Sie genasen von den Schmerzen, wie wohl noch mancher seither. (1102)* Kriemhild der Sinne ledig in Ohnmächten lagDen Tag und den Abend bis an den andern Tag.Was jemand sprechen mochte, es ward ihr gar nicht kund;Es lag in gleichen Nöten auch der König Siegemund. (1103)* Kaum dass ihn zur Besinnung zu bringen noch gelang.Seine Kräfte waren von starkem Leide krank,Das war wohl kein Wunder. Da sprach zu ihm sein Bann:“Herr, ihr sollt zur Heimat: Uns duldets hier nicht mehr fortan.” (1104)
18. Abenteuer
Wie Siegmund heimkehrte
Der Schwäher Kriemhildens ging hin wo er sie fand:Da sprach er zu der Königin: “Lasst uns in unser Land:Wir sind unliebe Gäste, wähn ich, hier am Rhein.Kriemhild, liebe Fraue, nun folgt uns zu dem Lande mein. (1105)“Dass man in diesen Landen uns so beraubet hatEures edeln Mannes durch böslichen Verrat,Ihr sollt es nicht entgelten: Getreu will ich euch sein.Aus Liebe meines Sohnes und des edeln Kindes sein. (1106)Ihr sollt auch, Fraue, herrschen mit aller der Gewalt,Die Siegfried euch verliehen, der Degen wohlgestalt.Das Land und auch die Krone sei euch untertan:Euch sollen gerne dienen die Degen in Siegfrieds Bann.” (1107)Dass man reiten wollte, den Knechten wards gesagt:Da sah man nach den Rossen eine schnelle Jagd;Sie mochten ungern leben in der starken Feinde Land.Fraun und Maide suchten hervor ihr Reisegewand. (1108)Als König Siegmund gerne wäre weg geritten,Da begann Kriemhilden die Mutter zu bitten,Sie sollte bei den Freunden im Lande doch bestehn.Da sprach die Freudenarme: “Das kann schwerlich geschehn: (1109)Wie vermöcht ichs, mit den Augen den immer anzusehn,Von dem mir armen Weibe so großes Leid geschehn?”Da sprach der junge Geiselher: “Liebe Schwester mein,Du sollst bei deiner Treue hier bei deiner Mutter sein. (1110)Die dir das Herz beschwerten und trübten deinen Mut,Du bedarfst nicht ihrer Dienste, du zehrst von meinem Gut.”Sie sprach zu dem Recken: “Das kann ja nicht geschehn:Vor Leide müsst ich sterben, wenn ich Hagen sollte sehn.” (1111)“Der soll dir nicht begegnen, viel liebe Schwester mein.Du sollst bei Geiselheren, deinem Bruder sein;Ich will die wohl vergüten deines Mannes Tod.”Da sprach die Freudenarme: “Das täte Kriemhilden Not.” (1112)Als er ihr der Junge so gütlich erbot,Da begannen auch zu flehen Ute und GernotUnd ihre treuen Freunde, sie möchte da bestehn:Sie habe wenig Sippen unter Siegfriedens Lehn. (1113)“Sie sind euch alle fremde;” sprach da Gernot,“Wie stark auch einer gelte, so rafft ihn doch der Tod.Bedenkt das, liebe Schwester und tröstet euern Mut:Bleibt hier bei euern Freunden, es gerät euch sicher gut.” (1114)Sie gelobt' es Geiselheren, sie wolle da bestehn.Da brachte man die Rosse denen in Siegmunds Lohn,Als sie reiten wollten nach Nibelungenland;Da war auch aufgesäumt der Recken Zeuch und Gewand. (1115)Da ging König Siegmund vor Kriemhilde stehnUnd sprach zu der Fraue: “Die in Siegfrieds LehnWarten bei den Rossen: Reiten wir denn hin,Da ich gar so ungern hier bei den Burgonden bin.” (1116)Da sprach Frau Kriemhilde: “Mir raten Freunde mein,Die besten die ich habe, bei ihnen soll ich sein.