Tatigkeit (Sicherstellung von Kunstgegenstanden) den Stab Gen.Kdo. L.A.K….

Einer der gro?ten Kunstraube der Geschichte war damit dokumentiert.

Zwei Tage und zwei Nachte waren sie unterwegs: 930 Kilometer durch Regen, Schlamm, zahen Lehm und klebenden Morast. In Kauen mu?ten drei Lkws in die Werkstatt, nachdem man sie muhsam mit Abschleppseilen mitgezogen hatte. Der Werkstattleiter der 3. Nachschubkompanie, ein Oberfeldwebel, stellte zwei Federbruche, einen Getriebeschaden und eine angeknackste Achse fest und meldete dann:»Reparatur wird drei Tage dauern. Dazu mussen die Lkws entladen werden.«»Die Reparatur wird drei Stunden dauern!«hatte Dr. Wollters gebrullt.»Und nicht ein Staubkorn wird entladen. Das wollen wir doch mal sehen!«

Hier erwies sich, da? ein Rittmeister mehr Autoritat ausstrahlte als ein Sonderfuhrer, ein Schmalspur- Offizier. Wollters lie? sich bei dem Kommandeur des Nachschub-Bataillons melden, legte diesem — einem Hauptmann — seine Legitimation vor und wartete die Reaktion ab. Der Hauptmann brauchte reichlich viel Zeit, das Schreiben zu lesen.

«Im Fuhrer-Auftrag!«sagte Wollters schnarrend.»Drei Tage Warten sind ein Wahnsinn. Im Fuhrerhauptquartier wartet man auf meine Vollzugsmeldung. Soll ich melden: In Kauen bin ich an lahme Arsche geraten?«

Der Hauptmann gab das Schreiben zuruck und sah Wollters verkniffen an. Du aufgeblasener Affe, dachte er. Auch der Fuhrer kann keine Achse hopp-hopp unter einem vollbeladenen Lkw wechseln.»Wir werden unser Bestes tun«, sagte er kuhl.»Wir werden die Nacht durcharbeiten.«

«Das habe ich auch angenommen.«

Wollters gru?te und verlie? die Bataillonsgeschaftsstelle wie ein Sieger. In der Werkstatt wu?te man schon durch das Telefon Bescheid. Man war gerade dabei, den ersten Wagen aufzubocken. Julius Paschke, voll Sorge um Jana, wieselte um Dr. Runnefeldt herum und redete auf ihn ein.

«Die anderen 15 Wagen konnen doch weiterfahren nach Konigsberg!«sagte er.»Oder — noch besser — Sie fahren mit 14 Wagen nach Konigsberg, Herr Sonderfuhrer, und ick bleibe mit meinem Fahrzeug hier und komme dann mit den anderen drei nach. Da kann gar nichts passieren. «Er blickte Dr. Runnefeldt treuherzig in die Augen:»Det vaspreche ick Sie…«fiel er in seinen Dialekt zuruck.

«Wir bleiben zusammen, Paschke. «Dr. Runnefeldt schuttelte den Kopf.»Auf einen Tag mehr oder weniger kommt es nicht an. Der Herr Rittmeister will blo? ein bi?chen Rummel machen…«

Und wat mach ick mit Jana, dachte Paschke erschrokken. Hier kann se nirgendwo Luft schnappen, ick kann se nich futtern, det fallt ja uff, und raus kann se ooch nich. War schon bisher en Risiko, wenn se nachts ausem Wagen jeklettert is. Aba hier, uff'm Hof der Werkstatt… det jeht ins Auge. Wat soll ick blo? tun?

Noch einmal versuchte er, wortreich Dr. Runnefeldt davon zu uberzeugen, da? Nachkommen besser sei als Warten. Und es regnete noch immer.»Ick schaff det schon, Herr Sonderfuhrer«, beteuerte er.»Mir halt so'n Schlamm nich uff…«

«Hinter Kauen werden die Stra?en besser, Paschke. Es bleibt dabei: Wir bleiben zusammen.«

Es hatte keinen Sinn, weiter auf Dr. Runnefeldt einzureden. Paschke verlie? die Werkstatt, schlenderte hinuber zu den auf dem Hof nebeneinander stehenden Lkws und kletterte uber die Ladeklappe in das Innere seines Wagens. Das fiel nicht auf… bisher hatte Unteroffizier Paschke noch jeden Tag die Ladung seiner Kolonne uberpruft, ob nichts verrutscht oder eine Kiste beschadigt war.

«Ick bin's!«sagte er in das Halbdunkel des Laderaumes hinein.»Is allet 'ne jeruhrte Schei?e, Madchen…«

Er zwangte sich nach hinten durch die Kisten und lehnte sich wieder an die holzverschalte Marienstatue. Jana hockte auf dem Boden und starrte ihn aus weiten Augen an. In der Wagenecke stand der Eimer, noch unbenutzt.

«Wir mussen hierbleiben«, sagte Paschke und hob hilflos die Schultern.»Ick wollte voraus — nix zu machen. Wat nun?«

«Wie lange?«fragte Jana ruhig. Nichts schien es zu geben, was sie aufregen konnte… wenigstens au?erlich.

«Wer wee? det? Uba Nacht bestimmt… Ick kann dir Essen bringen, det fallt nich uff… aber mit Strullen un so… ist nix. Mu?t'n Eimer benutzen, Madchen, kannst ja nicht raus aus'm Kasten, ooch nachts nich. Det wimmelt hier von Landsern.«»Wir schaffen es schon, Julius«, sagte Jana. Nicht sie mu?te beruhigt werden, sondern der nervose, zappelige Paschke.»Wir sind ja bald in Konigsberg.«

«Noch 170 Kilometer…«

«Knapp einen Tag…«

«Wo willste denn raus?«

«Irgendwo in Konigsberg. Am Rande vielleicht, bei einer Rast.«

«Det dich jeda sieht? Nee! Det geht nur in de Nacht…«

«Dann vor Konigsberg, Julius.«

«Kommt druff an, wann mer hier wegkommen. «Paschke griff in die Tasche seines Mantels und holte zwei Butterbrote mit Kase und eine Flasche Mineralwasser hervor.»Det war allet, wat ick in der Kantine erjattern konnte. Vielleicht kann ick noch'n Schlag Suppe orjanisieren. Wird allet schwerer, Madchen, als bisher. Sind zu vill Oogen da.«

Er kletterte zuruck ins Freie, inspizierte noch drei Lkws, gewisserma?en als Alibi, bummelte dann zuruck in die Werkstatt und sah den Mechanikern zu, die fluchend in der Grube oder an einer Hebebuhne an den vollbeladenen Wagen herumarbeiteten. Rittmeister Wollters und Sonderfuhrer Dr. Runnefeldt waren mit dem Kubelwagen zum Kasino des Nachschubbataillons gefahren, um sich frisch zu machen und etwas Gutes zu essen. Vorher hatte es noch eine kleine Auseinandersetzung gegeben.

«Mu? dieser Wachter denn mit?«hatte Wollters hochmutig gefragt.»Er ist Zivilist und gehort in kein Offizierskasino.«

«Er ist unser Gast, Herr Wollters.«

«Ihr Gast. Das ist ein Unterschied, und den halten wir mal deutlich fest. Ein Museumsdiener im Kasino. Ubertreiben Sie nicht, Herr Runnefeldt.«

«Wachter kann uns noch sehr wertvoll sein. Vor allem Dr. Findling wird sich freuen.«

«Uber was denn?«»Wachter ist mit dem Bernsteinzimmer aufgewachsen. Wenn jemand das Zimmer bis ins kleinste Detail kennt, dann nur er… das kann uns beim Aufbau in Konigsberg oder Linz sehr nutzlich sein. Wir mussen weiterdenken..«

«Danke fur die Belehrung!«Wollters war sauer und zeigte es auch. Er sprach mit Wachter kein Wort und ging als erster ins Kasino, als wollte er damit demonstrieren, da? er, als Rittmeister, immer den Vortritt habe.

Die Reparatur der drei Lkws dauerte doch langer, als der Werkstattleiter geschatzt hatte. Erst am nachsten Abend konnte der Oberfeldwebel melden:»Alles klar.«

«Wurde auch Zeit!«knurrte Wollters.

«Das war eine einmalige Leistung, Herr Rittmeister. Woher haben Sie diese Gurken denn bekommen? Da wackelt und rostet ja alles.«

«Von Gauleiter Koch personlich.«

«Dann will ich nichts gesagt haben. «Der Oberfeldwebel hob abwehrend beide Hande. Doch er grinste dabei.»Das sind hervorragende Wagen, bestens gepflegt! Pech kann man ja mit dem zuverlassigsten Wagen haben…«

«Wir fahren sofort weiter!«Dr. Runnefeldt verabschiedete sich von dem Werkstattleiter mit Handschlag, was Wollters unter seiner Wurde fand.»Schatze, da? wir gegen ein Uhr nachts in Konigsberg sind.«

«Wollen Sie Gauleiter Koch aus dem Bett holen?«

«Ich nehme an, er wird noch gar nicht drin sein. «Dr. Runnefeldt lachte verhalten.»Ich werde ihn kurz vor unserer Abfahrt anrufen. Wie ich Koch kenne, wird er diese Nacht auf sein Bett verzichten, selbst wenn schon jemand darin wartet…«

Wollters sah Dr. Runnefeldt erstaunt an. Welche Reden! Er sah auf seine Uhr.»Haben wir noch Zeit, zu Abend zu essen?«

«Naturlich.«

«Im Kasino gibt es heute Rouladen mit Rotkohl. «Wollters hob die Augenbrauen.»Kommt dieser Museumsdiener wieder mit?«

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