werden. In diesem Punkt erfullte sie wilde Entschlossenheit.
Den anderen Gefuhlslingen war es egal, weil sie zu unausge-fullt waren, um daruber nachzudenken, doch sie war anders. Sie war die komische Dua, der LinksG, wie die anderen sie gerufen hatten, und sie wollte nun auch anders sein. Solange sie das dritte Kind nicht hatte, zog sie nicht weiter; ihr Leben nahm seinen Fortgang.
Sie wollte also dieses dritte Kind niemals haben. Niemals. Niemals!
Aber wie sollte sie es abwehren? Und wie konnte sie das vor Odeen geheimhalten? Wenn Odeen nun etwas merkte...?
Odeen wartete darauf, da? Tritt etwas unternahm. Er war ziemlich sicher, da? Tritt nicht zu Dua an die Oberflache steigen wurde. Das hatte bedeutet, da? er die Kinder allein lassen mu?te, und so etwas fiel Tritt immer sehr schwer. Tritt wartete eine Weile ganz ruhig, und als er dann ging, wandte er sich zur Kinderhohle.
Odeen war fast froh, als Tritt endlich verschwand. Naturlich nicht aus ganzem Herzen, denn Tritt war wutend und schweigsam gewesen, so da? der direkte Kontakt geschwacht war und sich eine Mauer des Mi?vergnugens zwischen ihnen aufgerichtet hatte, was Odeen doch traurig stimmte. Es war, als verlangsamte sich das Leben.
Manchmal fragte er sich, ob Tritt das gleiche fuhlte... Nein, das war unfair. Tritt hatte seine besondere Beziehung zu den Kindern.
Und was Dua anging - wer wu?te schon zu sagen, was Dua fuhlte? Wer wu?te das uberhaupt bei den Gefuhlslingen zu sagen? Sie waren so andersartig, da? durch sie Links und Rechts nur mit Muhe zu unterscheiden waren. Aber auch wenn man ihre au?ergewohnliche Art hinnahm: bei Dua - ganz besonders bei Dua kannte man sich nicht mehr aus.
Deshalb war Odeen auch fast froh, als Tritt verschwand, denn das Problem war einzig und allein Dua. Die Verzogerung bei der Zeugung des dritten Kindes war wirklich langsam unheimlich, und Dua wurde auch nicht zuganglicher, eher das Gegenteil. Auch Odeen verspurte jetzt eine Unruhe, die ihn immer mehr plagte, die er nicht zu bestimmen wu?te - und das war etwas, das er mit Losten besprechen mu?te.
Er machte sich auf den Weg in die Hartling-Hohlen, wobei er seine Bewegung zu einem bestandigen Flie?en werden lie?, das nicht annahernd so wurdelos war wie die seltsam erregende Mischung aus Schwanken und Hasten, die das Dahinschlangeln eines Gefuhlslings kennzeichnete, und auch nicht so lustig wie die schwerfallige Gewichtsverlagerung eines Elterlings.
(In seinem Geiste bewahrte er ein deutliches Bild Tritts, wie er hinter dem Baby-Denkling hertrottete, der in seinem Alter naturlich fast ebenso schlupfrig war wie ein Gefuhlsling, und er sah auch Dua, die dem Baby den Weg abschnitt und es zuruckbrachte, und dann wieder Tritt, der unentschlossen war, ob er das kleine Bundel Leben nun durchschutteln oder mit seiner Substanz umschlie?en sollte. Schon gleich nach der Geburt hatte sich Tritt fur die Babies besser verdunnen konnen als fur Odeen, und als ihn Odeen deswegen aufzog, erwiderte er ernsthaft - denn naturlich konnte er solche Dinge nicht mit Humor behandeln: 'Ah, aber die Kinder brauchen es mehr.')
Odeen war stolz auf sein Dahinflie?en und hielt es fur anmutig und eindrucksvoll. Er hatte einmal mit Losten daruber gesprochen, seinem Lehrer-Hartling, dem er alles gestand, und Losten hatte erwidert: 'Aber meinst du nicht, ein Gefuhlsling oder Eiterung denkt uber seinen Gang genauso? Wenn jeder von euch anders denkt und handelt, sollten euch dann nicht auch unterschiedliche Dinge ansprechen? Eine Triade schlie?t Individualitat nicht aus, wei?t du.'
Odeen war nicht sicher, da? er diese Individualitat richtig begriff. Hatte sie etwas mit Alleinsein zu tun? Die Hartlinge waren allein, naturlich. Sie kannten keine Triaden. Wie konnten sie das nur aushaken?
Odeen war damals noch sehr jung. Sein Kontakt zu den Hartlingen war noch frisch, und es kam ihm plotzlich der Gedanke, da? er ja gar nicht sicher sein konnte, da? die Hartlinge nicht doch Triaden bildeten. Da? es nicht so war, wurde zwar allgemein vermutet, aber stimmte dieses Gerucht? Odeen dachte daruber nach und kam zu dem Schlu?, da? er sich erkundigen mu?te und die Dinge nicht einfach guten Glaubens hinnehmen durfte.
Und er hatte Losten gefragt: 'Bist du ein Linksling oder ein Rechtsling, Herr?' (Bei der Erinnerung an diese Frage mu?te Odeen spater immer pulsieren. Wie unglaublich naiv war er gewesen! Dabei war es nur ein geringer Trost, da? fast jeder Denkling irgendwann einmal so fragte.)
'Weder noch, kleiner Linksling', erwiderte Losten ganz ruhig. 'Es gibt keine Linkslinge oder Rechtslinge bei uns.'
'Oder Mittli - Gefuhlslinge?'
'Oder Mittlinge?' Und der Hartling veranderte die Anordnung seiner Sinnesorgane auf eine Weise, die Odeen mit der Zeit als ein Zeichen von Belustigung oder Freude erkannte. 'Nein. Auch keine Mittlinge. Nur eine einzige Art Hartlinge.'
Odeen mu?te die Frage stellen. Sie entschlupfte ihm gegen seinen Willen: 'Aber, wie haltst du das aus?'
'Das ist alles anders bei uns, kleiner Linksling. Wir sind daran gewohnt.'
Konnte sich Odeen an so etwas gewohnen? Da war die elterliche Triade, die sein Leben bisher erfullt hatte, und da war das Wissen, da? er in nicht allzu ferner Zeit eine eigene Triade bilden wurde. Was war das Leben ohne Triade? Er dachte von Zeit zu Zeit eingehend daruber nach. Er bedachte uberhaupt alles eingehend, was ihm irgendwie auffiel, und manchmal erhaschte er einen Schimmer der moglichen Bedeutung. Er uberlegte, da? die Hartlinge nur sich selbst hatten, da? sie keinen Links oder Rechts-Bruder und auch keine Mitt-Schwester kannten, ebensowenig wie das Verschmelzen oder Kinder oder Elterlinge. Sie hatten nur ihren Geist, nur ihre Wissenschaft vom Universum. Vielleicht genugte ihnen das? Mit zunehmendem Alter begriff Odeen etwas von den Freuden des Forschens. Sie genugten auch ihm fast - fast , dann mu?te er wieder an Tritt und Dua denken, und kam zu dem Schlu?, da? ihm ohne sie nicht einmal das gesamte Universum genugt hatte.
Es sei denn... Seltsam - hin und wieder hatte er den Eindruck, als konnte sich eine Zeit, eine Situation ergeben, da ... Doch schnell ging diese momentane Einsicht wieder verloren, oder diese Einsicht einer Einsicht, und er kam nicht weiter. Nach einer Weile kam sie allerdings wieder, und in letzter Zeit glaubte er sie auch starker zu spuren, so da? sie sich fast halten lie?.
Aber das alles war jetzt nicht wichtig. Er mu?te sich um Dua kummern. Er folgte dem altbekannten Weg - einem Weg, den er mit seinem Eiterung zum erstenmal beschriften hatte (so wie Tritt bald seinen jungen Denkling, sein Baby-Links hier entlangfuhren wurde).
Und naturlich uberkamen ihn sofort wieder die Erinnerungen.
Damals war alles furchterregend gewesen. Da waren andere junge Denklinge gewesen, die alle pulsierten und schimmerten und die Form veranderten - trotz der elterlichen Zeichen ringsum, da? sie fest und glatt bleiben und der Triade keine Schande machen sollten. Ein kleiner Linksling, ein Spielkamerad Odeens, hatte sich tatsachlich wie ein Baby verflacht und wollte sich ungeachtet aller Anstrengungen seines beschamten Elterlings nicht wieder entflachen. (Inzwischen war ein vollig normaler Student aus ihm geworden... wenn auch kein Odeen, wie Odeen mit betrachtlicher Selbstgefalligkeit feststellte.)
An jenem ersten Schultag hatten sie mit einer Anzahl von Hartlingen zu tun, die bei jedem stehenblieben, um das Vibrationsschema der jungen Denklinge auf besondere Weise aufzuzeichnen. Das ermoglichte die Entscheidung, ob sie zur Unterweisung angenommen wurden oder ob noch ein Intervall zu warten war; und wenn die Entscheidung positiv ausfiel, wurde auch gleich das Lehrgebiet bestimmt.
Bei Annaherung des ersten Hartlings hatte sich Odeen mit verzweifelter Anstrengung glatt aufgerichtet und starr an sich gehalten.
Der Hartling hatte gesagt (und der unbekannte, seltsame Klang dieser Stimme brachte seine Entschlossenheit, erwachsen zu sein, fast ins Wanken): 'Da hatten wir ja einen ganz aufrechten kleinen Denkling. Wie wirst du gerufen, Links-ling?'
Zum erstenmal in seinem Leben wurde Odeen ohne irgendeine Verniedlichung 'Linksling' genannt, und er fuhlte sich fester als je zuvor, als er nun herausbrachte: 'Odeen, HartHerr.' Er gebrauchte die hofliche Anrede, die sein Eiterung ihm eingetrichtert hatte.
Schwach erinnerte sich Odeen daran, wie er anschlie?end durch die Hart-Hohlen gefuhrt wurde, die voller Ausrustung und Maschinen, voller Buchereien und bedeutungsloser Dinge und Gerausche waren. Noch deutlicher als diese Sinneseindrucke war ihm seine innere Verzweiflung in Erinnerung. Was wurde man mit ihm anstellen?
Sein Eiterung hatte gesagt, da? er lernen wurde, aber er wu?te nicht recht, was dieses Wort eigentlich