Und brachten Ortlieben, den jungen König hehr,An den Tisch der Fürsten, wo auch Hagen saß:Das Kind must ersterben durch seinen mordlichen Hass. (1974)Als der reiche König seinen Sohn ersah,Zu seiner Frauen Brüdern gütlich sprach er da:“Schauet, meine Freunde, das ist mein einzig Kind,Und das eurer Schwester; das sei euch allen hold gesinnt. (1975)“Gerät er nach dem Stamme, er wird ein kühner Mann,Reich und voll Adel, stark und wohlgetan.Erleb ich es, ich geb ihm zwölf reicher Könge Land,So tut euch wohl noch Dienste des jungen Ortliebes Hand. (1976)“Darum will ich euch bitten, lieben Freunde mein,Wenn ihr nach Hause wieder reitet an den Rhein,Dass ihr mit euch nehmet eurer Schwester Kind;Und seid auch dem Knaben immer gnädiglich gesinnt: (1977)“Erzieht ihn nach Ehren bis er gerät zum Mann:Hat euch in euerm Lande jemand ein Leid getan,So hilft er euch es rächen, erwuchs ihm erst der Leib.”Die Rede hörte Kriemhild wohl, des König Etzels Weib. (1978)“Ihm sollten wohl vertrauen alle diese Degen,Wenn er zum Mann erwüchse,” sprach Hagen dagegen;“Doch ist der junge König so schwächlich anzusehn:Man wird mich selten schauen nach Hof zu Ortlieben gehn.” (1979)Der König blickt' auf Hagen; die Rede war ihm leid.Wenn er auch nichts entgegnete, der König allbereit,Es schmerzt' ihn in der Seele und trübte seinen Mut.Da waren Hagens Sinne zu keiner Kurzweile gut. (1980)Es schmerzte wie den König sein fürstlich IngesindWas Hagen da gesprochen hatte von dem Kind.Dass sie's vertragen sollten, ging ihnen allen nah;Noch konnten sie nicht wissen, was von dem Recken bald geschah. (1981)* Gar manche, die es hörten und die ihm trugen Groll,Hätten ihn gern bestanden; der König selber wohl,Wenn er mit Ehren durfte, so käm der Held in Not.Bald tat ihm Hagen Ärgeres, er schlug ihn vor seinen Augen tot. (1982)
32. Abenteuer
Wie Blödel erschlagen ward
Blödels Recken standen gerüstet allzumal.In tausend Halsbergen ereilten sie den Saal,Wo Dankwart mit den Knechten an den Tischen saß:Da hob sich unter Helden der allergrößeste Hass. (1983)Als der Degen Blödel zu den Tischen ging,Dankwart der Marschall mit Gruß ihn wohl empfing;“Willkommen hier im Hause, mein Herre Blödelein;Mich wundert euer Kommen: Sagt, was soll die Märe sein?” (1984)“Heiß mich nicht willkommen,” sprach da Blödelein;“Denn dieses mein Kommen, das soll dein Ende seinUm Hagen deinen Bruder, der Siegfrieden schlug:Das entgiltst du bei den Heunen und andre Degen genug.” (1985)“Nicht doch, Degen Blödel,” sprach da Dankwart,“So möchte bald uns reuen zu Hofe diese Fahrt.Ich war ein Kind, als Siegfried Leben ließ und Leib:Nicht weiß ich was mir wolle dem König Etzel sein Weib.” (1986) “Ich weiß dir von der Märe weiter nichts zu sagen;Es tatens deine Freunde, Gunther und Hagen.Nun wehrt euch, ihr Armen, ihr könnt nicht länger leben;Ihr müsst mit dem Tode ein Pfand hier Kriemhilden geben.” (1987)“Lasst ihrs nicht unterbleiben,” sprach da Dankwart,“So gereut mich meines Flehens: Hätt ich das gespart!”Der schnelle kühne Degen von dem Tische sprang:Er zog eine Waffe, die war gewaltig und lang. (1988)