mit Blutproben, die er in dem Labor fur ambulante Patienten abgeholt hatte. »Wo soll ich das Blut hinstellen, Mr. Vampir?«
John Alexander feixte. Bannister dagegen fand es nicht komisch. »Du wei?t, wo es hingehort, Dummkopf.« Er deutete auf eine Stelle auf einem der Labortische. »Stell es da hin.«
»Zu Befehl, Sir, Captain, Sir.« Umstandlich stellte der Junge das Tablett ab und salutierte grollend. Mit einer Huftschwenkung vollfuhrte er eine Kehrtwendung und sang, wahrend er zur Tur ging:
»La? mich dorthin, wo die Virusse hausen, wo die Bakterien durch die Gegend sausen, wo der Vampir sein ganzes Leben verbringt und es aus allen Reagenzglasern stinkt.«
Die Tur fiel zu, und seine Stimme verklang auf dem Gang.
Alexander lachte. »Lachen Sie nicht daruber«, sagte Bannister. »Er wird dann nur noch unverschamter.« Er trat zu dem Tisch und nahm die Blutproben auf. Dabei blatterte er gleichgultig die Anforderungen durch, die dabeilagen. Als er halb durch das Labor gegangen war, blieb er stehen.
»He! Da ist eine Blutprobe von einer Mrs. Alexander dabei. Ist das Ihre Frau?«
Alexander legte die Pipette hin, mit der er gerade arbeitete, und trat zu ihm. »Wahrscheinlich ja. Dr. Dornberger hat sie zu einem Sensibilitatstest hergeschickt.« Er nahm die Anweisung und las sie durch. »Ja, das ist Elizabeth.«
»Da steht sowohl Blutgruppenbestimmung als auch Sensibilitatstest«, sagte Bannister.
»Ich nehme an, Dr. Dornberger wollte sichergehen. Tatsachlich ist Elizabeth Rh-negativ.« Nachdenklich fugte er hinzu: »Ich bin Rh-positiv.«
Gro?spurig und mit der Miene vaterlicher Weisheit antwortete Bannister: »Nun, ja. Das fuhrt in den seltensten Fallen zu Komplikationen.«
»Ja, ich wei?. Trotzdem mochte man sicher sein.«
»Nun, hier ist die Probe.« Bannister nahm das mit einem Schild »Alexander, Mrs. E.« versehene Reagenzglas und hielt es hoch. »Wollen Sie den Test selbst ausfuhren?«
»Ja gern, wenn Sie nichts dagegen haben.«
Bannister hatte nie etwas dagegen, wenn ein anderer eine Arbeit ubernahm, die ihm vielleicht selbst zugefallen ware. Er antwortete: »Mir soll es recht sein.« Nach einem Blick auf die Uhr fugte er dann hinzu: »Aber heute geht es nicht mehr. Es ist Zeit, Feierabend zu machen.« Er setzte das Glas mit der Probe auf das Tablett zuruck und reichte es Alexander. »Stellen Sie das alles bis morgen fort.«
Alexander nahm die Blutproben und stellte sie in den Kuhlschrank des Labors. Als er den Kuhlschrank geschlossen hatte, hielt er nachdenklich inne.
»Carl, ich wollte Sie etwas fragen.«
Bannister war schon mit Aufraumen beschaftigt. Er verlie? das Labor gern um Punkt funf. Ohne den Kopf zu wenden, fragte er: »Ja, was ist denn?«
»Die Blutsensibilitatstests, die wir hier vornehmen - ich habe mich daruber gewundert.«
»Woruber haben Sie sich gewundert?«
Alexander wahlte seine Worte sorgfaltig. Von Anfang an war er auf die Moglichkeit gefa?t gewesen, da? er seiner eigenen Collegeausbildung wegen bei Leuten von der Art Bannisters auf Ablehnung sto?en konne. Wie bisher, wollte er auch jetzt vermeiden, ihn zu reizen. »Wir fuhren hier nur zwei Sensibilitatstests durch - den einen in Salzlosung und den anderen in konzentriertem Protein.«
»Na und?«
»Nun«, sagte Alexander behutsam, »sind diese beiden Tests allein nicht etwas, uberholt?«
Bannister war mit Aufraumen fertig. Er kam zu dem Mitteltisch heruber und wischte sich die Hande an einem Papierhandtuch ab. Scharf fragte er: »Wie kommen Sie darauf?«
Alexander uberging den scharfen Ton. Die Sache war zu wichtig. Er erklarte: »In den meisten Labors wird heute ein dritter Test ausgefuhrt - ein indirekter Coombs - anschlie?end an den Test in der Salzlosung.«
»Ein was fur ein Test?«
»Ein indirekter Coombs.«
»Was ist denn das?«
»Soll das ein Witz sein?« Im gleichen Augenblick, als Alexander die Worte aussprach, erkannte er, da? er einen taktischen Fehler begangen hatte. Aber er hatte impulsiv geantwortet, weil er der Meinung war, da? kein serologischer Laborant den indirekten Coombs nicht kennen konne.
Der erste Laborant fuhr auf. »Werden Sie nicht frech.«
Schnell versuchte Alexander den Schaden wiedergutzumachen und entgegnete: »Es tut mir leid. So hatte ich es nicht gemeint.«
Bannister ballte das Papierhandtuch zusammen und warf es in einen Abfalleimer. »So klang es aber.« Aggressiv beugte er sich vor. Auf seinem kahlen Kopf reflektierte das Licht der Gluhlampe uber ihm. »Horen Sie genau zu, mein Junge. In Ihrem eigenen Interesse will ich Ihnen etwas sagen. Sie kommen frisch von der Fachschule, und zu den Dingen, hinter die Sie noch nicht gekommen sind, gehort, da? manches, was Sie da gelernt haben, sich in der Praxis einfach nicht bewahrt.«
»Es geht nicht nur um eine Theorie, Carl.« Alexander antwortete jetzt sehr nachdrucklich. Sein Fehler von vorhin schien ihm unwichtig. »Es ist nachgewiesen, da? manche Antikorper im Blut einer schwangeren Frau in der Salzlosung oder in konzentriertem Protein einfach nicht nachgewiesen werden konnen.«
»Und wie oft kommt das vor?« Bannisters Ton war anma?end, als ob er die Antwort im voraus wisse. »Sehr selten.«
»Da haben wir es ja.«
»Aber oft genug, um den dritten Test wichtig zu machen.« John Alexander blieb hartnackig. Er versuchte, Bannisters Ablehnung, etwas Neues zu lernen, zu uberwinden. »Tatsachlich ist der Test ganz einfach. Nach dem Test in der Salzlosung nimmt man das gleiche Reagenzglas.«
Bannister unterbrach ihn. »Sparen Sie sich die Belehrung fur ein andermal.« Er zog seinen Laborkittel aus und griff nach seiner Jacke hinter die Tur.
Obwohl Alexander wu?te, da? es aussichtslos war, fuhr er fort: »Es ist nicht viel mehr Arbeit. Ich mache ihn gern selbst. Man benotigt nur Coombs-Serum dazu. Es ist richtig, da? die Tests dadurch etwas kostspieliger werden.«
Das war fur Bannister vertrautes Gelande. Jetzt verstand er besser, woruber sie sprachen. »O ja«, sagte er sarkastisch, »das wurde Pearson sehr gefallen. Fur alles, was mehr kostet, ist er bestimmt sofort zu haben.«
»Aber verstehen Sie denn nicht? Ohne diesen Test gibt es keine unbedingte Gewi?heit.« Alexander sprach nachdrucklich, ohne sich bewu?t zu werden, da? er seine Stimme erhoben hatte. »Die beiden Tests, die hier ausgefuhrt werden, konnen zu einem negativen Ergebnis fuhren, obwohl das Blut der Mutter doch sensibilisiert und fur das Kind gefahrlich ist. Ohne ihn kann man ein Neugeborenes toten.«
»Nun, es ist nicht unsere Aufgabe, uns daruber den Kopf zu zerbrechen.« Bannister antwortete in seinem grobsten Ton. Er schrie die Worte beinahe.
»Aber.«
»Da gibt es kein Aber. Pearson legt keinen Wert auf neue Methoden - besonders nicht, wenn sie mehr Geld kosten.« Bannister zogerte, und seine Aggressivitat milderte sich etwas. Es war ihm bewu?t, da? es eine Minute vor funf war, und ihm lag daran, das Gesprach zu beenden und fortzugehen. »Passen Sie auf, mein Junge. Ich will Ihnen einen Rat geben. Wir sind keine Arzte, und es ware klug von Ihnen, wenn Sie aufhorten, sich als Arzt aufzuspielen. Wir sind Laboranten, und wir arbeiten hier so, wie es uns befohlen wird.«
»Soll das etwa hei?en, da? ich nicht denken darf?« Nun wurde Alexander erregt. »Ich wei? nur, da? ich Wert darauf lege, da? der Test mit dem Blut meiner Frau in Salzlosung und in Protein und in Coombs-Serum durchgefuhrt wird. Sie interessiert das vielleicht nicht, aber fur uns ist dieses Kind zufallig wichtig.«
Von der Tur sah der altere Mann Alexander prufend an. Er konnte jetzt klar erkennen, was er bisher nicht bemerkt hatte -der Junge da war ein Stankerer. Und was mehr war, Stankerer hatten die Gewohnheit, andere in Ungelegenheiten zu bringen. Vielleicht sollte man diesen eingebildeten Collegeschuler sich den Hals brechen lassen. Bannister sagte: »Ich habe Ihnen meine Meinung gesagt. Wenn Ihnen das nicht pa?t, dann gehen Sie selbst zu Pearson. Sagen Sie ihm ruhig, da? Sie mit der Art und Weise, in der hier gearbeitet wird, nicht zufrieden sind.«
Alexander sah den ersten Laboranten fest an. Dann antwortete er ruhig: »Vielleicht tue ich das auch.«
Bannister verzog den Mund. »Ganz wie Sie wollen. Aber vergessen Sie nicht: ich habe Sie gewarnt.«