Sinne ganz.

Schlie?lich trennten sie sich und starrten sich an. Mehrere Tage lang waren sie in der Verschmelzung gewesen. Naturlich kostete das Verschmelzen immer Zeit. Je besser es wurde, desto langer dauerte es, obwohl ihnen diese Zeit im Ruckblick nur wie ein Augenblick vorkam und sie sich nicht daran erinnerten. Auch spater dauerte es selten langer als jenes erstemal.

Odeen sagte: 'Das war wundervoll.'

Tritt starrte nur auf Dua, die das ermoglicht hatte.

Sie leuchtete durchscheinend, wirbelte herum, bewegte sich zitternd. Von den dreien schien sie am meisten angetan. 'Wir machen es wieder', sagte sie eilig, 'aber spater, spater. La?t mich jetzt gehen.'

Und schon war sie auf und davon. Sie hatten sie nicht aufgehalten. Sie waren einfach zu uberwaltigt. Doch so war es von nun an immer hinterher. Nach einem Verschmelzen zog sie sich zuruck. Wie schon es auch gewesen war, sie verschwand. Irgend etwas in ihr schien sie in die Abgeschiedenheit zu treiben.

Tritt sorgte sich darum. In fast jeder Hinsicht unterschied sie sich von anderen Gefuhlslingen. Das durfte eigentlich nicht sein.

Odeen dachte nicht so. 'Warum la?t du sie nicht in Ruhe, Tritt?' sagte er immer wieder. 'Sie ist eben anders als normale Gefuhlslinge, und das bedeutet, da? sie auch besser ist. Unser Verschmelzen ware nicht so schon, wenn sie ganz durchschnittlich ware. Mochtest du die Vorteile, ohne den Preis dafur zu bezahlen?'

Tritt verstand diese Frage nicht ganz. Er wu?te nur, da? Dua eigentlich tun mu?te, was sich gehorte. 'Ich mochte nur, da? sie das Rechte tut', sagte er.

'Ich wei?, Tritt, ich wei?. Trotzdem solltest du sie in Ruhe lassen.'

Auch Odeen schalt Dua oft wegen ihrer Absonderlichkeiten, doch wollte er das Tritt nicht sehen lassen. 'Dir fehlt der notige Takt, Tritt', sagte er dann immer. Tritt wu?te nicht genau, was Takt war.

Und jetzt...das erste Verschmelzen lag so lange zuruck, und noch immer war der Baby-Gefuhlsling nicht geboren. Wie lange sollten sie noch darauf warten? Es dauerte schon viel zu lange. Und au?erdem hielt sich Dua mit der Zeit immer ofter von den anderen fern.

'Sie i?t nicht genug', sagte Tritt.

'Wenn die Zeit gekommen ist...', begann Odeen.

'Du redest immer davon, da? die Zeit reif ist oder noch nicht reif ist. Du hast sie auch nicht fur reif gehalten, als Dua kam. Jetzt haltst du die Zeit fur ungunstig, einen Baby-Gefuhlsling zu haben. Dua sollte ...'

Aber Odeen wandte sich ab. 'Sie ist da drau?en, Tritt', sagte

er.

'Wenn du dort hinausgehen und sie holen willst, als warest du ihr Eiterung und nicht ihr Rechtsling - bitte sehr. Ich meine jedenfalls, du solltest sie in Ruhe lassen.'

Tritt gab nach. Er hatte noch so viel zu sagen, aber er wu?te nicht, wie er es ausdrucken sollte.

2 a

Dua war sich der Erregung zwischen Links und Rechts schwach bewu?t, und ihre innere Auflehnung wurde dadurch nur noch mehr angestachelt.

Wenn jetzt der eine oder andere - oder etwa beide - heraufkam, um sie zu holen, endete das unweigerlich mit einem Verschmelzen, und sie wehrte sich gegen diesen Gedanken. Tritt kannte nichts anderes au?er den Kindern; Tritt wollte nur eins -das dritte und letzte Kind; seine ganzen Gedanken kreisten um die Kinder und das noch fehlende Kind. War Tritt auf ein Verschmelzen aus, bekam er es auch.

Wenn er sich stur stellte, dominierte Tritt uber die Triade. Er klammerte sich an irgendeinen einfachen Gedanken und lie? nicht locker, und zum Schlu? mu?ten Odeen und Dua doch immer nachgeben. Aber jetzt wollte sie nicht nachgeben, sie wollte es nicht...

Das hatte nichts mit Untreue zu tun. Ohnehin konnte sie nicht damit rechnen, fur Odeen oder Tritt jemals das zu empfinden, was die beiden verband. Sie konnte allein zerschmelzen, wahrend Tritt und Odeen dazu auf ihre Hilfe angewiesen waren. (Warum gab ihr das kein gro?eres Gewicht in der Triade?) Das Dreier-Verschmelzen gab ihr intensive Lust, gewi?, und es ware dumm gewesen, das zu leugnen; doch diese Lust ahnelte der Empfindung, die sie hatte, wenn sie - was sie manchmal heimlich tat - durch eine Felswand schwebte. Fur Tritt und Odeen war diese Lust etwas vollig Neues, etwas, das sie noch nie zuvor empfunden hatten und anders nicht empfinden konnten. Nein, Moment - Odeen kannte die Lust des Lernens, jenes Prozesses, den er die intellektuelle Entwicklung nannte. Auch Dua verspurte zeitweilig etwas von diesem Anreiz, jedenfalls so weit, da? sie ihn in etwa ermessen konnte, und obwohl das mit dem Verschmelzen wenig gemein hatte, bot es ihm vielleicht einen Ersatz, so da? Odeen manchmal ohne Verschmelzen auskommen mochte.

Doch nicht so Tritt. Fur ihn gab es nur das Verschmelzen und die Kinder. Ausschlie?lich das. Und wenn sich sein kleiner Geist darauf versteifte, gab Odeen bald nach, und dann konnte Dua auch nichts mehr machen.

Einmal hatte sie sich aufgelehnt: 'Aber was passiert, wenn wir verschmelzen? Es dauert Stunden, manchmal Tage, ehe wir wieder wir selbst sind. Was geschieht unterdessen?'

Tritt hatte sie aufgebracht angesehen. 'So ist es immer. So mu? es sein.'

'Was sein mu?, gefallt mir nicht. Ich will wissen, warum!'

Odeen hatte sie verlegen angeschaut. Er verbrachte sein halbes Leben damit, verlegen zu sein. 'Also, Dua, es mu? so sein. Wegen der... Kinder.' Bei diesem Wort schien er zu pulsieren.

'Nun la? das Pulsieren', erwiderte Dua scharf. 'Wir sind erwachsene Leute und haben uns schon wer wei? wie oft verschmolzen und wissen alle, da? das geschieht, damit wir Kinder haben. Du kannst es also offen aussprechen. Warum dauert es nur so lange?'

'Weil es ein komplizierter Vorgang ist', antwortete Odeen, noch immer pulsierend. 'Weil er Energie kostet. Dua, es dauert lange Zeit, bis ein Kind in Gang gebracht ist, und selbst wenn wir uns diese Zeit lassen, kommt es nicht immer dazu. Und es wird immer schwieriger... Nicht nur bei uns', fugte er hastig hinzu.

'Schwieriger?' fragte Tritt aufgeregt, doch Odeen wollte sich nicht weiter au?ern.

Sie bekamen schlie?lich ein Kind, einen Baby-Denkling, einen kleinen Linksling, der wild herumflitzte und sich verdunnte und die drei in hochstes Entzucken versetzte. Sogar Odeen wollte ihn halten und zusehen, wie er in seinen Handen die Form veranderte, bis Tritt dem Treiben Einhalt gebot. Denn es war naturlich Tritt, der das Kind durch die lange Vorformzeit hindurch bebrutet hatte, es war Tritt, der es abgetrennt hatte, als es seine unabhangige Existenz gewann, und schlie?lich auch Tritt, der sich standig darum kummerte.

Nun war Tritt also oft beschaftigt, und Dua war davon seltsam angenehm beruhrt. Tritts Besessenheit storte sie, wahrend ihr Odeens Spleen - seltsamerweise - Spa? machte. Sie wurde sich zunehmend seiner - Bedeutung bewu?t. Das Dasein als Denkling brachte es mit sich, da? man Fragen beantworten konnte, und irgendwie hatte Dua standig Fragen auf Lager. Und Odeen ruckte bereitwilliger mit seinen Antworten heraus, wenn Tritt nicht dabei war.

'Warum dauert es so lange, Odeen? Ich mochte mich nicht verschmelzen und dann nicht wissen, was in der langen Zeit vorgeht.'

'Uns kann absolut nichts geschehen, Dua', antwortete Odeen betont. 'Oder ist schon mal etwas passiert? Du hast bestimmt auch nie gehort, da? eine andere Triade Schaden genommen hatte, oder? Au?erdem durftest du gar keine Fragen stellen.'

'Weil ich ein Gefuhlsling bin? Weil andere Gefuhlslinge keine Fragen stellen? Ich kann die anderen Gefuhlslinge nicht ausstehen, wenn du es genau wissen willst, und ich mochte so gern fragen.'

Ihr entging nicht, da? Odeen sie bei diesen Worten anschaute, als hatte er in seinem Leben noch keine so attraktive Person gesehen, und ware Tritt jetzt hier gewesen, hatte es sofort ein Verschmelzen gegeben. Sie verdunnte sich sogar, sichtlich kokett, doch nur ein wenig.

'Aber du verstehst die Folgerungen vielleicht nicht, Dua', sagte Odeen. 'Es ist eine gro?e Menge Energie erforderlich, um einen neuen Lebensfunken zu zunden.'

'Du hast schon oft von der Energie gesprochen. Was ist das? Genau?'

'Nun, was wir essen.'

'Warum nennst du's dann nicht Nahrung?'

'Weil Nahrung und Energie nicht ganz dasselbe sind. Unsere Nahrung kommt von der Sonne, und das ist eine Art Energie. Aber es gibt auch andere Arten Energie, die keine Nahrung sind. Wenn wir essen, mussen wir uns ausdehnen und das Licht absorbieren. Den Gefuhlslingen fallt das am schwersten, weil sie viel durchlassiger sind; das hei?t, das Licht dringt eher durch sie hindurch und wird nicht absorbiert...'

Es war wundervoll, das alles erklart zu bekommen, dachte Dua. Was sie da erfuhr, wu?te sie naturlich

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