alles sich standig andert.‹« Er schaut ihr in die Augen und lachelt. »Das Einzige, was sich nie andern wird, sind meine Gefuhle fur
Sie sitzen noch einen Augenblick lang da, lauschen dem Haus, wie es sich im Wind bewegt, hier und da knarzt, wie der Eisregen gegen die Scheiben prasselt, als sich plotzlich etwas im Garten bewegt. Mehrere Dutzend Kopfe erscheinen langsam am Rande des Abhangs, eine ganze Reihe verwesender Gesichter – unbemerkt von Lilly und Josh, die mit dem Rucken zum Fenster auf der Couch sitzen. Die Zombies kriechen langsam aus den Schatten.
Lilly, noch immer nichts ahnend und in Gedanken verloren, legt den Kopf auf Joshs breite Schulter. Sie verspurt Schuldgefuhle, denn mit jedem Tag verliebt sich Josh mehr in sie. Sie merkt es daran, wie er sie beruhrt, wie seine Augen jeden Morgen aufleuchten, wenn sie auf der kalten Palette in ihrer kleinen Wohnung im ersten Stock aufwachen.
Ein Teil von Lilly lechzt nach Zuneigung und Intimitat … aber ein anderer Teil fuhlt sich noch immer unbeteiligt, fremd, schuldig dafur, dass sie diese Beziehung uberhaupt erlaubt hat, eine Beziehung, die vielleicht auf Angst und Zweckma?igkeit beruht. Sie fuhlt sich Josh gegenuber verpflichtet, aber das ist doch keine vernunftige Basis fur eine Beziehung. Was sie tut, ist falsch. Sie ist ihm die Wahrheit schuldig.
»Josh …« Sie blickt ihn an. »Ich muss dir etwas sagen … Du … Du bist einer der wundervollsten Manner, den ich je getroffen habe.«
Er grinst, hort gar nicht die Traurigkeit, die in ihrer Stimme mitschwingt. »Du bist auch gar nicht schlecht.«
In freier Sicht vom Fenster krabbeln und kriechen jetzt mindestens funfzig Kreaturen uber den Vorsprung auf den Rasen, krallen mit ihren Fingern in das Grun, zucken und zappeln. Einige kommen unbeholfen auf die Beine und fangen an, mit hungrigen, aufgerissenen Maulern auf den Glaskafig zuzuhumpeln. Ein toter Greis in Krankenhauskittel mit langen wei?en Haaren, die im Wind wehen, fuhrt das Pack an.
In dem luxuriosen Haus hinter dem Sicherheitsglas, noch immer nichts ahnend, sucht Lilly die passenden Worte: »Du bist immer so gut zu mir gewesen, Josh Lee … Ich wei? gar nicht, wie lange ich alleine uberlebt hatte … Und dafur werde ich dir fur immer dankbar sein. Wei?t du, seitdem diese verfluchte Schei?e angefangen hat, wei? ich gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht. Ich will aber auch nicht, dass du denkst, ich benutze dich nur, weil du mich beschutzt … Um zu uberleben …«
Tranen steigen jetzt in Joshs Augen auf. Er schluckt und ringt nach Worten.
Normalerweise hatte er den grasslichen Gestank schon langst gerochen, der durch die Luftschachte ins Haus eindringt. Auch das gemeinsame Stohnen und Achzen hatte er langst gehort, das jetzt von allen Seiten des Hauses ertont. Es ist so tief, dass es selbst die Fundamente erbeben lasst. Und die zuckenden Bewegungen in den Augenwinkeln bemerkt er auch nicht, ob von der Seite oder hinter dem Vorhang im Wohnzimmer oder woher auch immer sie stammen. Josh wei? einzig und allein, dass sein Herz in Gefahr schwebt. Alles andere in der Welt scheint ihm egal.
Er ballt die Fauste. »Wieso um alles in der Welt sollte ich auf einmal so etwas denken, Lilly?«
»Weil ich ein Feigling bin!« Sie starrt ihn an. »Weil ich dich zuruckgelassen habe, ZUM STERBEN! Und nichts und niemand kann die Tatsache andern.«
»Lilly, ich bitte dich …«
»Okay … Hor mir gut zu.« Sie schafft es, ihre Emotionen wieder unter Kontrolle zu kriegen. »Ich will damit nur sagen, dass wir es nicht ganz so angehen sollten, sondern …«
»O NEIN – O SCHEISSE – SCHEISSE, SCHEISSE, SCHEISSE!!«
Innerhalb weniger Sekundenbruchteile verdrangt die Panik in seinem Gesicht samtliche Gedanken in Lillys Kopf.
Josh bemerkt die ungebetenen Gaste erst, als er einen von ihnen in einem gerahmten Familienbild am anderen Ende des Raums gespiegelt sieht – die ubliche Ansammlung steifer, gut gekleideter Vater, Mutter, Kinder und Verwandter samt dem dazugehorigen Pudel mit Schleifchen im Haar, die uber einem Spinett hangen. Das Spiegelbild, so schwer erkennbar es auch ist, lasst den Hintergarten erahnen, den hinter dem Sofa. Der Hintergarten, durch den sich gerade ein Bataillon Zombies auf das Haus zukampft.
Josh springt auf und dreht sich gerade noch rechtzeitig herum, um zu sehen, wie das Sicherheitsglas die ersten Risse kriegt.
Die Zombies an der Scheibe – ihre toten Fratzen werden von den Dutzenden anderer Untoten, die von hinten drangen, gegen das Glas gedruckt – sabbern das Glas unfreiwillig mit ihrem schwarzen Speichel voll. Alles passiert im Handumdrehen. Die feinen Risse breiten sich im Zeitraffer wie ein Spinnennetz aus, wahrend immer mehr lebende Leichen gegen das Fenster stolpern und einen gewaltigen Druck darauf ausuben.
Josh rei?t Lilly just in dem Augenblick vom Sofa, als die Scheibe ganzlich nachgibt.
Sie zerplatzt mit einem lauten Scheppern, als ob es im Wohnzimmer zu donnern angefangen hatte. Zugleich wird der Raum mit Hunderten von Armen erfullt, die wild grapschend nach Frischfleisch suchen. Zahne bei?en, Leichen fallen uber das Sofa, auf die Scherben. Im soeben noch luxuriosen Wohnzimmer weht jetzt der eisige Wind von drau?en.
Ohne zu uberlegen, zerrt Josh Lilly an einer Hand durch den gewolbten Flur zum Haupteingang, wahrend hinter ihnen der Hollenchor toter Stimmbander zischt, das stattliche Haus mit Zoogerauschen und dem Gestank von Verwesung fullt. Ohne jegliche Gefuhle, die Mauler vor Hunger aufgerissen, brauchen die Zombies nicht lange, um wieder auf die Beine zu kommen, raffen sich auf und taumeln rasch weiter, die Arme an den Seiten schwingend, auf ihre fluchtende Beute zu.
Josh hat bereits den Eingangsbereich durchquert, legt die Hand auf die Tur und rei?t sie auf …
… um von einer Wand aus Untoten angeglotzt zu werden!
Er zuckt zusammen, Lilly schreit auf und weicht zuruck, als die Batterie von ausgestreckten Armen und krallenartigen Fingern sich nach ihnen ausstreckt. Hinter den Armen ist ein Mosaik toter Gesichter zu sehen. Sie fauchen, knurren, geifern. Scheinen im Gegensatz zu ihrer aschfahlen Haut regelrecht zu glanzen. Eine Hand vergrabt sich in Lillys Jacke. Josh schlagt sie weg und brullt: »FICKPACK!!« Vollgepumpt mit Adrenalin wirft Josh sich gegen die Tur.
Die Wucht zusammen mit der Beschaffenheit der Tur – immerhin solide Handwerksarbeit – durchtrennt jeden der sechs Arme, die noch in der Offnung stecken.
Die abgetrennten Glieder liegen jetzt auf den teuren Terrakottafliesen vor ihnen und zucken noch immer wild vor sich hin.
Josh schnappt sich Lilly und will schon zurucklaufen, halt aber abrupt am Fu? der Treppe inne, als er den Flur vor sich voller Untoter sieht. Sie sind durch die Nebentur an der Ostseite gebrochen, haben sich an der Westseite durch die Hundeklappe gezwangt. An der Nordseite haben sie den Wintergarten vor der Kuche zertrummert. Jetzt starren sie Josh und Lilly von allen Seiten an, die Mauler mahlend.
Josh ergreift Lilly am Kragen ihrer Jacke und zerrt sie die Stufen hinauf.
Noch wahrend sie die breite Treppe hocheilen, zuckt Josh seine .38er aus dem Gurtel und fangt zu schie?en an. Der erste Schuss verfehlt sein Ziel bei Weitem und zertrummert einen Mauerbogen im Flur. Mit Lilly im Schlepptau und drei Stufen auf einmal nehmend, fallt es Josh schwer, mit der Waffe auf die Zombies zu zielen, die ihnen zuckend, taumelnd und stolpernd folgen.
Einige Untote konnen die Stufen nicht bewaltigen, fallen nach hinten und rei?en andere mit sich, die auf allen vieren kriechend die Verfolgung wieder aufnehmen. Auf halbem Weg feuert Josh erneut und trifft einen toten Schadel, so dass das feuchte Gewebe das Gelander und den Kronleuchter besudelt. Manche Zombies fallen jetzt wie Kegel die Treppe hinab, aber mittlerweile klettern so viele der Verfolger
»HIER ENTLANG!«, brullt Josh, sobald sie das erste Stockwerk erreicht haben.
Der Plan hat sich von ganz alleine entworfen, kommt Josh vollig ausgearbeitet in den Kopf. Er schleppt Lilly den Flur bis zur letzten Tur hinter sich her. Er wei? noch, wie er beim letzten Erkundungstrip im Elternschlafzimmer gestanden, die Aussicht vom Erkerfenster genossen und den Arzneimittelschrank bewundert hat. Und jetzt erinnert er sich an die riesige Eiche, die neben dem Haus steht.
»HIER ENTLANG!«
Die Zombies haben die Treppe bewaltigt. Einer sto?t gegen das Gelander, stolpert ruckwarts und sto?t mehr als ein halbes Dutzend Untote um. Drei davon fallen die Treppe wieder runter, hinterlassen Bache von schwarzem,