»Wer zum Teufel soll denn den Toten spielen?«

»Schei?egal. Hauptsache, ich kann ihm den Arsch aufrei?en, sobald der die Tur aufmacht.«

»Barker, ich glaube, du bist nicht mehr ganz richtig im Kopf. Irgendetwas hier hat dich verandert. Ich meine es ernst. Willst du denn so wie Gavin enden? Wie Gavin und Greely und Johnson und …«

»DU SCHWANZ LUTSCHENDER FEIGLING! WIR WERDEN ALLE SO ENDEN, WENN WIR NICHTS GEGEN SIE UNTERNEHMEN!«

Die Lautstarke von Barkers Stimme – auch wenn sie so dunn wie ein fein gesponnener Draht ist – lasst die Unterredung stocken. Dann sitzen die vier Wachen eine lange Zeit da, ohne auch nur ein Wort zu sagen.

Endlich meldet sich Barker erneut: »Es ist nur notig, dass sich einer von euch Schwuchteln tot stellt. Mehr will ich ja gar nicht. Ich knipse ihn dann aus, sobald er reinkommt.«

»Es ist gar nicht so leicht, das so hinzukriegen, dass er es glaubt«, meldet sich Manning.

»Schmier dich mit Schei?e ein.«

»Holla, holla, haben wir gelacht.«

»Verpass dir eine Wunde, schmier dir das Blut ins Gesicht und lass es trocknen. Keine Ahnung. Augen reiben, bis sie bluten … Wollt ihr hier raus oder nicht?«

Schweigen.

»Ihr seid verdammt noch mal Wachen! Wollt ihr hier drin wie Maden verrotten?«

Wieder Schweigen, dann ertont Stinsons Stimme in der Dunkelheit: »Okay, ich mach’s.«

Bob folgt dem Governor durch eine Tur in den Bauch des Stadions unter der Rennstrecke, dann eine schmale Metalltreppe hinab und durch einen langen Flur. Ihre Schritte hallen in dem dusteren Licht wider. Uber ihnen gluhen die von einem Generator gespeisten Notlampen.

»Endlich habe ich es geschnallt, Bob«, erklart der Governor und fummelt an einem Ring mit Dietrichen und Generalschlusseln herum, der an einer Kette an seiner Hose fest gemacht ist. »Was wir hier brauchen, ist Unterhaltung!«

»Unterhaltung?«

»Bob, die Griechen hatten Theater … Die Romer den Zirkus.«

Bob hat keine Ahnung, was der Mann da faselt, folgt ihm aber gehorsam und wischt sich den trockenen Mund ab. Er braucht einen Drink, und zwar bald. Unwirsch knopft er seinen olivfarbenen Parka auf, denn auf seiner Stirn erscheinen die ersten Schwei?perlen von der stickigen, modrigen Luft in den Gewolben.

Sie kommen an einer verschlossenen Tur vorbei, und Bob hatte schworen konnen, dass er das eindeutige Schlurfen und Stolpern von wiederbelebten Toten vernommen hat. Au?erdem vermischt sich jetzt der Geruch verwesenden Fleisches mit der modrigen Luft. Bobs Magen verkrampft sich.

Der Governor fuhrt ihn zu einer metallenen Tur mit einem schmalen Fenster am Ende des Korridors, das mit einer Blende verdeckt ist.

»Die Bewohner mussen bei Laune gehalten werden«, murmelt der Governor und halt vor der Tur an, sucht nach dem richtigen Schlussel. »Nur so bleiben sie fugsam, lenkbar, kontrollierbar.«

Bob steht direkt neben dem Governor, als der einen dicken Metallschlussel ins Schloss steckt. Kurz bevor er ihn umdreht, wendet er sich noch einmal an Bob. »Wir hatten so unsere Probleme mit der National Guard. Gar nicht so lange her. Die haben gedacht, die konnten hier herrschen, nach Herzenslust schalten und walten, die Leute wie Dreck behandeln … Die haben gedacht, die konnten sich hier ihr eigenes Konigreich aufbauen.«

Bob nickt zwar, sagt aber nichts. Er ist verwirrt, au?erdem ist ihm ubel.

»Habe ein paar von ihnen hier unten auf Eis gelegt.« Der Governor zwinkert ihm zu, als ob er einem Kind verrat, wo die Su?igkeiten versteckt sind. »Am Anfang waren es noch sieben«, seufzt der Governor. »Jetzt sind nur noch vier ubrig … Die gehen weg wie warme Semmeln.«

»Wie warme Semmeln?«

Der Governor schnieft und schaut plotzlich betreten zu Boden. »Die haben ihr Leben fur etwas Hoheres gegeben, Bob. Mein Baby … fur Penny.«

Plotzlich wei? Bob, was der Governor damit sagen will, und es wird ihm ganz anders.

»Wie auch immer …« Der Governor dreht sich wieder der Tur zu. »Ich hab schon immer gewusst, dass sie so oder so von Nutzen sein konnten … Jetzt aber ist mir schlagartig klar geworden, wozu sie bestimmt sind.« Der Governor lachelt. »Gladiatoren, Bob. Zum Wohl unserer kleinen Gesellschaft.«

Dann passiert eine ganze Reihe von Sachen auf einen Schlag: Der Governor nimmt die Blende vom Fenster und schaltet das Licht an. Durch das Sicherheitsglas beginnen die Neonrohren an der Decke zu flackern und tauchen eine drei?ig Quadratmeter gro?e Zelle in ekliges Licht. Ein riesiger Mann, der nichts weiter tragt als zerrissene Unterwasche, liegt von Kopf bis Fu? mit Blut besudelt am Boden. Sein Mund ist schwarz, die Zahne aufgerissen. Mit grasslicher Grimasse schnappt er in der Luft, bei?t, was nicht zu bei?en ist.

»Das ist aber schade.« Der Governor runzelt die Stirn. »Sieht ganz so aus, als ob es einen von ihnen erwischt hat.«

In der Zelle – die Gerausche werden durch die dicke Metalltur gedampft – machen die anderen Gefangenen einen Aufstand, rei?en an ihren Ketten, flehen darum, von diesem Zombie befreit zu werden. Der Governor greift in die unergrundlichen Tiefen seines schwarzen Mantels und bringt einen mit Perlen bestuckten .45er Colt hervor. Er vergewissert sich, dass er noch genugend Munition hat, und murmelt: »Bob, du bleibst hier. Bin gleich wieder da.«

Er offnet die Tur, tritt in die Zelle, als ihn plotzlich ein Mann von hinten anspringt.

Barker sto?t einen Urschrei aus, als er den Governor anfallt. Die Kette lasst nicht nach, aber Barker zerrt mit einer solchen Wucht daran, dass der Ankerstein in der Wand lose wird. Der Governor, vollig uberrascht, stolpert, lasst den .45 Colt aus der Hand gleiten, fallt zu Boden. Er keucht, und die Waffe bleibt in unerreichbarer Ferne liegen.

Bob stellt sich unter den Turrahmen, als Barker zum Governor kriecht, seine Fersen umklammert, seine dreckigen, langen Fingernagel in das Fleisch bohrt. Er versucht, dem Governor den Schlusselbund abzunehmen, vermag es aber nicht, ihn unter dem drahtigen Mann hervorzuziehen.

Der Governor brullt auf und versucht, auf allen vieren zur Waffe zu gelangen.

Die anderen Manner feuern Barker an, als er den Rest seines Verstandes verliert, geifert und schnappt und schlie?lich die Zahne um die Achillessehne des Governors legt und zubei?t. Der Governor heult auf.

Bob steht wie angewurzelt vor der halb offenen Tur, schaut wie vom Blitz getroffen zu.

Barker hat Blut geleckt. Der Governor tritt nach dem Gefangenen aus und tut sein Bestes, um die Pistole zu ergreifen. Die beiden anderen Manner versuchen, sich loszurei?en, brullen irgendwelche nicht verstandlichen Warnungen, wahrend Barker sich uber die Beine vom Governor hermacht, der noch immer krampfhaft versucht, in Richtung Waffe zu krabbeln. Jetzt sind es nur noch wenige Zentimeter … Endlich legen sich seine langen, sehnigen Finger um den Colt.

Mit einer einzigen, flie?enden Bewegung dreht sich der Governor und zielt mit der halb automatischen Waffe auf Barkers Gesicht. Er druckt ab, leert das ganze Magazin.

Eine Reihe trockener, hei?er Knattertone erfullt die Zelle. Barker wird nach hinten geworfen wie ein Welpe, an dessen Halsband man rei?t.

Die Manner machen jetzt einen derartigen Aufstand, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht – ein panisches Betteln –, als der Governor auf die Beine kommt.

»Bitte, bitte!!! Ich bin kein Zombie – ICH BIN KEIN ZOMBIE!« Der gro?e Mann, Stinson, setzt sich auf, zeigt auf sein blutverschmiertes Gesicht. Seine bebenden Lippen sind mit Schimmel von den Wanden und Schmiere von den Scharnieren geschminkt. »Das war ein Trick! Ein Trick!«

Der Governor wirft das leere Magazin aus dem Colt, lasst es zu Boden fallen. Er keucht, schnappt nach Luft, zieht ein neues Magazin aus der Gesa?tasche und stopft es in den Griff. Er entsichert die Waffe und zielt in aller Ruhe auf Stinson. »Fur mich siehst du aber wie ein Schei?zombie aus!«

Stinson fummelt noch immer in seiner Visage rum. »Das war Barkers Idee. Das war dumm. Bitte … Ich wollte gar nicht mitmachen, aber Barker war total verruckt! Bitte … BITTE!!!«

Der Governor druckt ein halbes Dutzend Mal ab. Die Schusse lassen die anderen Manner zusammenzucken.

Die gegenuberliegende Wand explodiert wenige Zentimeter uber Stinsons Kopf, ein Stein nach dem anderen lost sich in Luft auf, Staub erfullt die Luft. Der Larm ist ohrenbetaubend, die Funken fliegen, und einige Querschlager lassen Putz von der Decke rieseln.

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