Hagen sprach zum König: “Es vertraut ein kluger Mann Solche Schätze nimmer einer Frauen an: Sie bringts mit ihren Gaben wohl noch an den Tag, Da es sehr gereuen die kühnen Burgonden mag.” (1165) Da sprach König Gunther: “Ich schwur ihr einen Eid, Dass ich ihr nimmer wieder fügen wollt ein Leid Und will es künftig meiden: Sie ist die Schwester mein.” Da sprach wieder Hagen: “Lasst mich den Schuldigen sein.” (1166) Sie nahmen ihre Eide meistens schlecht in Hut: Da raubten sie der Witwe das mächtige Gut. Hagen aller Schlüssel dazu sich unterwand; Ihr Bruder Gernot zürnte, als ihm das wurde bekannt. (1167) Da sprach der junge Geiselher: “Viel Leides ist geschehn Durch Hagen meiner Schwester: Dem sollt ich widerstehn: Wär er nicht mein Vetter, es ging' ihm an den Leib.” Wieder neues Weinen begann da Siegfriedens Weib. (1168) Im Unmut sprach da Gernot: “Eh wir solche Pein Mit diesem Golde litten, wir solltens in den Rhein Allzumal versenken: So hört es niemand an.” Sie kam mit Klaggebärde da zu Geiselher heran. (1169) Sie sprach: “Lieber Bruder, du sollst gedenken mein, Des Lebens und des Gutes sollst du ein Vogt mir sein.” Da sprach er zu der Fraue: “Wohl, es soll geschehn, Wenn wir wiederkommen: Eine Fahrt ist zu bestehn.” (1170) Gunther und seine Freunde räumten da das Land. Die allerbesten drunter, die man irgend fand. Hagen nur alleine verblieb um seinen Hass, Den er Kriemhilden hegte: zu ihrem Schaden tat er das. (1171) Eh der reiche König wieder war gekommen, Derweilen hatte Hagen den ganzen Schatz genommen: Er ließ ihn dort bei Lochheim versenken in den Rhein. Er wähnt', er sollt ihn nutzen; das aber konnte nicht sein. (1172) Die Fürsten kamen wieder, mit ihnen mancher Mann. Kriemhild den großen Schaden zu klagen da begann Mit Mägdlein und Frauen: Sie hatten Herzeleid. Gern war ihnen Geiselher zu aller Treue bereit. (1173) Da sprachen sie einhellig: “Er hat nicht wohlgetan.” Bis er zu Freunden wieder die Fürsten sich gewann Entwich er ihrem Zorne: Sie ließen ihn genesen. Da könnt ihm Kriemhilde wohl nicht feinder sein gewesen. (1174) Bevor von Tronje Hagen den Schatz also verbarg, Da hatten sie's beschworen mit Eiden hoch und stark, Dass er verhohlen bliebe so lang sie möchten leben: So konnten sie ihn nicht nutzen noch ihn jemand anders geben. (1175) Mit neuem Leide wieder belastet war ihr Mut, Erst um des Mannes Leben und nun da sie das Gut Ihr so gar benahmen: Da ruht' auch ihre Klage So lange sie lebte nimmer bis zu ihrem jüngsten Tage. (1176) Nach Siegfriedens Tode, das ist alles wahr, Lebte sie im Leide wohl dreizehn Jahr, Dass ihr der Tod des Recken stets im Sinne lag: Sie war ihm je getreue; das rühmen ihr die Meisten nach. (1177) * Eine reiche Fürstenabtei stiftete Ute Nach Dankratens Tode von ihrem Gute, Mit großen Einkünften, die es noch heute zieht, Dort zu Lorsch das Kloster, das man in hohen Ehren sieht. (1178) * Dazu gab auch Kriemhilde hernach ein großes Teil, Um Siegfriedens Seele und aller Seelen Heil, Gold und Edelsteine mit williger Hand; Getreuer Weib auf Erden ward uns selten noch bekannt. (1179) * Seit Kriemhild König Gunthern hold ward wie zuvor, Und doch den großen Hort dann durch seine Schuld verlor, Ihres Herzeleides wurde da noch mehr: Da zöge gern von dannen die Fraue edel und hehr. (1180) * Nun war Frau Uten ein Sedelhof bereit