So frag ich um die Märe die in der Kriemhilde Lehn.” (1895)“Nicht doch, wenn ihr mich liebet,” sprach Hagen dagegen,“Wenn ihr das Haus verließet, diese schnellen DegenBrächten euch mit Schwertern leicht in solche Not,Dass ich euch helfen müsste, wärs aller meiner Freunde Tod. (1896) “Wenn wir dann beide gerieten in den Streit,So drängen ihrer viele oder vier in kurzer ZeitLeichtlich zu dem Hause und schüfen solche NotAn den Schlafenden drinnen, dass wir bereuten bis zum Tod.” (1897)Da sprach wieder Volker: So lasst es nur geschehn,Dass sie inne werden, wir haben sie gesehn:So können uns nicht leugnen die in Kriemhilds Bann,Dass sie an den Gästen gern untreu hätten getan.” (1898)Da rief ihnen Volker entgegen gleich zur Hand:“Was geht ihr so gewaffnet, ihr Degen auserkannt?Wollt ihr morden reiten, ihr in Kriemhilds Bann?So nehmt mich zur Hilfe und meinen Heergesellen an.” (1899)Niemand gab Antwort; zornig war sein Mut:“Pfui, ihr verzagten Wichter,” so sprach der Degen gut;“Im Schlaf uns zu ermorden, schlicht ihr dazu heran?Das ward so guten Helden bisher noch selten getan.” (1900)Da ward auch die Märe der Königin bekanntVom Abzug ihrer Boten: Wie schwer sie das empfand!Da fügte sie es anders; gar grimmig war ihr Mut.Das mussten bald entgelten viel der Helden kühn und gut. (1901)
31. Abenteuer
Wie die Herren zur Kirche gingen
“Mir wird so kühl im Harnisch,” sprach der Fiedeler,“Als ob die Nacht nicht länger währen wolle mehr:Ich fühl es an den Lüften, es ist nicht weit vom Tag.”Da weckten sie gar manchen, der da im Schlafe noch lag (1902)Da schien der lichte Morgen den Gästen in den Saal.Hagen begann zu fragen die Ritter allzumal,Ob sie zu dem Münster zur Messe wollten gehn?Nach Site bei den Christen erscholl der Glocken Getön. (1903)Der Gesang war ungleich; kein Wunder mocht es sein,Dass Christen mit Heiden nicht stimmen überein.Da wollten zu der Kirche die in Gunthers Lehn:Man sah sie von den Betten all zumal da erstehn. (1904)Da schnürten sich die Recken in also gut Gewand,Dass wohl niemals Helden in eines Königs LandBessre Kleider brachten Hagen war es leid:Er sprach: “Ihr tätet besser und trüget Kleider zum Streit. (1905) Nun ist euch zur Genüge die Märe wohl bekannt:Drum traget statt der Rosen die Waffen an der Hand;Statt wohl gesteinter Hüte die lichten Helme gut,Da wir so wohl erkennen der argen Kriemhilde Mut. (1906)Wir müssen heute streiten, das will ich euch sagen.Statt seidner Hemden sollt ihr Halsbergen tragen;Statt der reichen Mäntel die guten Schilde breit,Wenn jemand mit euch zürnet, dass ihr in der Wehr seid. (1907)Meine leiben Herren, ihr Freunde wie mein Bann,Geht nun zu dem Münster williglich heranUnd klaget Gott dem reichen eure Sorg und Not;Denn wisset unbezweifelt, es naht uns allen der Tod. (1908)Ihr sollt auch nicht vergessen was von euch geschah,Und steht andächtgen Herzens vor euerm Gotte da.Daran will ich euch mahnen, ihr guten Recken hehr;Es wend' es Gott denn anders, so hört ihr keine Messe mehr.” (1909)Sie gingen zu dem Münster die Fürsten wie ihr Lehn.