Sie vergessen, die Hintertur zu schlie?en, sind allem gegenuber taub, konzentrieren sich einzig und allein aufeinander, auf ihre Korper.

Es ist besser, als sie erhofft, geschweige denn sich ertraumt hatten. Lilly verliert sich in der verschwommenen Dunkelheit des eiskalten Vollmonds, der durch den Spalt scheint, wahrend Josh seinem ganzen einsamen Verlangen nach ihr mit heftigem Stohnen Ausdruck gibt. Er streift die Holzfallerjacke ab, zieht das Unterhemd aus – im Mondlicht scheint seine Haut beinahe indigoblau. Lilly wirft ihren BH von sich, und das Gewicht ihrer Bruste lasst sie sanft auf ihren Brustkorb fallen. Gansehaut breitet sich uber ihren Bauch aus, als Josh sanft in sie eindringt und langsam in Fahrt kommt.

Sie lieben einander, verlieren sich ineinander. Lilly vergisst alles um sich herum, auch die brutale Au?enwelt au?erhalb des Campers.

Eine Minute, eine Stunde – die Zeit hat jegliche Bedeutung verloren – vergeht wie im Nu.

Spater liegen sie inmitten des ganzen Mulls in Bobs Camper, die Beine ineinander verschlungen, Lillys Kopf ruht auf Joshs enormem … Bizeps. Sie haben sich eine Decke ubergeworfen, wegen der Kalte. Josh druckt seine Lippen gegen Lillys weiches Ohr und flustert: »Alles wird gut.«

»Yeah«, murmelt sie.

»Wir schaffen das.«

»Genau.«

»Zusammen.«

»Das werden wir.« Sie blickt ihm in die traurigen Augen. Dabei kommt sie sich merkwurdig vor. Heiter, lebhaft und doch benebelt. »Ich habe schon so lange uber diesen Moment nachgedacht.«

»Ich auch.«

Sie lassen sich vom Schweigen umhullen, driften davon, bleiben eine ganze Zeit so liegen – in Unkenntnis der Gefahren, die auf sie warten … in Unkenntnis der brutalen Au?enwelt, welche die Schraube um sie herum immer enger dreht.

Aber am wichtigsten ist: Sie bemerken nicht, dass sie beobachtet werden.

Neun

An ihrem dritten Tag in Woodbury zieht der Winter ein und legt eine dunkle graue Decke uber die Stadt. Es ist bereits Anfang Dezember, und Thanksgiving ist schon langst voruber, ohne dass auch nur ein Truthahn geschlachtet worden ware. Die Feuchtigkeit und Eiseskalte kriechen jetzt in die Knochen. Die sandigen, unbebauten Flachen entlang der Hauptstra?e fuhlen sich an wie nasser Putz, und die Kanalisation kann mit den Wassermassen nicht mehr mithalten, so dass dreckiges Abwasser aus den Gullis flie?t. Aus einem winkt eine aufgedunsene, menschliche Hand …

An jenem Tag tauscht Josh sein gutes Chef-Messer ein – ein japanisches Shun – gegen Bettwasche, Handtucher und Seife und uberredet Lilly, ihre Sachen in die Wohnung uber der chemischen Reinigung zu bringen. Dort konnen sie sie sich endlich richtig waschen und haben mehr Platz als in dem vollgestopften Camper-Aufsatz. Lilly bleibt den Gro?teil des Tages in der Wohnung, schreibt beflissen auf einer Rolle Geschenkpapier an ihrem Tagebuch und plant ihre Flucht. Josh halt stets ein Auge auf sie. Irgendetwas fuhlt sich nicht richtig an. Es ist so schlimm, dass er es gar nicht in Worte fassen kann.

Scott und Megan sind wie von der Bildflache verschwunden. Lilly ist fest davon uberzeugt, dass Megan mittlerweile die Nase voll von Scott hat und sich fur Gras prostituiert.

An jenem Nachmittag besucht Bob Stookey die beiden Mediziner im Stadion, das ein Labyrinth aus Kellern und Arbeitsbereichen beherbergt. Eine Reihe von Raumen wurde in eine behelfsma?ige Krankenstation umfunktioniert. Wahrend der eiskalte Regen dumpf und in einem nicht enden wollenden Drohnen auf die metallenen Trager und Streben prasselt, erhalt Bob von einem Mann mittleren Alters und einer jungen Frau eine ausfuhrliche Fuhrung.

»Alice lernt wirklich sehr, sehr schnell. Sie hat sich in sehr kurzer Zeit zu einer bemerkenswerten Schwester gemustert«, erklart der Mann mit Drahtgestellbrille und dreckigem Arztkittel, als er Bob und die junge Frau durch eine offen stehende Tur in eine unordentliche Praxis bittet. Er hei?t Stevens und ist fit, intelligent und recht ironisch, was Bob fur irgendwie fehl am Platz halt. Die Ersatz-Schwester tragt einen Kittel alteren Baujahrs, sieht aber selbst noch erstaunlich jung aus. Ihr bleiches blondes Haar ist in Zopfe geflochten und aus ihrem jugendlichen Gesicht nach hinten gezogen.

»Ich bin noch am Lernen«, sagt sie und folgt den Mannern in den sparlich beleuchteten Raum, dessen Boden von einem Generator zum Vibrieren gebracht wird, der irgendwo in den Katakomben des Stadions vor sich hin nagelt. »Und obwohl ich erst die Sachen vom zweiten Studienjahr durchgehe, komme ich einfach nicht weiter.«

»Ach, ich bin mir sicher, dass Sie schon viel mehr wissen als ich«, beteuert Bob. »Ich bin nur ein alter Schlachtfeld-Sani.«

»Sie hat letzten Monat ihre Feuertaufe bestanden«, fahrt der Doktor fort und stellt sich neben einem ramponierten Rontgenapparat auf. »Das Geschaft hat ganz schon gebrummt.«

Bob wirft einen Blick um sich, sieht uberall Blutspritzer an den Wanden, Anzeichen chaotischer Triage, also will er wissen, was passiert ist.

Der Arzt und die Schwester tauschen mulmige Blicke aus. »Machtwechsel.«

»Wie bitte?«

Der Doktor seufzt. »An einem Ort wie diesem kann man eine Art naturliche Auswahl beobachten. Nur die wahren Soziopathen uberleben. Nicht unbedingt nett, das mit anzuschauen.« Er holt tief Luft und lachelt dann Bob an. »Trotzdem, verdammt gut, einen weiteren Kollegen an Bord zu haben.«

Bob fahrt sich mit der Hand uber den Mund. »Bin mir gar nicht sicher, wie hilfreich ich sein kann, aber ich muss schon zugeben: Es wurde mir gut gefallen, mich einmal auf einen echten Arzt berufen zu konnen.« Bob deutet vage auf eine der alten, mitgenommenen Maschinen. »Wie ich sehe, haben Sie eine Siemens. Mit so einer bin ich durch Afghanistan gekurvt.«

»Tja, wir sind hier nicht gerade auf dem allerneuesten Stand der Dinge, haben aber die Grundbedurfnisse mit Geratschaften aus umliegenden Krankenhausern abgedeckt … Spritzen, Infusionen, ein paar Monitore, EKG, EEG … Allerdings fehlt es uns an Arzneimitteln.«

Bob erzahlt ihnen von den Pharmazeutika, die er vom Walmart hat mitgehen lassen. »Da konnen Sie sich ruhig bedienen«, bietet er an. »Obendrein habe ich auch ein paar gut ausgestattete Bereitschaftstaschen, Extraverbande und so weiter und so fort. Nehmen Sie, was Sie brauchen.«

»Das ist wirklich sehr hilfreich, Bob. Von wo stammen Sie?«

»Aus Vicksburg, hab aber in Smyrna gewohnt, als das mit der Plage angefangen hat. Und Sie?«

»Atlanta«, erwidert Stevens. »Hatte eine kleine Praxis in Brookhaven, ehe alles den Bach runtergegangen ist.«

»Auch Atlanta«, meldet sich die junge Frau. »Habe an der Georgia State studiert.«

Stevens schaut Bob gutmutig an. »Heute schon genippt, Bob?«

»Ha?«

Stevens deutet auf den silbernen Flachmann, der aus Bobs Hufttasche herauslugt. »Ob Sie heute schon etwas getrunken haben.«

Bob senkt niedergeschlagen und beschamt den Kopf. »Ja, das habe ich.«

»Trinken Sie jeden Tag, Bob?«

»Ja.«

»Hartes Zeug?«

»Ja.«

»Bob, ich will Sie nicht in Verlegenheit bringen.« Der Arzt klopft ihm auf die Schulter. »Es geht mich ja eigentlich nichts an. Ich beurteile Sie auch nicht, aber darf ich fragen, wie viel Sie von dem Zeug taglich zu sich nehmen?«

Bobs Brust verkrampft sich vor Schmach. Alice wendet respektvoll den Blick ab, und er schluckt seine Scham hinunter. »Das wei? ich selber nicht so genau. Manchmal eine halbe Flasche, manchmal eine ganze, wenn ich sie

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