und dann, ohne Vorwarnung, packte ihn etwas am Knochel.

Harry wirbelte herum und sah einen Grindeloh, einen kleinen, gehornten Wasserdamon, den Kopf aus dem Tang strecken, die langen Finger fest um Harrys Bein geklammert und die spitzen Vorderzahne gebleckt – rasch steckte Harry seine mit Schwimmhautchen bewachsene Hand in die Tasche und tastete nach seinem Zauberstab – aber bis er ihn in den Fingern hatte, waren zwei weitere Grindelohs aus dem Tang aufgetaucht, hatten sich an seinem Umhang festgeklammert und versuchten ihn in die Tiefe zu ziehen.

»Relaschio!«, rief Harry, doch kein Laut kam aus seinem Mund… nur eine gro?e Blase, und sein Zauberstab scho? auch keinen Funkenstrom gegen die Grindelohs, sondern einen Strahl offenbar kochend hei?en Wassers, denn da, wo er sie traf, flammten rote Flecken auf ihrer grunen Haut auf. Harry entwand sein Bein dem Griff der Grindelohs und schwamm, so schnell er konnte, davon; hin und wieder jagte er einen weiteren hei?en Wasserstrahl blindlings uber die Schultern, denn ihm war, als ob ein Grindeloh noch immer nach seinem Fu? schnappte. Dann stie? er heftig nach hinten aus, und endlich spurte er, wie sein Fu? einen gehornten Schadel traf, und als er einen Blick zuruckwarf, sah er den benommenen Grindeloh mit schielendem Blick davontreiben, wahrend seine Mitdamonen wutend die Faust gegen ihn reckten und sich in ihren Tang zurucksinken lie?en.

Harry ging es nun ein wenig langsamer an, steckte den Zauberstab in den Umhang und blickte lauschend umher, wahrend er einen gro?en Kreis im Wasser schwamm. Die Stille lastete nun noch schwerer auf seinen Trommelfellen. Er wu?te, da? er tief unten im See sein mu?te, doch nichts au?er dem wimmelnden Tang bewegte sich.»Wie kommst du so voran?«

Harry war einem Herzanfall nahe. Er wirbelte herum und sah die Maulende Myrte im nebligen Licht vor sich schwimmen und ihn durch ihre dicke Perlmuttbrille anstarren.

»Myrte!«, versuchte Harry zu rufen, doch wiederum kam nichts als eine gro?e Blase aus seinem Mund. Doch der Maulenden Myrte gelang es zu kichern.

»Vielleicht probierst du es mal dort druben!«, sagte sie und deutete ins Trube.»Ich komm nicht mit… ich mag sie nicht besonders, sie jagen mich immer, wenn ich ihnen zu nahe komme…«

Harry bedankte sich mit nach oben gerecktem Daumen und schwamm erneut los, darauf bedacht, etwas hoher uber dem Tang zu bleiben, um den Grindelohs, die vielleicht noch auf ihn lauerten, zu entgehen.

Er schwamm, wie es ihm vorkam, mindestens zwanzig Minuten lang. Weite Ebenen schwarzen Schlamms, von seinen Flossen trub aufgewirbelt, zogen unter ihm hinweg. Dann endlich horte er einen Fetzen jenes Wassermenschenliedes, das er nicht mehr vergessen wurde:

»In einer Stunde mu?t du es finden

und es uns dann auch wieder entwinden…«

Nach ein paar raschen Zugen sah Harry vor sich einen gro?en Fels aus dem truben Wasser auftauchen. Auf den Stein waren Wassermenschen gemalt; sie trugen Speere und waren offenbar auf der Jagd nach Riesenkraken. Harry schwamm weiter, am Fels vorbei, und folgte dem Wassermenschenlied.

»… die Zeit ist halb um, so zaudre nicht,

sonst sieht, was du suchst, nie mehr das Licht.«

Aus der Dunkelheit ragten plotzlich einige primitive und mit Algen bewachsene steinerne Behausungen ins trube Licht. Durch die dunklen Fenster sah Harry hie und da ein paar Gesichter… Gesichter, die nicht entfernt der Nixe auf jenem Badezimmergemalde ahnelten…

Die Wassermenschen hatten grauliche Haut und langes, wildes, dunkelgrunes Haar. Ihre Augen waren gelb, wie ihre splittrigen Zahne, und sie trugen dicke Perlenschnure um den Hals. Mit scheelen Blicken verfolgten sie grinsend, wie Harry vorbeischwamm; einige wenige kamen aus ihren Hohlen, um ihn besser betrachten zu konnen; sie trugen Speere in den Handen und durchpeitschten das Wasser mit ihren kraftigen silbernen Schwanzflossen.

Harry schwamm rasch weiter, spahte umher und sah bald noch weitere Behausungen auftauchen; um. manche davon waren Tanggarten angelegt, und vor einer Tur, an einem Pfahl angeleint, sah er sogar einen Hausgrindeloh. Von allen Seiten erschienen jetzt Wassermenschen und betrachteten ihn neugierig, deuteten auf seine Flossenhande und Kiemen und tuschelten hinter vorgehaltenen Handen miteinander. Schnell bog Harry um einen Felsen, doch dahinter tat sich ein sonderbares Schauspiel vor ihm auf. Eine ganze Schar Wassermenschen schwebte vor einer Hauserreihe, die eine Art Dorfplatz bildete, nur da? dieser Platz unter Wasser errichtet war. Ein Wassermenschenchor in der Mitte des Platzes sang jenes Lied, das die Champions anlocken sollte, und hinter dem Chor ragte eine Statue auf: ein gigantischer Wassermensch, mit groben Schlagen aus einem machtigen Gerollblock gehauen. An die Schwanzflosse des steinernen Wassermenschen waren vier Menschen gefesselt.

Ron hatten sie zwischen Hermine und Cho Chang angebunden. Mit dabei war auch ein Madchen, das nicht alter als acht schien. Die silbrige Haarwolke, die um es her im Wasser schwebte, lie? Harry sicher sein, da? es Fleur Delacours Schwester war. Alle vier schienen in einen sehr tiefen Schlaf versunken. Die Kopfe hingen schlaff herunter und Strome feiner Blasen quollen aus ihren Mundern.

Harry schwamm mit raschen Zugen auf die Geiseln zu, in der Furcht, da? die Wassermenschen ihre Speere senken und gegen ihn schleudern wurden, doch nichts geschah. Die Gefangenen waren mit dicken, glibberigen und sehr zahen Tangschlingen an die Statue gefesselt. Einen kurzen Augenblick lang dachte er an das Messer, das ihm Sirius zu Weihnachten geschenkt hatte – aber es lag sicher verwahrt und vollig nutzlos in seinem Koffer im Schlo?.

Er sah sich um. Viele der Wassermenschen, die ihn und die vier Geiseln umkreisten, trugen Speere. Er schwamm auf einen uber zwei Meter gro?en Wassermann mit langem grauem Bart und einer Halskette aus Haifischzahnen zu und versuchte ihm grimassierend und fuchtelnd verstandlich zu machen, da? er sich seinen Speer ausleihen wolle. Der Wassermann lachte und schuttelte den Kopf.»Wir helfen nicht«, sagte er mit knirschender und krachzender Stimme.

»Nun mach schon!«, sagte Harry wutend (doch nur Blasen kamen aus seinem Mund) und versuchte dem Wassermann den Speer zu entwinden, doch er ri? ihn an sich, schuttelte wieder den Kopf und lachte.

Harry wirbelte herum und blickte umher. Etwas Scharfes… irgend etwas… Auf dem Boden des Sees lagen Steine verstreut. Er schwamm hinab, holte sich einen besonders scharf gezackten Stein und kehrte zu der Statue zuruck. Dann begann er auf die Taue einzuhacken, mit denen Ron gefesselt war, und nach einigen Minuten harter Arbeit rissen sie. Ron blieb bewu?tlos ein paar Zentimeter uber dem Seegrund schweben und dumpelte langsam dahin.

Harry sah sich um. Von den anderen Champions war keine Spur zu sehen. Worauf warteten sie? Warum beeilten sie sich nicht? Er wandte sich nun Hermine zu, hob den gezackten Stein und begann auch auf ihre Fesseln einzuhacken -

Doch schon packten ihn mehrere Paar starker grauer Hande. Ein halbes Dutzend Wassermanner schuttelten die grunhaarigen Kopfe und zogen ihn lachend von Hermine fort.

»Du nimmst deine eigene Geisel«, sagte einer der Wassermanner.»La? die anderen hier…«

»Unmoglich!«, wollte Harry aufgebracht schreien – doch seinem Mund entwichen nur zwei gro?e Blasen.

»Deine Aufgabe ist es, deinen Freund zuruckzuholen… la? die anderen hier…«

»Mit ihr bin ich auch befreundet!«, rief Harry und gestikulierte zu Hermine hinuber, wobei ihm eine riesige silberne Blase gerauschlos aus dem Mund trat.»Und die anderen sollen auch nicht sterben!«

Chos Kopf lag auf Hermines Schulter; das kleine silberhaarige Madchen war gespenstisch grun und fahl. Harry muhte sich verzweifelt, die Wassermanner abzuschutteln, doch sie lachten nur noch lauter und hielten ihn fest. Harry blickte hektisch um sich. Wo blieben die anderen Champions? Hatte er noch Zeit, Ron nach oben zu bringen und dann zuruckzukommen, um Hermine und die anderen zu holen? Wurde er sie dann wieder finden? Er sah auf die Uhr, um zu prufen, wie viel Zeit ihm noch blieb – aber sie war stehen geblieben. Nun jedoch deuteten die Wassermanner um ihn her auf etwas uber seinem Kopf. Harry blickte auf und sah Cedric auf sich zuschwimmen. Sein Kopf steckte in einer machtigen Blase, die seine Zuge merkwurdig weitete und spannte.

»Hab mich verirrt!«, formte er mit den Lippen, die Augen voller Panik.»Fleur und Krum kommen gleich!«

Harry fiel ein Stein vom Herzen, und er beobachtete, wie Cedric ein Messer aus der Tasche zog und Chos Fesseln durchschnitt. Er zog sie in die Hohe und verschwand mit ihr.

Harry sah sich angespannt um. Wo blieben Fleur und Krum? Die Zeit wurde allmahlich knapp, und dem Lied zufolge waren die Geiseln nach einer Stunde verloren…

Die Wassermenschen kreischten erregt. Jene, die Harry festhielten, lockerten ihren Griff und schauten uber die Schultern. Auch Harry wandte sich um und sah etwas Monstroses durch das Wasser furchen: ein menschlicher Korper in Badehosen mit dem Kopf eines Hais… es war Krum. Erschien sich selbst verwandelt zu haben –

Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату