Wo der Bischof Pilgerin die schöne Kriemhilde fand. (1340) Den Recken von dem Lande war es nicht zu leid, Als sie ihr folgen sahen so manche schöne Maid; Da kos'ten sie mit Augen manch edeln Ritters Kind. Gute Herbergen schuf man den Gästen geschwind. (1341) * Dort zu Plädelingen schuf man ihnen Ruh; Das Volk allenthalben ritt auf sie zu. Man gab, was sie bedurften, williglich und froh: Sie nahmen es mit Ehren; so tat man bald auch anderswo. (1342) Der Bischof mit seiner Nichte ritt auf Passau an. Als das den Bürgern der Stadt war kundgetan, Das Schwesterkind des Fürsten, Kriemhilde wolle kommen, Da ward sie wohl mit Ehren von den Kaufherrn aufgenommen. (1343) Als der Bischof wähnte, sie werde da bestehn, Sprach Eckewart der Degen: “Wie möchte das geschehn? Wir müssen weiter ziehen in Rüdigers Land: Viel Degen harren unser: ihnen allen ists bekannt.” (1344) Nun wusste wohl die Märe die schöne Gotelind; Sie rüstete sich fleißig und auch ihr edel Kind. Ihr hat entboten Rüdiger, ihn bedünk es gut, Wenn sie der Königstochter damit tröste den Mut, (1345) Und ihr entgegenreite mit seinem ganzen Bann Hinauf zu der Ense. Als man das begann, Da sah man allenthalben gefüllt die Straßen stehn: Sie wollten ihren Gästen entgegen reiten und gehn. (1346) Da war nach Efferdingen die Königin gekommen. Man hat im Bayerlande von Schächern viel vernommen, Die auf den Straßen raubten wie ihre Sitte war: Vielleicht hätt auch die Gäste beschädigt dieser Räuber Schar. (1347) Dem ward wohl widerstanden von dem Markgrafen hehr: Er führte tausend Ritter oder wohl noch mehr. Da kam auch Gotelinde, Rüdigers Gemahl, Mit ihr im stolzen Zuge gute Recken ohne Zahl, (1348) Sie kamen über die Traune bei Ens auf das Feld: Da sah man aufgeschlagen Hütten und Gezelt, Dass zur Nacht die Gäste fänden gute Ruh. Für ihre Kost zu sorgen kam dem Markgrafen zu. (1349) Von den Herbergen ritt ihnen entgegen Die schöne Gotelinde. Da zogen auf den Wegen Mit klingenden Zäumen viel Pferde wohlgetan. Sie wurden schön empfangen; lieb tat man Rüdigern daran. (1350) Die sie zu beiden Seiten empfingen auf den Wegen Mit kunstvollen Reiten, das waren viel der Degen. Sie übten Ritterspiele; das sah da manche Maid. Der Ritterdienst der Degen war der Königin nicht leid. (1351) Als zu den Gästen kamen die in Rüdgers Lehn, Sah man der Schaftsplitter viel in die Lüfte gehn Von der Recken Händen nach ritterlichen Sitten. Da wurde wohl zu Danke vor der Frauen geritten. (1352) Sie ließen es bewenden. Da grüßte mancher Mann Freundlich den andern. Nun führten sie heran Die schöne Gotelinde, wo sie Kriemhild sah. Wer Frauen dienen konnte hatte wenig Muße da. (1353) Der Vogt von Bechelaren ritt zu Gotlinden hin. Wenig Kummer schuf es der edeln Markgräfin, Dass er so wohl geborgen vom Rheine war gekommen; Ihr war die meiste Sorge durch große Freude benommen. (1354) Als sie ihn hat empfangen, ließ er sie auf das Feld Mit den Frauen steigen, die sich zu ihr gesellt. Da zeigte sich geschäftig mancher edle Mann; Den Frauen wurde Dienste mit großem Fleiße getan. (1355) Da sah Frau Kriemhilde die Markgräfin stehn Mit ihrem Ingesinde: Sie ließ nicht näher gehn: Sie zuckte mit dem Zaume das Ross, das sie trug, Und ließ sich aus dem Sattel heben schleunig genug. (1356)