Da sprach Meister Hildebrand: “Wer soll mit euch gehn? Dei euch am Leben blieben, die seht ihr vor euch stehn: Das bin ich ganz alleine: Die andern, die sind tot.” Da erschrak er ob der Märe, es schuf ihm wahrhafte Not, (2387) Dass er auf Erden nimmer so großes Leid gewann. Er sprach: “Und sind erstorben all die mir untertan, So hat mein Gott vergessen, ich armer Dieterich! Ich herrscht ein reicher König hehr einst und gewaltiglich.” (2388) Wieder sprach da Dietrich: “Wie konnt es nur geschehn, Dass alle sterben mussten, die Helden ausersehn, Vor den Streitmüden, die doch gelitten Not? Mein Unglück schufs alleine, sonst verschonte sie der Tod! (2389) Wenn dann mein Unheil wollte, es sollte sich begeben, So sprecht, blieb von den Gästen einer noch am Leben?” Da sprach Meister Hildebrand: “Gott weiß es, niemand mehr Als Hagen ganz alleine und Gunther der König hehr.” (2390) “O weh, du lieber Wolfhart, und hab ich dich verloren, So mag mich bald gereuen, dass ich je ward geboren. Siegstab und Wolfwein und auch Wolfbrand: Wer soll mir denn helfen in der Amelungen Land? (2391) Helferich der Kühne, und ist auch der erschlagen, Gerbart und Wichart: Wann hör ich auf zu klagen? Das ist für alle Freude mein allerletzter Tag; O weh mir, dass vor Leide niemand doch ersterben mag!” (2392)

39. Abenteuer

Wie Gunther, Hagen und Kriemhild erschlagen wurden

Da suchte sich Herr Dietrich selber sein Gewand; Ihm half, dass er sich waffnete, der alte Hildebrand. Da klagte so gewaltig der kraftvolle Mann, Dass von seiner Stimme das Haus zu schüttern begann. (2393) Doch gewann er wieder den rechten Heldenmut. Gewaffnet ward im Grimme bald der Degen gut; Seinen Schild den festen nahm er an die Hand: Sie gingen bald von dannen, er und Meister Hildebrand. (2394) Da sprach von Tronje Hagen: “Dort seh ich zu uns gehn Dietrich den Herren; der will uns wohl bestehn Nach dem großen Leide, das wir ihm angetan. Nun soll man heute schauen, wen man den Besten nennen kann. (2395) Und dünkt sich denn von Berne der Degen Dieterich Gar so starkes Leibes und so fürchterlich, Und will ers an uns rächen was ihm ist geschehn,” Also sprach Hagen, “ich bin wohl Mann ihn zu bestehn.” (2396) Die Rede hörte Dietrich und Meister Hildebrand. Er kam wo er die Recken beide stehen fand Außen vor dem Hause, gelehnt an den Saal: Sein Schild den guten setzte Dietrich zu Tal. (2397) Im leidvollen Sorgen hub da Dietrich an: “Gunther, reicher König, wie habt ihr so getan An mir Heimatlosem? Was tat ich euch wohl je, Dass alles meines Trostes ich nun verwaiset mich seh? (2398) Ihr fandet nicht Genüge an der großen Not Als ihr uns Rüdigeren, den Helden, schluget tot: Nun raubtet ihr mir alle, die mir sind untertan. Wohl hätt ich solchen Leides euch Degen nimmer getan. (2399) Gedenket an euch selber und an euer Leid, Eurer Freunde Sterben und all die Not im Streit, Ob es euch guten Recken nicht betrübt den Mut; O weh, wie so wehe mir der Tod Rüdgers tut. (2400) Solch Leid geschah auf Erden niemanden je. Ihr gedachtet wenig an mein und euer Weh. Miene Freuden alle liegen von euch erschlagen;
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