«Es ist nur. «Er blieb stehen und nahm ihre Hande, ku?te sie und sah sie feurig an. Da? ihm das noch gelang, war selbst fur ihn verbluffend.»Favorita, hast du Lust, eine kleine Reise zu machen?«

«Eine Reise? Mit dir?«Sabines Herz setzte einen Augenblick aus. Es wird Ernst, dachte sie. Was soll ich tun? Im letzten Moment fiel ihr ein, was jeden Mann von weiterem Drangen abhalten mu?te:»Aber ich mu? doch in Borkum bleiben! Vielleicht kommt in Kurze mein Mann.«

Das wei? ich besser, dachte Bornemeyer. Anstatt sich zuruckzuziehen, wurde er zur gro?ten Verbluffung Sabines doppelt so feurig.

«Immer dein Mann! Immer! Ich werde wild!«rief er.»Ja, ich konnte ihn ermorden! Erdolchen, das ist eine Spezialitat meiner Familie! Seit der Renaissance erdolchen wir uns! Oh!«Er umarmte sie, ungeachtet der Passanten, die uber die Promenade gingen und diskret die Szene ubersehen wollten.»Komm mit mir, Madonna! Ich flehe dich an! Ich habe ein Telegramm bekommen! Ich mu? nach Frankreich.«

Sabines Kopf flog herum.»Nach Paris?!«rief sie begeistert. Peter! Zu Peter!

«Nein, nicht Paris! Ich mu? ans Mittelmeer. Nach Nizza!«

Nizza fiel Bornemeyer beim Sprechen ein. Als er es gesagt hatte, bekam er eine heillose Angst vor den Konsequenzen. Nicht nur Borkum, sondern auch Nizza mu?te Dr. Portz bezahlen! Ob er es tat, war eine Frage, die in den Sternen lag. Au?erdem war Nizza weit. Man mu?te nur eine Begrundung finden, die Dr. Portz anerkannte.

«Nizza ist ein Garten Eden!«sagte Ferro schwarmerisch.»Kennst du Nizza?«

«Nein.«

«Ein Paradies! Und ich sehne die Stunde herbei, in der du zu mir als Schlange kommst.«

«Sie wird bei?en!«sagte Sabine kritisch.

«Ich werde den Bi? mit einem goldenen Medaillon einrahmen!«»Du bist ein unverbesserlicher Charmeur.«

Sie lachte und ging weiter. Ferro trottete hinter ihr her.

In ihrem gemeinsamen Zimmer trennte sie wieder die spanische Wand. Sie zogen sich um. Bornemeyer sa? in Unterhosen auf seinem Bett und hatte Angst vor seinem eigenen Mut.

«Ist es dir recht, wenn wir schon morgen fahren?«fragte er.

Sabines Lachen girrte durch die spanische Wand. Ein Parfumzerstauber zischte. Es roch nach frischen Maiglockchen.

«Ich habe ja gar nicht gesagt, da? ich mitfahre!«

«Ich setze es voraus, Madonna!«

«Wie selbstherrlich! Und wenn ich nein sage?«

«Du sagst nicht nein! Ich wei?, du bist auf Nizza viel zu neugierig, um nein zu sagen! Es reizt dich, im Paradies die Schlange zu spielen! Welche Frau ware nicht neugierig auf Nizza?«

«Ich.«

«Du lugst! Verzeih, Favorita, aber du lugst! Es liegt nur an der Geschicklichkeit des Mannes, ob eine Frau nach einer Stunde oder nach einem Jahr >Ja< sagt!«

«Und wieviel Zeit gibst du mir, Ermano?«

«Im hochsten Fall eine Minute!«

«Pfui!«Sie lachte dabei, aber dieses Lachen war vermischt mit Angst. Bornemeyer nahm es als klare Antwort hin.

Im Speisesaal des >Seeadler< erwartete Ferro eine unangenehme Uberraschung. Die Post war mit dem Schiff gekommen und gerade verteilt worden.

Kaum sa? er mit Sabine Sacher am Tisch und war damit beschaftigt, eine knusprig gebackene Seezunge >Mullerin Art< von den Graten zu schalen, als der Boy zuerst Sabine, dann Ferro ein gelbes Kuvert uberreichte.

Telegramme!

«Bitte entschuldige einen Augenblick«, sagte Ferro mit einem unguten Gefuhl im Magen. Er machte dabei ein Gesicht, als stinke die herrliche Seezunge, schlitzte das Kuvert auf und las zuerst die Unterschrift.

Dr. Portz. Bornemeyer bi? sich auf die Lippen. Das Telegramm lautete:

nichts weiter unternehmen — stop — brief abwarten — stop — alle unterlagen vernichten — stop — untersage alle transaktionen — stop — portz.<

Zur gleichen Zeit las auch Sabine Sacher ihre Nachricht. Auch sie kam aus Dusseldorf und lautete kurz:

>haben alles erfahren — stop — ihr mann au?er sich — stop — ruckkehr nach dusseldorf dringendst empfohlen — stop — warten sie bitte brief ab — stop — dr. portz.<

Ermano Ferro zerknullte das Telegramm und steckte es in die Hosentasche. Mit bleichen Lippen schob er die Seezunge weg. Der Appetit war ihm vergangen.

Mit gro?en Augen sah ihn Sabine an. Sie war bla? geworden und legte die Hande auf ihren Scho?, weil sie zitterten.

«Ist es etwas Schlimmes?«fragte sie angstlich.

Bornemeyer schuttelte heftig den Kopf.

«Nein, nein! Rein geschaftlich! Mein Kompagnon, man soll nie Kompagnons haben, drahtet mir, da? die Fertigstellung der neuen Automodelle sich um zwei Monate verzogert. Am Auspuff stimmt etwas nicht.«

«Am Auspuff.«

«Ja!«

«Das ist wohl ein gro?er Schaden fur dich?«

Ferro hob die Hand. Er lachelte gewaltsam.»Ich werde es verschmerzen mussen! Und dein Telegramm, Carissima? Von deinem Mann?!«

«Nein, nein!«Sabine steckte das Telegramm in ihre kleine Handtasche.»Eine Nachricht von einer Freundin. Man soll so wenig Freundinnen wie moglich haben. Es sind alles Schlangen! Diese hier will nach Borkum kommen! Gerade jetzt! Und ich kann diese Frau nicht ausstehen!«Sie ergriff Ferros Hand.»Ermano, wann fahren wir nach

Nizza?!«

«Du kommst mit?!«schrie Bornemeyer fast.

«Ja! Ich mu? weg von hier!«

«Wir fahren sofort! Mit dem nachsten SchiffiVon Emden nach Brussel! Von dort nach Paris.«

«Paris!«Sabine schauderte zusammen, als frore sie.»Mussen wir uber Paris?«

«Nur umsteigen. Von dort geht's nach Nizza!«Ferro schnellte vom Stuhl hoch.»Ich lasse sofort unsere Koffer packen. Ja?«

«Ja.«

Ferro eilte aus dem Speisesaal.

Flucht, das war auch der erste Gedanke bei Sabine, als sie das Telegramm las. Peter wei? alles. Und er tobte! Peter war nie jahzornig, aber welcher Mann bleibt gelassen, wenn er erfahrt, da? seine Frau.

Sabine stutzte den Kopf in beide Hande. Wieso ist er so aufgeregt, dachte sie. Wenn seine Frau ihm vollig gleichgultig ist, braucht er nicht den starken und wilden Mann zu spielen. Und was hatte man im Grunde genommen denn getan? Man hatte sich umschwarmen lassen, man hatte sich kussen lassen. Beim letzten Karneval in Dusseldorf hatte Peter mindestens zwanzig Frauen geku?t, und keiner hatte es ubel genommen. Und wei? man, was er in Paris getan hat oder noch tut?

Sabine Sacher ging auf ihr Zimmer. Hinter der spanischen Wand horte sie Ferro rumoren. Er packte.

Dieses Zimmer, dachte sie. Ein Doppelzimmer! Naturlich gibt es zu kritischen Betrachtungen Anla?. Aber konnte sie dafur, da? die Hotelleitung falsch disponiert hatte? Sie hatte das Zimmer allein gemietet. Das konnte sie beweisen. Und zudem war eine spanische Wand dazwischen, ohne Locher und Ritzen!

Juristisch allerdings bleibt ein Doppelzimmer immer ein Doppelzimmer. Es war nur unerhort, da? Peter auf einmal so juristisch dachte!

Sie setzte sich auf das Bett, starrte gegen die spanische Wand, und plotzlich weinte sie, obgleich sie es nicht wollte.

Ein leises Klopfen schreckte sie auf. Ferro trommelte mit dem Fingerknochel gegen die spanische Wand.

«Favorita!«

Вы читаете Bittersusses 7. Jahr
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату
×