seiner Stirn arbeiteten, erwogen Moglichkeiten, ma?en ab und trafen Entscheidungen.
Und dann lachte er plotzlich. Es war ein unvermitteltes, heiteres und unbekummertes Lachen. Es war das Lachen eines Mannes, der zur Tat schreitet und den nichts von einem gefahrlichen Unternehmen abhalten kann. Trotz lag darin und zugleich Genugtuung.
»Ich kann mich auf dich verlassen, Rosaleen«, sagte er. »Gott sei Dank kann ich mich auf dich verlassen.«
»Auf mich verlassen?« Rosaleen sah ihn verstandnislos an. »In welcher Beziehung?«
»Dass du dich genau an meine Anweisungen haltst und handelst, wie ich es dir gesagt habe. Absolute Zuverlassigkeit und Genauigkeit, Rosaleen, ist bei allen strategischen Operationen der Faktor, von dem der Erfolg abhangt, glaube mir.« Er lachte. »Operation Enoch Arden.«
12
Mit einigem Erstaunen betrachtete Rowley das lila Kuvert in seiner Hand. Wer von seinen Bekannten besa? solches Briefpapier? Und wo war es in der heutigen Zeit uberhaupt zu haben? Der Krieg hatte mit Erzeugnissen dieser Art mehr oder weniger aufgeraumt.
Rowley unterbrach die Lekture, um einen verstandnislosen Blick auf die Unterschrift zu werfen.
Ratlos starrte Rowley auf den Bogen in seiner Hand. Was sollte das hei?en? Wie lie?en sich diese Zeilen auslegen? Die gute Bee! Sie kannten sich seit ihrer Kindheit. Seinen ersten Tabak hatte er im Laden ihres Vaters gekauft und spater manche Stunde mit ihr hinterm Ladentisch vertrodelt. Sie war ein hubsches Madchen gewesen. Wahrend einer fast einjahrigen Abwesenheit Bees von Warmsley Vale hatten bose Zungen behauptet, sie habe irgendwo ein uneheliches Kind zur Welt gebracht. Vielleicht war es nur Gerede, vielleicht entsprach es der Wahrheit. Heute jedoch genoss sie allgemeines Ansehen.
Rowley warf einen Blick auf die Uhr. Er zog es vor, sich unverzuglich auf den Weg zum »Hirschen« zu machen. Er wollte wissen, was hinter diesen Andeutungen Beatrices steckte.
Es war kurz nach acht Uhr, als er die Tur zur Wirtsstube aufstie?. Rowley gru?te diesen und jenen Gast, ging aber geradewegs zur Theke, wo er sich ein Glas Bier bestellte. Beatrice lachelte ihm zu. »Guten Abend, Mr Rowley.«
»Guten Abend, Beatrice. Vielen Dank fur Ihren Brief.«
»Ich habe gleich Zeit fur Sie. Nur einen Moment.« Rowley nickte und trank dann langsam sein Bier, wahrend Beatrice die bestellten Getranke ausgab. Sie rief uber die Schulter nach Lilly, und bald darauf kam das Madchen und loste sie ab. »Wollen Sie bitte mit mir kommen, Mr Rowley?« Sie fuhrte ihn durch einen Korridor zu einer Tur, auf der »Privat« stand. Das kleine Zimmer dahinter war mit Pluschmobeln und Porzellanfigurchen voll gepfropft. Auf einer Sessellehne thronte neckisch ein bereits ziemlich mitgenommener Pierrot aus buntem Seidenstoff.
Beatrice stellte das plarrende Radio ab und deutete auf einen Sessel.
»Ich bin sehr froh, dass Sie meiner Aufforderung gefolgt sind, Mr Rowley, und ich hoffe wirklich, Sie nehmen mir mein Schreiben nicht ubel. Das ganze Wochenende habe ich mir den Kopf zerbrochen und uberlegt, was ich tun soll, aber ich habe das Gefuhl, Sie mussen einfach wissen, was hier los war.«
Beatrice fuhlte sich glucklich und vollig in ihrem Element. Au?erdem kam sie sich sehr wichtig vor.
Rowley fragte mit sanftem Drangen:
»Und was war los?«
»Sie erinnern sich doch an Mr Arden, nicht wahr? Den Herrn, nach dem Sie sich neulich erkundigt haben, Mr Rowley.«
»Ja, naturlich.«
»Am nachsten Abend kam Mr Hunter und fragte nach ihm.«
»Mr Hunter?«
Rowley richtete sich interessiert auf.
»Ja, Mr Rowley. ›Nummer 5 im ersten Stock‹, sagte ich, und Mr Hunter ging gleich die Treppe hinauf. Ich war etwas uberrascht, wenn ich ehrlich sein soll, denn dieser Mr Arden hatte kein Wort davon erwahnt, dass er irgendjemanden in Warmsley Vale kenne, und ich war uberzeugt gewesen, er sei hier in der Gegend vollig fremd. Mr Hunter machte einen ziemlich nervosen Eindruck, so, als sei ihm eine Laus uber die Leber gelaufen, aber ich achtete noch nicht weiter darauf.«
Sie schaltete eine Pause zum Atemholen ein, und Rowley lie? ihr Zeit. Er drangte sie nicht. Das war nicht seine Art.
Wurde in ihre Worte legend, fuhr Beatrice fort:
»Kurz darauf musste ich im Zimmer Nummer 4 die Bettwasche und die Handtucher wechseln. Zwischen Nummer 4 und Nummer 5 gibt es eine Verbindungstur, aber in Nummer 5 steht ein gro?er Schrank davor, so dass man die Tur nicht sieht. Im Allgemeinen ist diese Tur geschlossen, aber zufallig war sie an jenem Abend ein kleines bisschen offen, wieso und warum und wer sie geoffnet hat, ist mir allerdings schleierhaft.«
Wieder verzichtete Rowley darauf, etwas zu sagen; er nickte nur.
Er zweifelte nicht daran, dass die gute Beatrice hinaufgegangen war und die Tur geoffnet hatte, um zu lauschen.
»Und so konnte ich einfach nicht anders als horen, was nebenan gesprochen wurde. Ich sage Ihnen, Mr. Rowley, ich fiel aus allen Wolken. Sie hatten mich mit einer Feder umwerfen konnen – «
Dazu ware schon eine Feder von einigen Kilo Gewicht notig gewesen, dachte Rowley amusiert.
Er lauschte mit unbeteiligtem, beinahe ausdruckslosem Gesicht Beatrices Wiederholung des Gesprachs zwischen den beiden Mannern. Als sie ihren Bericht beendet hatte, sah sie ihn erwartungsvoll an.
Doch sie musste mehrere Minuten warten, bevor Rowley sich aufraffte.
»Vielen Dank, Beatrice«, sagte er. »Vielen Dank.«
Und mit diesen Worten ging er zur Tur und verschwand. Beatrice blieb wie versteinert sitzen. Das hatte sie nicht erwartet. Irgendeinen Kommentar zu dem eben Gehorten hatte Mr Rowley, ihrer Meinung nach, schon abgeben konnen.
13
Automatisch lenkte Rowley seine Schritte der Farm zu, doch nach einigen hundert Metern hielt er plotzlich inne und schlug eine andere Richtung ein.
Seine Gedanken arbeiteten nur langsam. Erst jetzt kam ihm die volle Bedeutung dessen, was Beatrice ihm da erzahlt hatte, zu Bewusstsein. Wenn ihr Bericht auf Wahrheit beruhte, und im Wesentlichen war dies sicher der Fall,