Karen stand auf. »Fur dich ist das richtig. Es ist wichtig, da? du nach Amerika gehst. Ich bin im Augenblick hier wichtiger.«

Dov wurde bla? und lie? die Arme hangen. »Ich dachte, du wurdest dich daruber freuen —.«

Karen, die mit dem Rucken zu ihm stand, drehte sich um und sah ihn an. »Du wei?t genau, da? du nach Amerika mu?t, und ebenso genau wei?t du, da? ich hierbleiben mu?.«

»Nein, verdammt noch mal! Ich kann nicht zwei Jahre lang von dir getrennt sein. Ich halte es nicht einmal mehr aus, zwei Tage ohne dich zu sein.« Er ri? sie an sich, bedeckte ihr Gesicht mit seinen Kussen, und sie erwiderte Ku? um Ku?, und beide flusterten immer wieder: »Ich liebe dich«; ihre Gesichter waren na? vor Schwei? und na? vor Tranen, und ihre Hande waren ruhelos und hungrig, und eng umklammert sanken sie auf die Erde.

»Ja!« rief Karen.

»Nein!« Dov sprang auf. Er ballte die Hande zur Faust und zitterte. »Wir mussen aufhoren damit.«

Dann waren beide stumm, und nur das leise Schluchzen von Karen war zu horen. Dov kniete sich zu ihr. »Bitte weine nicht, Karen«, sagte er.

»Ach, Dov, was sollen wir blo? machen? Es ist, als ob ich gar nicht lebte, wenn du nicht da bist, und jedesmal, wenn wir uns wie jetzt sehen, ist es dasselbe. Wenn du wieder wegfahrst, bin ich tagelang krank vor Sehnsucht nach dir.«

»Fur mich ist es genauso schlimm« sagte er. »Aber es ist meine Schuld. Wir mussen vorsichtiger sein.«

Er ergriff ihre Hand und half ihr, aufzustehen.

»Sieh mich nicht so an, Karen. Ich werde nie etwas tun, was nicht gut fur dich ware.«

»Ich liebe dich, Dov. Ich schame mich nicht, da? ich Sehnsucht nach dir habe, und ich habe auch keine Angst davor.«

»Es ist wohl besser, wir gehen jetzt wieder zuruck«, sagte er.

Kitty Fremont war in fast ganz Israel herumgefahren und hatte Siedlungen besucht, die mit den denkbar schwierigsten Bedingungen zu kampfen hatten. Als sie jetzt nach Nahal Midbar fuhr, ahnte sie, was sie zu erwarten hatte. Doch obwohl sie auf das Schlimmste gefa?t gewesen war, sank ihr Herz beim Anblick von Nahal Midbar, dieses Backofens am Rande der Holle, der von ha?erfullten arabischen Horden bedroht war.

Karen fuhrte Kitty uberall herum und zeigte ihr mit spurbarem Stolz, was in drei Monaten hier erreicht worden war. Trotz der holzernen Hutten und einem kleinen Stuck bebauten Landes bot das Ganze noch einen bedruckenden Anblick. Was hier entstand, war das Werk junger Manner und junger Frauen, die von fruh bis spat uber ihre Krafte arbeiteten und nachts Wache standen. Ihr ganzes Leben war diesem Aufbau gewidmet.

»In ein paar Jahren«, sagte Karen, »werden hier uberall Blumen sein und Straucher und Baume, wenn wir nur genug Wasser bekommen.« Sie gingen aus der gluhenden Sonne in Karens Lazarettzelt, und beide tranken ein Glas Wasser. Kitty sah durch den Eingang des Zeltes nach drau?en. Ihr Blick fiel auf Schutzengraben und Stacheldrahtverhaue. Drau?en auf den Feldern arbeiteten Manner und Frauen in der Hitze, wahrend andere mit Gewehren in ihrer Nahe standen und Wache hielten. Die eine Hand am Schwert und die andere am Pflug.

Kitty sah zu Karen hinuber. Das Madchen war so jung und schon. Hier an diesem Ort wurde es innerhalb weniger Jahre vorzeitig altern.

»Du willst also wirklich nach Amerika zuruck?« sagte Karen. »Ich kann es einfach nicht glauben.«

»Ich habe den Leuten gesagt, ich wollte ein Jahr Urlaub nehmen. Ich habe seit einiger Zeit gro?es Heimweh. Und jetzt, wo du nicht mehr da bist — mochte ich es mir einfach mal fur eine Weile etwas leichter machen. Vielleicht komme ich wieder nach Israel zuruck, wer wei?.«

»Und wann willst du fahren?«

»Nach dem Pessach-Fest.«

»So bald schon? Es wird schrecklich sein, Kitty, wenn du nicht mehr bei mir bist.«

»Du bist inzwischen erwachsen, Karen, und hast dein eigenes Leben vor dir.«

»Ich kann es mir ohne dich nicht vorstellen.«

»Oh, wir werden uns schreiben. Wir werden uns immer nahe sein. Und wer wei?, vielleicht wird es fur mich auf der ganzen ubrigen Welt viel zu langweilig sein, nachdem ich vier Jahre hier in diesem Hexenkessel gelebt habe.«

»Du mu?t zuruckkommen, Kitty.«

»Das wird die Zeit lehren«, sagte Kitty. »Und was macht Dov? Wie ich hore, ist er mit seiner Ausbildung fertig.«

Karen vermied es, Kitty zu erzahlen, da? man Dov vorgeschlagen hatte, nach Amerika zu gehen. Sie wu?te, da? sich Kitty auf Dovs Seite stellen wurde.

»Er ist am Hule-See. Man plant dort ein gro?es Projekt zur Senkung des Wasserspiegels, um Neuland zu gewinnen. Er hat einen Auftrag bekommen, daran mitzuarbeiten.«

»Dov ist ein sehr bedeutender junger Mann geworden. Ich habe erstaunliche Dinge uber ihn gehort. Wird es ihm moglich sein, zum Pessach-Fest herzukommen?«

»Es sieht nicht danach aus.«

Kitty schnippte mit den Fingern. »Hor mal! Ich habe eine gro?artige Idee. Jordana hat mich gefragt, ob ich nicht Lust hatte, zu Pessach nach Yad El zu kommen, und ich habe zugesagt. Dov arbeitet ganz in der Nahe. Wie ware es, wenn auch du nach Yad El kamst?«

»Zum Pessach-Fest sollte ich eigentlich hier sein.«

»Du kannst noch so oft zum Pessach-Fest hier sein. Und diesmal ware es ein Abschiedsgeschenk fur mich.«

Karen lachelte. »Ich werde kommen.« »Gut. Und jetzt — wie steht es denn mit dir und deinem jungen Mann?«

»Alles in Ordnung — nehme ich an«, meinte Karen. Es klang nicht sehr glucklich.

»Habt ihr Streit miteinander gehabt?«

»Nein. Er wurde nie mit mir streiten. Ach, Kitty, er ist ja so schrecklich anstandig und korrekt — ich konnte manchmal direkt schreien.«

»Ach, so ist das also«, sagte Kitty. »Du bist die typische erwachsene Frau von achtzehn Jahren.«

»Ich wei? einfach nicht mehr, was ich machen soll. Kitty, ich — ich werde verruckt, wenn ich an ihn denke. Und wenn wir uns endlich einmal sehen, dann bekommt er es jedesmal mit dem Anstand. Man — vielleicht schickt man ihn eines Tages fort. Es kann zwei Jahre dauern, ehe wir heiraten konnen. Ich glaube, ich halte das einfach nicht mehr aus.«

»Du liebst ihn sehr, nicht wahr?«

»Ich sterbe vor Sehnsucht nach ihm. Ist es sehr schlimm von mir, da? ich so rede?«

»Aber nein, Karen. Jemanden so sehr zu lieben, ist das Schonste, was es auf der Welt gibt.«

»Kitty, ich — ich wunsche mir so sehr, ihm meine Liebe geben zu konnen. Ist das etwas Unrechtes?«

Etwas Unrechtes? Wer konnte wissen, wieviel Zeit den beiden blieb, sich zu lieben? Dieser ha?erfullte Feind auf der anderen Seite des Stacheldrahtes — wurde er den beiden erlauben, zu leben?

»Liebe ihn, Karen«, sagte Kitty. »Gib ihm all die Liebe, die du in dir hast.«

»Oh, Kitty! Aber er hat solche Angst.«

»Dann hilf ihm, seine Angst zu uberwinden. Du gehorst zu ihm, und er gehort zu dir.«

Kitty fuhlte sich leer und einsam. Sie hatte Karen, ihre Karen, endgultig fortgegeben. Plotzlich spurte sie Karens Hand auf ihrer Schulter.

»Und du, Kitty — kannst du Ari nicht helfen?«

Kitty stockte einen Augenblick das Herz. »Das ist nicht Liebe, wenn nur der eine liebt und der andere nicht«, sagte sie.

Lange sa?en beide schweigend. Kitty ging an den Eingang des Zeltes und sah nach drau?en. Schwarme von Fliegen schwirrten durch die Luft. Kitty drehte sich plotzlich um und sah Karen an.

»Ich kann nicht fortgehen, ohne dir zu sagen, da? es mich krank macht, dich hier zu wissen.«

»Die Grenzen mussen verteidigt werden. Es ist sehr leicht, zu sagen: sollen es doch die anderen machen.«

»Drei Monate ist diese Siedlung alt, und schon habt ihr einen Jungen und ein Madchen auf eurem Friedhof liegen, die von Arabern ermordet wurden.«

»Wir denken anders daruber, Kitty. Zwei haben wir verloren, aber funfzig sind neu nach Nahal Midbar gekommen, und weitere funfzig sind gekommen, um funf Kilometer von hier eine Siedlung zu errichten — weil wir

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