose verglichen, das auf dem Schlachtfelde eine mit gro?ter Schnelligkeit dahinziehende Artillerieabtheilung hervorbringt. Das stimmt wenigstens unter der Voraussetzung, da? dazu Trompeten ihre ohrzerrei?enden Tone in die Luft schmettern. Das Entsetzen des Personals der Karawane bei dem Gedanken. bald von einer Herde Elefanten elend zertreten zu werden, kann man sich dann wohl leicht vorstellen.

Eine Jagd auf die machtigen Thierkolosse ist allemal mit ernster Gefahr verknupft. Diese vermindert sich nur, wenn es gelingt, sie zu uberraschen, ein einzelnes der Pachydermen von der Herde, wozu es gehort, zu trennen und auf dieses unter Verhaltnissen zu schie?en, die einen Erfolg erwarten lassen.

denn nur, wenn den Elefanten eine Kugel zwischen Auge und Ohr trifft wird das gro?e Thier fast auf der Stelle getodtet.

Selbst wenn eine Herde gelegentlich nur aus einem halben Dutzend der machtigen Russelthiere besteht, ist die allergro?te Vorsicht nothig. Funf bis sechs Paaren wuthender Elefanten gegenuber, ist schon an keinen Widerstand mehr zu denken, da ihre Waffe – wurde ein Mathematiker sagen – sich im Verhaltni? des Quadrats ihrer Geschwindigkeit vergro?ert.

Sturzen sich die furchtbaren Thiere gar zu Hunderten auf ein Lager, so kann man ihren Ansturm ebensowenig aufhalten, wie eine Lawine oder wie eine Springfluth, die die Schiffe kilometerweit vom Ufer aufs Land schleudert.

So zahlreich diese Thierart jetzt noch ist, wird sie doch endlich verschwinden. Da ein Elefant wenigstens fur tausend Francs Elfenbein liefert, stellt man ihm mit zahester Hartnackigkeit nach.

Nach der Berechnung Foa’s werden – meist im Herzen Afrikas jahrlich nicht weniger als vierzigtausend Elefanten erlegt. Diese liefern etwas siebenhundertfunfzigtausend Kilogramm Elfenbein, das nach England verschiffen wird.

Nach einem halben Jahrhundert durfte es, trotz der Langlebigkeit diese Thiere, kein einziges davon mehr geben.

Ware es nicht empfehlenswerther, aus der Zuchtung und Zahmung der kostbaren Thiere Nutzen zu ziehen, da ein Elefant dieselbe Last tragen kann, wie zweiunddrei?ig Menschen, und einen viermal langeren Weg zuruckzulegen vermag, als ein Fu?ganger? Gezahmt wurden sie auch, wie in Indien, reichlich doppelt so viel werth sein, als der Ertrag, der man durch ihre Abschlachtung gewinnt.

Der afrikanische Elefant bildet mit dem asiatischen die zwei einzigen noch vorkommenden Arten, die sich mehrfach unterscheiden. Die ersten sind kleinen, haben eine braunere Haut, eine mehr vorgewolbte Stirn, dazu gro?ere Ohren und langere Sto?zahne, als ihre asiatischen Genossen, sie sind auch weit wilde als diese und kaum einigerma?en zu zahmen.

Wahrend seines jetzigen Jagdzuges war der Portugiese entschieden von Glucke begunstigt worden, und auch die beiden Liebhaber dieses Sports konnten sich wohl fur befriedigt erklaren. In Lybien sind die Dickhauter, wie erwahnt noch in gro?er Zahl zu finden. Die Gebiete von Ubanghi bieten ihnen, was sie suchen: Walder und bei ihnen vorzuglich beliebte sumpfige Ebenen. Hier leben sie truppweise, gewohnlich angefuhrt von einem alten mannlichen Thiere.

Inder Urdax und seine Begleiter sie auf fest umplankte Platze lockten, ihnen Falle stellten oder vereinzelt angetroffene unmittelbar angriffen, hatten sie, ohne Unfalle wenn auch nicht ohne Gefahren und Muhseligkeiten, eine reiche Beute zusammen gebracht. Jetzt auf dem Ruckwege schien es freilich, als ob die ganze Karawane von der aufgeregten Horde, die dahertrabend die Luft mit ihrem Getose erfullte mit Stumpf und Stiel vernichtet werden sollte.

Hatte der Portugiese noch Zeit genug gehabt, Vertheidigungsma?regel gegen den vermutheten Angriff der am Rande des Waldes umherschwarmende Eingebornen zu treffen, so war gegen den jetzt drohenden Ueberfall so gut wie nichts zu thun. Von dem ganzen Lager wurden bald nur Trummer und Staub ubrig sein. Nur eine einzige Frage galt es noch: die, ob es dem Personen gelingen werde, sich zu retten, indem es sich auf der Ebene zerstreute. Man vergesse hierbei nicht, da? die Geschwindigkeit des Elefanten eine wunderbar ist und ein Pferd im Galopp ihn nicht zu uberholen vermag.

»Wir mussen fliehen… augenblicklich fliehen! rief Khamis dem Portugiesen zu.

– Fliehen… das geht nicht!« antwortete Urdax halb von Sinnen.

Der ungluckliche Handler begriff recht wohl, da? er damit sein Material, den ganzen Gewinn seines Zuges einbu?en werde.

Blieb er im Lager zuruck, so konnte er freilich auch nichts davon retten, und es war ja uberhaupt eine Tollheit, an einen, hier unmoglichen Widerstand zu denken.

Max Huber und John Cort warteten auf eine Entscheidung, der sie sich auf jeden Fall unterwerfen wollten.

Inzwischen walzte sich die furchtbare Masse weiter heran, und das mit einem solchen Larm, da? man kaum noch sein eigenes Wort verstand.

Der Foreloper wiederholte, da? man schleunigst hinwegeilen musse.

»In welcher Richtung? fragte Max Huber.

– Nach dem Walde zu.

– Und die Eingebornen?…

– Von denen droht uns weniger Gefahr als hier,« erklarte Khamis.

Ob das so sicher war, konnte freilich niemand wissen. Auf keinen Fall konnte man jedoch hier auf der Stelle

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