sehr engen Tunnel herauszwangte… und der Schatten von Cedric richtete sich auf, sah an dem goldenen Lichtfaden entlang und sprach:

»Halte aus, Harry.«

Seine Stimme hallte von fern her. Harry sah zu Voldemort… dessen rote Augen vor Schreck immer noch geweitet waren… was hier geschah, hatte er genauso wenig erwartet wie Harry… und nun horte Harry, stark gedampft, die angsterfullten Rufe der Todesser, die lauernd um den Rand des goldenen Kafigs schlichen…

Wieder drangen Schmerzensschreie aus dem Zauberstab… und dann quoll erneut etwas aus der Spitze hervor… der dichte Schatten eines zweiten Kopfes, rasch gefolgt von Armen und Oberkorper… ein alter Mann, den Harry einmal im Traum gesehen hatte, stie? sich jetzt heraus, genau wie Cedric es getan hatte… und sein Geist oder sein Schatten, oder was immer es war, fiel neben den Cedrics, erhob sich und musterte auf seinen Gehstock gestutzt Harry und Voldemort und das goldene Netz und die verbundenen Zauberstabe…

»Er ist also ein echter Zauberer?«, sagte der alte Mann, die Augen auf Voldemort gerichtet.»Hat mich getotet, der hier… kampfe gegen ihn, Junge…«

Doch schon tauchte ein weiterer Kopf auf… und dieser Kopf, grau wie eine Plastik aus Rauch, war der einer Frau… Harry, dem jetzt beide Arme zitterten vor Anstrengung, den Zauberstab ruhig zu halten, sah, wie sie den anderen gleich zu Boden fiel, sich aufrichtete und umherblickte…

Der Schatten Bertha Jorkins' bestaunte mit gro?en Augen den Kampf, der sich vor ihr abspielte.

»La? jetzt blo? nicht los!«, schrie sie, und auch ihre Stimme hallte, wie die Cedrics, wie von fern her.»Er darf dich nicht kriegen, Harry – la? nicht los!«

Sie und die anderen beiden schattenhaften Gestalten begannen an der Innenwand des goldenen Netzes entlangzuschreiten, wahrend die Todesser auf der anderen Seite umherhuschten… und Voldemorts tote Opfer flusterten, wahrend sie die Duellanten umkreisten, flusterten ermutigende Worte fur Harry und zischten Voldemort Worte zu, die Harry nicht verstand.

Und wieder erschien ein Kopf an der Spitze von Voldemorts Zauberstab… und Harry wu?te auf den ersten Blick, wer es sein wurde… er wu?te es, als hatte er es von dem Moment an erwartet, als Cedric dort erschienen war… er wu?te es, denn der Mensch, der jetzt erschien, war der, an den er an diesem Abend ofter als an jeden anderen gedacht hatte…

Der rauchige Schatten eines gro?en Mannes mit zerzaustem Haar fiel zu Boden, wie vor ihm Bertha, richtete sich auf und sah Harry an… und Harry, dessen Arme jetzt unbandig zitterten, erwiderte den Blick und sah in das geisterhafte Gesicht seines Vaters.

»Deine Mutter kommt…«, sagte er leise.»Sie will dich sehen… es wird gut gehen… halt durch…«

Und sie kam… erst ihr Kopf, dann ihr Korper… eine junge Frau mit langem Haar, die rauchig schattenhafte Gestalt Lily Potters, erbluhte aus der Spitze von Voldemorts Zauberstab, fiel zu Boden und erhob sich. Sie ging auf Harry zu, sah auf ihn hinab und sprach mit derselben fernen, hallenden Stimme wie die anderen, doch leise, so da? Voldemort es nicht horen konnte, dessen Gesicht nun, da seine Opfer um ihn herumstreiften, vor Angst wild zuckte…

»Wenn die Verbindung abbricht, werden wir nur noch wenige Augenblicke bleiben konnen… doch wir werden dir Zeit verschaffen… du mu?t den Portschlussel erreichen, er wird dich nach Hogwarts zuruckbringen… verstehst du mich, Harry?«

»Ja«, keuchte Harry, er muhte sich verzweifelt, den Zauberstab festzuhalten, der ihm jetzt durch die Finger rutschte und zu entgleiten drohte.

»Harry…«, flusterte die Gestalt Cedrics,»bitte nimm meinen toten Korper mit zuruck. Bring meine Leiche zuruck zu meinen Eltern…«

»Das werde ich«, sagte Harry, und sein Gesicht verzerrte sich vor Anstrengung, den Zauberstab zu halten.

»Tu es jetzt«, flusterte die Stimme seines Vaters.»Mach dich bereit… tu es jetzt…«

»JETZT!«, schrie Harry; ich hatte ohnehin keine Sekunde langer durchhalten konnen, dachte er – und mit allerletzter Kraft zog er seinen Zauberstab in die Hohe und der goldene Faden ri?; der Lichtkafig loste sich auf, der Gesang des Phonix erstarb – doch die schattenhaften Gestalten der Opfer Voldemorts verschwanden nicht – sie gingen im Kreis auf Voldemort zu und schirmten Harry vor seinem Blick ab -

Und Harry rannte, wie er nie in seinem Leben gerannt war, warf zwei vor Schreck erstarrte Todesser um, lief im Zickzack zwischen den Grabern hindurch, spurte schon, wie ihre Fluche ihm nachjagten, horte, wie sie gegen Grabsteine prallten – er wich Fluchen und Grabern aus, sturzte auf Cedrics Korper zu, den Schmerz in seinem Bein nicht mehr spurend, sein ganzes Sein auf das konzentriert, was er tun mu?te -

»Schockt ihn!«, horte er Voldemort schreien.

Noch drei Meter von Cedric entfernt tauchte Harry hinter einem Marmorengel ab, um den Blitzen aus rotem Licht zu entgehen, und sah, wie die Spitze des marmornen Flugels unter dem Aufprall der Fluche absplitterte. Er packte seinen Zauberstab noch fester und hechtete hinter dem Engel hervor -»Impedimenta!«, brullte er und fuchtelte mit dem Zauberstab uber die Schulter, den ihm folgenden Todessern entgegen.

Er horte einen erstickten Schrei und glaubte, wenigstens einen von ihnen erwischt zu haben, doch er hatte keine Zeit, sich umzudrehen und nachzusehen; er sprang uber den Pokal, horte es hinter sich erneut prasseln und knallen und zog den Kopf ein; wieder flogen Lichtblitze uber ihn hinweg, er lie? sich fallen, streckte die Hand aus und packte Cedrics Arm -

»Beiseite! Ich werde ihn toten! Er gehort mir!«, kreischte Voldemort.

Harrys Hand umschlo? Cedrics Oberarm; ein Grabstein stand zwischen ihm und Voldemort, doch mit sich tragen konnte er Cedric nicht, und der Pokal war au?er Reichweite -

Voldemorts rote Augen flammten in der Dunkelheit auf. Harry sah, wie sich sein Mund zu einem Grinsen verzerrte, sah, wie er den Zauberstab hob.

»Accio!«, rief Harry und deutete auf den Trimagischen Pokal.

Der Pokal flog hoch in die Luft und sirrte auf ihn zu – Harry packte ihn am Henkel -

Er horte Voldemorts Wutschrei im selben Moment, da er das Rei?en hinter seinem Nabel spurte, und er wu?te, da? der Portschlussel seine Arbeit tat – er flog mit ihm davon in einen Strudel aus Wind und Farben, und Cedric war bei ihm… sie kehrten zuruck…

Veritaserum

Harry schlug bauchlings auf, sein Gesicht druckte sich in die Erde; Grasgeruch stieg ihm in die Nase. Er hatte die Augen geschlossen gehalten, wahrend der Portschlussel ihn getragen hatte, und tat es auch weiterhin. Er ruhrte sich nicht. Alle Luft schien aus ihm herausgepre?t zu sein; der Kopf schwirrte ihm so heftig, als schwankte die Erde unter ihm wie das Deck eines Schiffes. Um den Schwindel zu lindern, umklammerte er das, was er in Handen hielt, noch fester – den glatten, kalten Henkel des Trimagischen Pokals und Cedrics leblosen Arm. Wenn er sie loslassen wurde, so furchtete er, wurde er sofort wieder in die Dunkelheit hinabsinken, die vom Rand seines Bewu?tseins her auf ihn zukroch. Schock und Erschopfung hielten ihn am Boden, er atmete den Geruch des Grases ein und wartete… wartete darauf, da? jemand etwas unternahm… da? etwas geschah… und die ganze Zeit uber spurte er noch dumpf die Narbe auf seiner Stirn brennen…

Eine Springflut aus ohrenbetaubendem Larm verwirrte ihn, uberall waren Stimmen, Fu?getrappel, Schreie… er blieb, wo er war, die Nase ins Gras gedruckt, als ware dies ein Alptraum, der vorubergehen wurde…

Ein Paar Hande packte ihn grob und drehte ihn um.

»Harry! Harry!«

Er offnete die Augen.

Er sah den sternubersaten Himmel und Albus Dumbledore, der sich uber ihn gebeugt hatte. Die dunklen Schatten einer vielkopfigen Menge schoben und drangten sich auf sie zu; Harry spurte im Nacken, wie die Erde unter ihrem Fu?getrappel erzitterte.

Er war am Rand des Irrgartens gelandet. Uber sich sah er die Tribunen in die Hohe ragen, die menschlichen Gestalten, die sich auf ihnen bewegten, die Sterne am Himmel.

Harry lie? den Pokal los, doch Cedrics Arm klammerte er um so fester an sich. Er hob seine freie Hand und packte Dumbledore, dessen Gesicht vor seinen Augen immer wieder verschwamm, am Handgelenk.

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