Dampfer aufgenommen worden. Gleichzeitig waren, unter Benützung dieser Gelegenheit, noch zwei andere Sträflinge entflohen.

Diese wegen eines ruchlosen Verbrechens verurteilten Sträflinge waren die Holländer Karl und Pieter Kip.

Während des Kampfes zwischen den amerikanischen Matrosen und den Aufsehern an der Saint-Jamesspitze waren die beiden Brüder, als sie den drei Flüchtlingen zu Hilfe eilten, schon erkannt worden. Freilich waren sie wider ihren Willen in das Boot geschafft worden, doch wen hätte man zu dem

Glauben bewegen können, daß sie bei dieser Flucht nicht im Einverständnisse mit den Feniers gehandelt hätten? Nein, alles das war vorher verabredet.

So lautete auch der Bericht der Aufseher, als diese in die Strafanstalt zurückkehrten, wo die Abwesenheit Karl und Pieter Kips schon bekannt war. Das mußte auch der KapitänKommandant annehmen, als ihm das Entkommen der Fünf gemeldet wurde, worauf er in seinem, noch denselben Tag an Se. Exzellenz Sir Edward Carrigan abgesendeten Berichte besonders hinwies.

Die Wirkung, die diese Nachricht in Hobart-Town und in ganz Tasmanien hervorbrachte, brauchen wir wohl nicht erst auszumalen. Hawkins erfuhr davon als einer der ersten durch den Gouverneur selbst, der ihn hatte nach seiner Amtswohnung rufen lassen. Die von Port-Arthur eingegangene und ihm hier vorgelegte Depesche entfiel seinen zitternden Händen. Er konnte nicht glauben, was er gelesen hatte, er starrte nur Se. Exzellenz an, und wiederholt stammelte er mit gebrochener Stimme:

»Sie sind entflohen. sind entflohen!

- Jawohl, antwortete Sir Edward Carrigan, und es unterliegt keinem Zweifel, daß sie mit den beiden politischen Verbrechern und deren Genossen im Einverständnis gehandelt haben.

- Sie. sie, rief Hawkins in furchtbarer Aufregung, ja, ich begreife es. begreife, daß sie ihre Freiheit wiedergewinnen wollten. Ich begreife, daß Freunde ihnen zu Hilfe gekommen sind. daß ihr Entweichen von langer Hand vorbereitet war. ich. ich billige es sogar.

- Was sagen Sie da, Herr Hawkins?. Vergessen Sie denn ganz, daß es sich hier um Feinde Englands handelt?

- Das ist wahr. freilich wahr; in Ihrer Gegenwart, Herr Gouverneur, hätte ich in dieser Weise nicht sprechen sollen.

Und doch, jene Feniers hatten als politische Verbrecher keine Gnade zu erwarten. Sie waren für ihre Lebenszeit in PortArthur eingekerkert, während Karl und Pieter Kip, Nein, ich kann es nicht glauben, daß sie sich an dieser Flucht beteiligt haben!, Wer weiß, ob hier nicht eine irrtümliche Nachricht vorliegt.

- Nein, das nicht, entgegnete der Gouverneur, die Tatsache ist unzweifelhaft,

- Karl und Pieter Kip, fuhr Hawkins fort, kannten aber doch die Schritte, die für eine Wiederaufnahme ihres Prozesses getan wurden, sie wußten, daß Eure Exzellenz sich für sie interessierten, daß ich ihre Sache zur meinigen gemacht hatte,

- Gewiß, lieber Hawkins; doch sie werden geglaubt haben, daß alles erfolglos bleiben werde, und als sich ihnen da eine Fluchtgelegenheit bot,

- Dann müßte man aber voraussetzen, wendete Hawkins ein, daß jene Feniers - also auch diese - sie nicht für gemeine Verbrecher hielten, denn sie würden sich ebensowenig herbeigelassen haben, ihnen hilfreiche Hand zu bieten, wie der amerikanische Kapitän, auf seinem Schiffe Mörder aufzunehmen.

- Ich kann mir die ganze Sache nicht recht erklären, meinte Se. Exzellenz, vielleicht kommt später mehr Licht hinein. Das eine steht jedoch fest, daß die Gebrüder Kip aus Port-Arthur entflohen sind, und Sie, lieber Hawkins, werden alle Bemühungen zu Gunsten der Leute einstellen können.

- O, ganz im Gegenteil!

- Wie? Auch nach dieser Flucht glauben Sie noch an deren Unschuld?

- Noch ebenso wie früher, Herr Gouverneur, versicherte Hawkins im Tone unerschütterlichster Überzeugung. O, ich versehe mich dessen wohl: man wird mich einen Toren schelten, daß ich mich auch vor den augenscheinlichsten Beweisen nicht ergäbe, daß diese Flucht ein Eingeständnis ihres Schuldbewußtseins sei, daß sie auf keinen Erfolg einer Revision rechneten, weil sie sich schuldig fühlten, und daß sie es deshalb vorgezogen haben, zu entfliehen, als sich eine Gelegenheit dazu darbot.

- Ja wirklich, erklärte der Gouverneur, es dürfte schwierig sein, das Verhalten Ihrer Schützlinge anders auszulegen.

- Und doch. nein, nein! fuhr Hawkins fort, jene Flucht ist noch kein Eingeständnis. Über der ganzen Sache schwebt, dabei bleib' ich, noch ein Dunkel, das die Zukunft wohl aufhellen wird. Ich bin weit eher der Meinung. ja, ich glaube, daß Karl und Pieter Kip wider ihren Willen mit fortgeschafft worden sind.

- Das wird niemand zugeben.

- Niemand außer mir. mag sein! Doch das genügt mir und ich werde ihre Sache weiter betreiben. Wie könnte ich, Herr Gouverneur, auch ihr Verhalten vergessen, als ich sie in PortArthur aufsuchte. vor allem die Ergebung Pieters, ihr Vertrauen auf meine ferneren Schritte, wie vergessen, daß sie an Bord des 'James-Cook' waren. vergessen, was Karl Kip sogar noch in der Strafanstalt getan hat?. Nein, ich gebe sie nicht auf, die Wahrheit muß einst zu Tage treten. Nein, hundertmal nein!. Karl und Pieter Kip haben das Blut des Kapitäns Gibson nicht vergossen!. Sie sind keine Mörder!«

Sir Edward Carrigan wollte das Gespräch nicht weiter ausdehnen und vorzüglich nichts sagen, was Herrn Hawkins hätte schmerzen oder beleidigen können. Er begnügte sich also, ihn mit den Mitteilungen bekannt zu machen, die er von der Verwaltung von Port-Arthur erhalten hatte.

»Nach dem mir zugegangenen Berichte, sagte er, ist ein amerikanisches Schiff, der Dampfer 'Illinois', auf der hiesigen Reede erschienen, ohne daß man sich den Zweck seines

Anlaufens hier erklären konnte. Da es gestern Morgen wieder ausgelaufen ist, deutet alles darauf hin, daß es die Flüchtlinge an einem vorher verabredeten Punkte der Halbinselküste aufgenommen hat. Natürlich befördert es sie nach Amerika. Dort befinden sich die Feniers und ihr Helfershelfer als politische Verbrecher in voller Sicherheit, denn für solche ist in den internationalen Verträgen eine Auslieferung nicht vorgesehen. Anders liegt das bezüglich der beiden Holländer, die - sagen wir vorläufig - als gemeine Verbrecher zu gelten haben. Gelingt es also, die Gebrüder Kip aufzufinden, so wird ihre Auslieferung verlangt und auch zugestanden werden. Dann bringt man sie wieder nach Port-Arthur, von wo ihnen eine Flucht zum zweiten Male nicht gelingen dürfte.

- Alles das, Herr Gouverneur, unter der Bedingung, daß es mir nicht vorher gelungen wäre, die wirklichen Missetäter zu entdecken.«

Wozu hätte es dienen können, gegen so festgewurzelte Anschauungen noch mit Worten anzukämpfen? Eines stand ja fest: daß alle bisherigen Erfahrungen weit eher dem Gouverneur recht gaben, wenn das Hawkins auch sich zuzugestehen weigerte. Die öffentliche Meinung stand ebenfalls auf Seite des hohen Beamten. Der Verteidiger der Gebrüder Kip wurden immer weniger, ja schließlich war nur noch ein einziger übrig. Die Flacht der Holländer sprach zu sehr gegen sie. Offenbar hofften sie nicht mehr auf eine Wiederaufnahme der Angelegenheit oder wenigstens auf einen für sie günstigen Ausgang einer solchen, und deshalb, ja, deshalb waren sie entflohen. Da sich ihnen zur Wiedererlangung ihrer Freiheit eine passende Gelegenheit geboten hatte, hatten sie sich beeilt, sie zu benutzen.

Das waren die Folgen dieser Flucht, die gegen die beiden Brüder ausfiel und

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