drei Dienstboten.

»Moglich, dass sich auf diesem Weg der Hinweis finden lasst, nach dem ich suche.«

Der Beamte, an den Poirot sich gewandt hatte, schuttelte zweifelnd den Kopf. Das Ehepaar Games stammte aus Dorset, Eileen Corrigan kam aus Irland.

Poirots nachstes Ziel war Major Porters Wohnung.

Doch als er um die Ecke der Edge Street bog, bemerkte er voller Besturzung einen postenstehenden Polizisten vor dem Haus, welches das Ziel seiner Schritte war.

Der Polizist hinderte Poirot am Eintreten.

»Nichts zu machen, Sir.«

»Was ist denn passiert?«

»Sie wohnen doch nicht hier?«, fragte der Polizist statt einer Antwort. »Wen wollen Sie denn besuchen?«

»Major Porter.«

»Sind Sie ein Verwandter oder Freund des Majors?«

»Nein, kein Verwandter, und als ein Freund wurde ich mich auch nicht gerade bezeichnen. Aber was sollen diese Fragen?«

»Der Major hat sich erschossen, soviel ich wei?. Ah, da ist der Inspektor.«

Die Tur hatte sich geoffnet; zwei Herren betraten die Stra?e. Der eine musste der Inspektor des zustandigen Bezirks sein, im anderen erkannte Poirot Sergeant Graves von Warmsley Vale. Graves erkannte Poirot ebenfalls und machte ihn mit dem zustandigen Inspektor bekannt.

Zu dritt gingen sie ins Haus zuruck.

»Sie haben uns in Warmsley Vale angerufen, und Inspektor Spence hat mich hergeschickt«, erklarte Graves.

»Selbstmord?«

»Ja. Ziemlich klarer Fall. Hat sich wohl die Gerichtsverhandlung und das ganze Drum und Dran zu sehr zu Herzen genommen. Au?erdem soll er in finanziellen Schwierigkeiten gewesen sein. Na, wie’s so ist. Eines kommt zum anderen. Mit seinem eigenen Armeerevolver hat er sich erschossen.«

»Ist es erlaubt hinaufzugehen?«, fragte Poirot.

»Wenn Ihnen daran liegt. Fuhren Sie Monsieur Poirot hinauf, Sergeant«, ordnete der Inspektor an.

Graves ging die Treppe voran zu dem im ersten Stock gelegenen Zimmer.

»Vor ein paar Stunden muss es passiert sein«, berichtete er. »Niemand hat’s gehort. Die Vermieterin war gerade einkaufen.«

Poirot sah nachdenklich auf die stumme Gestalt im Sessel.

»Konnen Sie sich erklaren, wieso er das getan hat?«, forschte Graves respektvoll.

Poirot erwiderte geistesabwesend:

»Ja, naturlich. Er hatte einen guten Grund. Da liegt die Schwierigkeit nicht.«

Der Meisterdetektiv trat an einen Schreibtisch, dessen Rolldeckel offen war. Er war tadellos aufgeraumt. In der Mitte stand ein Tintenloscher, davor ein Schalchen mit einem Federhalter und zwei Bleistiften. Rechts lag ein Schachtelchen mit Buroklammern und ein Markenheft. Alles war am Platz und wie es sich gehorte. Ein ordentliches Leben und ein ordentlicher Tod. Naturlich – das war es! Etwas fehlte.

Zu Graves gewandt, fragte Poirot:

»Hinterlie? er keinen Brief? Kein Blatt Papier mit ein paar Zeilen?«

Graves schuttelte den Kopf. »Wir haben nichts gefunden. Ware eigentlich zu erwarten gewesen von einem Mann wie dem Major.«

»Sonderbar. Sehr sonderbar«, murmelte Poirot. 

27

Es war bereits acht Uhr vorbei, als Poirot wieder im »Hirschen«, eintraf. Er fand eine Botschaft von Frances Cloade vor, in der sie ihn bat, sie aufzusuchen. Er machte sich sogleich auf den Weg.

Frances Cloade empfing ihren Besucher im Salon.

»Sie haben mir prophezeit, dass ich Sie brauchen wurde, Monsieur Poirot, und Sie haben Recht behalten. Es gibt etwas, was ich jemandem anvertrauen muss, und ich glaube, Sie sind die am ehesten geeignete Personlichkeit, meine Geschichte zu horen.«

»Es ist stets leichter, Madame, sich jemandem anzuvertrauen, der mehr oder weniger ahnt, worum es geht.«

»Sie wissen, woruber ich reden will?«

Poirot nickte langsam.

»Und seit wann?«

»Seit ich die Fotografie Ihres Herrn Vater gesehen habe. Sie sehen sich sehr ahnlich. Ihre Verwandtschaft ist offenkundig. Und diese Familienahnlichkeit fand sich ebenso stark bei dem Fremden, der im ›Hirschen‹ ein Zimmer nahm und sich als Enoch Arden ins Fremdenbuch eintrug.«

Frances stie? einen bedruckten Seufzer aus.

»Sie haben es erraten. Obwohl der arme Charles einen Bart trug. Er war ein Vetter zweiten Grades von mir, Monsieur Poirot. Sehr nahe haben wir uns nie gestanden. Er war das schwarze Schaf der Familie. Und ich bin schuld an seinem Tod.«

Sie verfiel fur einen Augenblick in Schweigen. Poirot drangte sanft:

»Wollen Sie mir nicht erzahlen?«

Frances riss sich zusammen.

»Ja, es muss sein. Wir brauchten furchtbar dringend Geld. Damit begann alles. Mein Mann befindet sich in Schwierigkeiten, in sehr schlimmen Schwierigkeiten. Wir furchteten, es konnte zu einer Verhaftung kommen. Aber eines mochte ich von vornherein klarmachen, Monsieur Poirot. Der Plan stammte von mir. Ich dachte ihn mir aus, und ich fuhrte ihn durch. Meinem Mann ware das alles viel zu riskant gewesen. Aber ich will der Reihe nach berichten.

Zuerst wandte ich mich an Rosaleen Cloade wegen eines Darlehens. Ich wei? nicht, ob sie es nicht gegeben hatte, aber ihr Bruder trat dazwischen. Er war an jenem Morgen besonders schlechter Laune und benahm sich ausfallender als gewohnlich. Ausgesprochen frech, um es deutlich zu sagen. Und als mir spater die Moglichkeit dieses Planes in den Sinn kam, hatte ich keine Bedenken, ihn auszufuhren.

Ich uberlegte, dass Zweifel am Tod Robert Underhays bestanden und dass man mit diesem Zweifel vielleicht etwas anfangen konnte. Mein Vetter Charles war mal wieder im Lande. Er war so ziemlich am Ende, hatte sogar im Gefangnis gesessen, glaube ich. Ich machte ihm meinen Vorschlag. Es war Erpressung, nichts anderes. Aber wir dachten, es wurde uns gelingen. Schlimmstenfalls, uberlegten wir, wurde David Hunter eben nicht die verlangte Summe zahlen. Dass er zur Polizei gehen konnte, hielten wir fur ausgeschlossen. Leute seines Schlages halten wenig von der Polizei und wollen lieber nichts mit ihr zu tun haben.

Es lief alles gut. Besser, als wir gehofft hatten. David kroch ihm auf den Leim. Charles gab sich naturlich nicht direkt als Robert Underhay aus. Rosaleen hatte ihn ja jeden Moment entlarven konnen. Aber als sie zu unserem Gluck nach London fuhr, wagte Charles es, ein bisschen deutlicher zu werden und die Moglichkeit anzudeuten, er sei vielleicht selbst Robert Underhay. Wie gesagt: David ging auf die Erpressung ein. Er versprach, am Dienstagabend mit dem Geld zu kommen. Stattdessen…«

Ihre Stimme brach zitternd ab.

»Wir hatten uns klarmachen mussen, dass David ein gefahrlicher Mensch ist. Hatte ich nicht diese ungluckselige Idee gehabt, ware Charles noch am Leben. Nun ist er tot… ermordet, und ich bin schuld.«

»Immerhin packten Sie eine weitere Gelegenheit beim Schopf, die Komodie bis zum Ende zu fuhren. Sie uberredeten Major Porter, Ihren Vetter als Robert Underhay zu ›erkennen‹.«

Frances fuhr heftig auf.

»Ich schwore Ihnen, damit habe ich nichts zu tun. Niemand war erstaunter als ich… was hei?t: erstaunter! Aus allen Wolken fielen wir, als Major Porter offentlich erklarte, Charles – mein Vetter Charles! – sei Robert

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