»Ich glaube, du schuldest mir da eine Erklarung«, sagte sie mit angespannter Stimme.

»Die Erklarung ist ganz einfach. Bei Loch Garman, ehe wir das Konigreich von Laigin verlie?en, da hast du dich zu deinen Gefuhlen fur mich bekannt und den Entschlu? gefa?t, mich nach Canterbury zu begleiten, statt in das Konigreich deines Bruders zuruckzukehren. Denkst du etwa, da? mir nicht bewu?t war, wie schwer dir das gefallen ist? Da? mir nicht klar war, wieviel Uberwindung es dich kostete, dich dafur zu entscheiden? In den letzten Tagen warst du voller Befurchtungen. Doch es liegt in deiner Natur, deine Angst nicht zu zeigen. Du hast sie einfach unter dem Mantel der Verachtung und sogar des Hohns mir gegenuber verborgen.« Eadulf zuckte mit den Schultern. Er war immer noch ernst. »Ich wei? schon, was du getan hast, Fidelma. Du hast mich gepruft. Du wolltest sehen, ob ich versagen und dir bestatigen wurde, da? dein Entschlu?, mit mir zu reisen, falsch war. Doch ich wollte es dir nicht leicht machen. Wenn du deine Entscheidung widerrufen willst, dann nur aus eigenem Antrieb heraus und nicht wegen meiner Person. Ich bleibe bei meinem Standpunkt in dieser Angelegenheit.«

Fidelma betrachtete ihn eine Weile still, dann streckte sie impulsiv ihre Hand aus und legte sie fest auf die seine.

»Ich glaube nicht, da? ich dies bewu?t getan habe, Eadulf. Vielleicht geschah es aus einem unbewu?ten Antrieb heraus? Du bist sehr klug. Ich glaube, da? meine Befurchtungen nun zerstreut sind. Kannst du mir verzeihen?«

»Furcht entsteht aus Unsicherheit. Man mu? sich sicher sein. Seneca schrieb, dort, wo Angst ist, ist das Gluck verschwunden.«

Fidelma wirkte feierlich. »Dem stimme ich zu. Angst ist keine Tugend. Ich bin sehr froh, da? du mir gegenuber Nachsicht ubst, Eadulf. Glaub mir, ich bin mir jetzt sicher. Doch falls ich wieder schwankend werde, so schwore ich, da? ich aufrichtig sein und es nicht zulassen werde, da? die Angst mich beherrscht. Ich habe dazugelernt.«

»Da wir vom Dazulernen sprechen« - Eadulf lachelte und schnitt ein vergnuglicheres Thema an -, »erinnerst du dich an dein Versprechen, mir die Bedeutung des Rings in dem kleinen Kuchen zu erklaren, auf den ich bei Gwnda gebissen habe? Ich habe mir fast einen Zahn dabei abgebrochen.«

Fidelma errotete leicht. »Oh, das ist nur ein alter Aberglaube«, sagte sie und wollte die Sache damit auf sich beruhen lassen.

»Was fur ein Aberglaube?« fragte Eadulf beharrlich nach.

Fidelma sah sich in die Enge getrieben. »Daheim, zum Fest von Samhain, das von Rom zum Vorabend von Allerheiligen erklart wurde, gibt es bei uns gewohnlich ein kleines Kuchlein, das bairin breac hei?t. Die Britannier nennen ihren Kuchen bara brith -doch das hatte ich dir bereits erzahlt.«

»Aber was bedeutet der Ring darin?« fragte Eadulf weiter.

»Man knetet einen Ring oder eine Haselnu? in den Teig. Wer die Haselnu? findet, wird sein Leben lang unverheiratet bleiben.«

»Ich hatte aber den Ring«, meinte er. »Was geschieht mit dem, der den Ring bekommt?«

»Der wird bald heiraten.«

Eadulf lachte glucklich und zufrieden. »Das ist ein Aberglaube, der mir sehr entgegenkommt. Er ist sogar ganz ausgezeichnet.«

Fidelma senkte nachdenklich den Kopf. Dann griff sie in ihr marsupium.

»In meinem kleinen Kuchen habe ich auch etwas gefunden«, sagte sie leise.

Da ihr Mund sich zu einem Lacheln verzog, merkte Eadulf nicht, wie ernst ihre Augen schauten.

Sie offnete langsam die Faust. Darin lag eine Haselnu?.

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