schneiden plotzlich durch die dunkle Nacht zur Linken und Rechten der Barrikade. Die silbernen Strahlen fahren uber die angrenzenden Felder und den Waldrand, so dass Martinez und die Wachen die immer naher kommende Herde von Zombies sehen konnen.

Der Governor fuhrt Bob durch das Postgelande zum Parkplatz mit dem Kran, auf dem Martinez sitzt und gerade den Befehl geben will zu feuern.

»Noch nicht, Martinez!« Die laut gellende Stimme des Governors zieht alle Aufmerksamkeit auf sich.

Martinez blickt nervos zu den beiden hinab. »Sicher, Chef?«

Hinter dem Governor erscheint plotzlich ein Sattelschlepper-Anhanger, und das typische Piepen beim Ruckwartsfahren dringt an ihre Ohren. Bob wagt einen Blick uber die Schulter und sieht einen Neunachser, der sich langsam dem nordlichen Tor nahert. Aus dem senkrecht in die Luft ragenden Auspuff erscheinen schwarze Abgase, und Travis lehnt sich aus dem Fahrerfenster. Er kaut auf seiner Zigarre und kampft mit dem Lenkrad.

»Gib mir mal dein Walkie-Talkie!«, fordert der Governor Martinez auf, der gerade die metallene Leiter des Krans heruntergeklettert kommt, die zur Fuhrerkabine fuhrt. Bob wartet in respektvoller Entfernung hinter dem Governor und schaut dem Geschehen zu. Irgendetwas an diesem merkwurdigen Treiben behagt dem alten Mann nicht.

Drau?en haben sich die hin und her stolpernden Zombies bis auf zweihundert Meter genahert.

Martinez halt auf der letzten Stufe inne und reicht dem Governor die Sprechfunkanlage. Der Governor druckt auf den Knopf und ruft: »Stevens! Kannst du mich horen? Hast du uberhaupt dein Radio an?«

Nach etwas elektrischem Knistern ertont die Stimme des Arztes: »Ja, ich hore Sie, und ich mochte nicht, dass Sie …«

»Halt mal kurz die Klappe und hor zu. Ich will, dass du den fetten Wachmann, Stinson, zur nordlichen Mauer bringst.«

Die Stimme kommt unklar ruber: »Stinson muss sich noch erholen. Der Mann hat in eurem kleinen Spiel eine Menge Blut verloren, und …«

»Ich will mich nicht mit dir streiten, Stevens … TU EINFACH, WAS ICH DIR SAGE, UND ZWAR JETZT!«

Der Governor schaltet das Walkie-Talkie wieder aus und wirft es Martinez zu.

»Offnet das Tor!«, ruft der Governor zwei Arbeitern zu, die mit Axten in der Nahe stehen und unentschlossen dreinblicken.

Die beiden blicken einander an.

»Ihr habt mich gehort!«, brullt der Governor. »Offnet das verdammte Tor!«

Die Arbeiter tun, wie ihnen gehei?en, und offnen den Bolzen. Das Tor schwingt auf und lasst eine Brise kalter, nach Verwesung stinkender Luft herein.

»Also, meiner Meinung nach ist das ganz schon riskant, was wir hier machen«, murmelt Martinez in seinen Bart und ladt sein Maschinengewehr.

Der Governor ignoriert ihn und brullt: »Travis! Nimm deine Position ein!«

Der Motor heult auf, und der Truck ruckelt ruckwarts in die Offnung.

»Rampe runter!«

Bob schaut zu, ist total verwirrt, als Travis stohnend aus der Fahrerkabine hupft und um den Truck stiefelt. Er offnet die Scharniere und lasst die Rampe herunter, bis sie auf dem Burgersteig aufkommt.

Im Schein der Buhnenlampen kommen die Zombies immer naher, sind jetzt nur noch hundert Meter entfernt.

Bob hort schlurfende Schritte hinter sich und wirft einen Blick uber die Schulter.

Aus den Schatten des Stadtzentrums, im flackernden Schein brennender Mulltonnen, erscheint Dr. Stevens mit dem Arm um den verwundeten Wachmann, der mit gro?ter Muhe neben ihm her humpelt.

»Zieh dir das rein, Bob«, ruft der Governor ihm zu und blinzelt ihn uber die Schulter an. Dann meint er: »Das ist tausendmal besser als Afghanistan oder der Nahe Osten!«

Vierzehn

Die Schreie aus dem leeren Anhanger werden immer lauter und lauter. Der metallene Boden und die Wande wirken wie ein Verstarker, der die Arie der Furcht und der Angst noch prasenter machten. Bob steht hinter dem Kran und fuhlt sich dazu veranlasst, den Blick abzuwenden, wahrend die verwesenden Leichen auf die Offnung in der Barrikade zustolpern. Der Larm und der Geruch der Angst scheint sie magisch anzuziehen. Bob braucht jetzt einen Drink, mehr als je zuvor. Er braucht viele Drinks. Er will den Alkohol formlich einatmen, bis er blind ist.

Mindestens neunzig Prozent der Herde – sie kommen in allen Gro?en und Formen und in verschiedensten Stadien der Verwesung, ihre Mienen durch die Blutgier vollig verunstaltet – taumeln jetzt in Richtung Anhanger. Der erste Untote stolpert uber die Rampe und klatscht mit dem Gesicht zuerst in einem feuchten Bums auf das Metall. Die anderen folgen ihm, drangen sich die leichte Steigung hinauf, wahrend Stinson im Anhanger wie ein Ferkel kreischt. Der Verstand hat ihn schon lange verlassen.

Der dicke Wachmann ist mit Packband und Seil an die hintere Wand des Anhangers gebunden. Er macht sich in die Hose, als die ersten Untoten in den Anhanger schlurfen, um sich an ihm gutlich zu tun.

Drau?en kontrollieren Martinez und seine Manner, dass die Zombies, die es nicht in den Anhanger schaffen – die meisten irren ziellos im Scheinwerferlicht umher – nicht in die sichere Zone kommen. Sie neigen die grauen Kopfe und starren mit ihren milchig-wei?en Augen gen Himmel, als ob das Schreien von dort kommt. Es handelt sich lediglich um ein Dutzend Zombies, die kein Stuck von Stinson abbekommen. Die Manner haben sie mit ihren .50er Kalibern im Visier und warten auf den Befehl, sie zu erledigen.

Der Anhanger fullt sich mit den Kreaturen, Laborratten des Governors, bis beinahe drei Dutzend der Untoten vor Stinson stehen. Das Festmahl beginnt, ungesehen vom Rest der Bewohner, und das Brullen und Kreischen ebbt zu wassrigen, erstickenden Todesschreien ab, als auch der letzte Zombie die Rampe hinaufklettert und im fahrbaren Schlachthaus verschwindet. Die Gerausche, die jetzt aus dem Anhanger ertonen, wirken geradezu animalisch, als Stinson von den verfaulenden Zahnen und Fingernageln der Untoten zu einem quakenden, quiekenden Stuck Etwas reduziert wird.

Drau?en in der kalten Dunkelheit spurt Bob, dass sich seine Seele wie eine Pupille zusammenzieht. Er braucht jetzt einen Drink, und zwar so sehr, dass sein Schadel zu zerplatzen droht. Er nimmt kaum die drohnende Stimme des Governor wahr.

»Alles klar, Travis! Mach die Rampe hoch, jetzt! Schlie? die Sackgesichter ein!«

Vorsichtig schleicht der Fahrer sich um den wackelnden Totenanhanger, ergreift das Seil, das von der oberen Klappe hangt, und gibt ihm einen raschen, schnellen Ruck. Die Klappe fallt mit einem rostigen Quietschen herab. Travis verriegelt rasch das Schloss und nimmt dann Abstand von dem Anhanger, als ob es sich um eine Zeitbombe handeln wurde.

»Und jetzt zum Stadion damit, Travis! Ich bin auch gleich da!«

Der Governor dreht sich um und geht zu Martinez, der noch immer auf den ersten Stufen des Krans wartet. »Okay, jetzt konnt ihr euren Spa? haben«, meint er.

Martinez druckt auf den Sprechknopf. »Alles klar, Leute – dann kummert euch mal um das, was ubrig geblieben ist.«

Bob fahrt vor Schreck zusammen, als der Larm der schweren Geschutze und die Funken der .50-Kaliber- Einheiten die Nacht erschuttern. Das Mundungsfeuer hinterlasst in der Dunkelheit hei?e, blitzende Strahlen, die kreuz und quer vor den Buhnenlichtern durch die Luft sausen und beim Aufprall schwarze, olige Blutwolken verursachen. Bob wendet sich erneut ab. Er will gar nicht mit ansehen, wie die Zombies abgeknallt werden. Beim Governor jedoch ist das anders.

Er klettert den Kran bis zur Halfte hinauf, damit er auch ja alles genau verfolgen kann.

Es dauert nicht lange, bis die panzerbrechende Munition auch den letzten Untoten vernichtet hat. Schadel explodieren, Gehirnmasse fliegt hoch in die nachtliche Luft, Zahne, Haare, Knorpelmasse und Knochen werden zerfetzt. Einige der Zombies bleiben noch eine Weile stehen, wahrend sie im Kugelhagel mit erhobenen Armen einen makabren Totentanz im Schein der Buhnenlampen veranstalten. Bauche platzen, und glitzerndes Gewebe schie?t durch die erhellte Luft.

Die Salve hort genauso schnell wieder auf, wie sie angefangen hat. Die Stille drohnt in Bobs Ohren.

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