Idee von ihm, Doktor. Wenn Sie jetzt mit mir weiterkommen wollen, zeige ich Ihnen das histologische Labor.« Er legte eine Hand auf Colemans Arm, um ihn fortzufuhren.
Ein paar Sekunden bewegte Coleman sich nicht. Dann griff er nach unten und schob die Hand nachdrucklich von seinem Arm fort. »Einen Augenblick noch«, sagte er ruhig. Dann zu Alexander: »Handelt es sich um eine medizinische Frage? Hat es mit der Laborarbeit zu tun?«
Alexander vermied geflissentlich, in Bannisters finsteres Gesicht zu sehen und antwortete: »Ja, Doktor.«
»Also gut. Lassen Sie horen.«
»Die Frage wurde durch den Test fur meine Frau aufgeworfen«, antwortete Alexander. »Sie ist Rh-negativ, und ich bin Rh-positiv.«
Coleman lachelte. »Das ist bei vielen Eheleuten der Fall. Daraus ergibt sich noch kein Problem, solange der Sensibilitatstest negativ ausfallt.«
»Das ist ja gerade der Punkt, Doktor, der Test.«
»Wieso?« Coleman war verwundert. Ihm war durchaus nicht klar, worauf der junge Laborant hinauswollte.
Alexander erklarte: »Ich bin der Ansicht, wir sollten bei Sensibilitatstests mit allen Blutproben einen indirekten Coombs-Test ausfuhren, nach den Tests in Salzlosung und konzentriertem Protein.«
»Selbstverstandlich. «
Darauf folgte Schweigen. Alexander brach es schlie?lich. »Wurden Sie das bitte noch einmal sagen, Doktor?«
»Ich habe gesagt: selbstverstandlich. Naturlich mu? ein indirekter Coombs durchgefuhrt werden.« Coleman verstand immer noch nicht, worauf diese Diskussion abzielte. Fur ein serologisches Labor war das eine elementare, grundlegende Selbstverstandlichkeit.
»Aber hier wird kein indirekter Coombs durchgefuhrt, Doktor.« Alexander warf Bannister einen triumphierenden Blick zu. »Die Rh-Sensibilitatstests werden hier nur mit Salzlosung und mit konzentriertem Protein vorgenommen. Coombs-Serum wird hier uberhaupt nicht verwendet.«
Zunachst war Coleman uberzeugt, da? Alexander sich irren musse. Anscheinend arbeitete der junge Laborant erst seit kurzer Zeit hier, und zweifellos verwechselte er etwas. Aber dann lie? der uberzeugte Ton, mit dem Alexander gesprochen hatte, Coleman stutzig werden. »Stimmt das?« fragte er Bannister.
»Wir fuhren alle unsere Tests entsprechend den Anweisungen von Dr. Pearson durch.« Der alte Laborant gab klar zu erkennen, da? diese ganze Diskussion seiner Meinung nach Zeitverschwendung war.
»Vielleicht wei? Dr. Pearson nicht, da? Sie Tests auf den Rh-Faktor in dieser Weise vornehmen.«
»Das wei? er genau.« Dieses Mal lie? Bannister seinen Verdru? erkennen. Mit neuen Leuten war es immer das gleiche. Sie waren noch keine funf Minuten an einem neuen Platz, und schon fingen sie an, Schwierigkeiten zu machen. Er hatte versucht, zu dem neuen Arzt freundlich zu sein, und das hatte er nun davon. Nun, eines war gewi?, Joe Pearson wurde den Mann bald in seine Schranken verweisen. Bannister hoffte nur, da? er dabei sein wurde.
Coleman entschlo? sich, den Ton des ersten Laboranten zu uberhoren. Ob er wollte oder nicht, er mu?te mit diesem Mann einige Zeit arbeiten. Trotzdem, die Frage mu?te jetzt sofort geklart werden. Er sagte: »Ich furchte, ich verstehe nicht ganz richtig. Sie wissen doch sicher, da? manche Antikorper im Blut einer schwangeren Frau durch die Tests in Salzlosung und konzentriertem Protein nicht entdeckt werden, wohl aber bei einem weiteren Test mit Coombs-Serum.«
Alexander warf dazwischen: »Das habe ich ja auch gesagt.«
Bannister gab keine Antwort. Coleman fuhr fort: »Jedenfalls werde ich es bei Gelegenheit Dr. Pearson unterbreiten. Ich bin uberzeugt, da? es ihm nicht bekannt war.«
»Und was sollen wir mit diesem Test und den weiteren von jetzt an tun?« fragte Alexander.
»Sie fuhren sie selbstverstandlich mit allen drei Medien durch Salzlosung, konzentriertes Protein und Coombs-Serum.«
»Wir haben kein Coombs-Serum im Labor, Doktor.« Alexander war jetzt sehr froh, da? er die Sache vorgebracht hatte. Dieser neue Pathologe gefiel ihm. Vielleicht wurde er auch noch einiges andere hier andern. Der Himmel wei?, dachte er, es gibt eine Menge, das es vertragen kann.
»Dann wird welches beschafft.« Coleman war vorsatzlich knapp. »Es ist schlie?lich keine Mangelware.«
»Wir konnen nicht einfach losgehen und Material fur das Labor holen«, sagte Bannister. »Dazu mu? eine Einkaufsanforderung vorliegen.« Er zeigte ein uberlegenes Lacheln. Schlie?lich gab es doch noch ein paar Dinge, die diese naseweisen Neulinge nicht wu?ten.
Coleman beherrschte seine Gefuhle sorgfaltig. Sehr bald konnte es notwendig werden, da? er diesem Bannister seine Stellung eindeutig klarmachen mu?te. Auf keinen Fall hatte er die Absicht, sich dieses Betragen standig bieten zu lassen. Aber der erste Tag in seiner neuen Stellung war offensichtlich nicht der geeignete Zeitpunkt. Immer noch freundlich, aber nachdrucklich sagte er: »Dann geben Sie mir ein Formular. Ich werde es wohl unterschreiben konnen. Das ist einer der Grunde, weshalb ich hier bin. «
Der alte Laborant zogerte kurz, offnete dann eine Schublade und nahm einen Formularblock heraus, den er Coleman reichte. »Einen Bleistift, bitte.«
Mit dem gleichen Widerwillen zog Bannister einen aus der Tasche. Wahrend er ihn Coleman reichte, sagte er murrisch: »Dr. Pearson wunscht alle Bestellungen fur Labormaterial selbst zu unterschreiben.«
Coleman kritzelte die Bestellung und unterschrieb sie. Mit einem knappen, kuhlen Lacheln antwortete er: »Ich nehme an, da? meine Verantwortung hier etwas weiter reicht als fur eine Bestellung von Kaninchenserum im Wert von funfzehn Dollars. Hier.« Wahrend er Block und Bleistift zuruckreichte, klingelte das Telefon auf der anderen Seite des Labors.
Das war fur Bannister ein Vorwand, sich umzudrehen. Mit vor Arger uber seine Niederlage gerotetem Gesicht ging er an den Wandapparat und meldete sich. Nachdem er kurz zugehort hatte, gab er eine knappe Antwort und hangte den Horer zuruck. »Mu? zur ambulanten Abteilung.« Die fast gemurmelten Worte waren an Coleman gerichtet.
Er antwortete eisig: »Gehen Sie nur.«
Nachdem der Zwischenfall voruber war, erkannte Coleman, da? er wutender geworden war, als er bemerkt hatte. Was war das fur eine Disziplin, die Laboranten Unverschamtheiten dieser Art erlaubte? Das unzulangliche Testverfahren war ernsthaft genug. Aber sich erst mit den Einwendungen eines Mannes wie dieses Bannister auseinandersetzen zu mussen, um etwas zu verbessern, war unertraglich. Wenn das ein Beispiel fur die allgemein herrschende Ordnung war, dann war die gesamte pathologische Abteilung noch viel verlotterter, als er zunachst angenommen hatte.
Als Bannister fort war, begann er, das gesamte Labor sehr grundlich zu inspizieren. Die abgenutzten Gerate und Instrumente, manche unzulanglich, waren ihm bereits aufgefallen. Jetzt sah er, wie erschreckend schlampig und unorganisiert der ganze Betrieb war. Auf Tischen und Banken standen und lagen die verschiedensten Apparate und Materialien unordentlich herum. Er bemerkte eine Ansammlung schmutziger Glasgerate, einen Stapel vergilbter Papiere. Wahrend er durch das Labor ging, fiel ihm auf, da? sich an einer Stelle auf einem Arbeitstisch Schwamm gebildet hatte. Von der anderen Seite des Raumes beobachtete Alexander unbehaglich seinen Rundgang.
»Sieht es in dem Labor immer so aus?« fragte Coleman.
»Es ist nicht gerade sehr ordentlich.« Alexander schamte sich, da? jemand den Raum in diesem Zustand sah. Was er nicht sagen konnte, war, da? er sich schon angeboten hatte, das Labor neu zu ordnen, da? Bannister ihm aber nachdrucklich befohlen hatte, alles so zu lassen, wie es war.
»Ich wu?te einen treffenderen Ausdruck dafur.« Coleman strich mit einem Finger uber ein Regal. Er war mit Schmutz bedeckt, als er ihn betrachtete. Angewidert dachte er: Das mu? alles anders werden. Dann sagte er sich allerdings, da? er wahrscheinlich noch eine Weile warten musse. Ihm war klar, da? er diesen Leuten gegenuber behutsam vorgehen mu?te, und aus eigener Erfahrung hatte er gelernt, da? es fur alles, was man schnell erreichen konnte, eine Grenze gab. Dennoch wu?te er, da? es ihm schwerfallen wurde, seine angeborene Ungeduld zu zugeln, insbesondere in Anbetracht der schmutzigen Unordnung, die er hier vor sich hatte.
Wahrend der letzten Minuten hatte Alexander Coleman genau beobachtet. Vom ersten Augenblick an, als der neue Arzt mit Bannister in das Labor kam, glaubte er ihn irgendwoher zu kennen. Er war jung - wahrscheinlich nicht sehr viel alter ab Alexander. Aber das allein war es nicht. Jetzt sagte Alexander: »Doktor, entschuldigen Sie,