Psalm 68
Historische Anmerkung
Die Kriminalromane um Schwester Fidelma spielen in der Mitte des siebenten Jahrhunderts und sind hauptsachlich in Irland angesiedelt.
Fidelma und ihr Begleiter, der angelsachsische Bruder Eadulf, mit dem sie gewohnlich ihre abenteuerlichen Reisen antritt, sind unterwegs nach Canterbury, dem Sitz der obersten Gerichtsbarkeit aller angelsachsischen Konigreiche. Auf der Uberfahrt werden sie von einem Sturm mit ihrem Schiff an Land gezwungen und kommen so an die Kuste des Konigreiches Dyfed, im Sudwesten des heutigen Wales.
Schwester Fidelma ist nicht nur eine Nonne, die einst der Gemeinschaft der heiligen Brigitta von Kildare angehorte. Sie ist auch eine anerkannte
Das damalige Irland bestand aus funf Hauptprovinzen, in denen Konige herrschten. Selbst das heutige
irische Wort fur Provinz lautet
In der vorliegenden Geschichte werden wir auch mit den sich noch herausbildenden und standig verandernden walisischen Konigreichen bekannt gemacht. Die ursprunglichen Britannier, von den Angelsachsen
Dyfed, Sitz der beruhmten Abtei des Schutzheiligen von Wales, St. David (Dewi Sant), war einst von den Iren aus Desi besiedelt worden. Die ersten Konige trugen irische Namen. In der Reihe der walisischen Konige sto?en wir auf den beruhmten Hywel Dda (905-950), der von Konig Eochaid von Dyfed abstammt, welcher um 400 Herrscher war. Hywel Dda war unbestreitbar der herausragendste der walisischen Konige; seine Macht erstreckte sich uber das ganze Gebiet von Wales. Eben jener Hywel Dda berief die gro?e, sechswochige Versammlung von Dyfed ein, zu der die Reprasentanten aller walisischer Reiche anreisten und unter der Leitung des Rechtsgelehrten Ble-gywryd die Gesetze des Landes in der ersten bekannten Kodifizierung festhielten. Diese Texte wurden allgemein die »Gesetze von Hywel Dda« genannt. Sie stehen in der althergebrachten Rechtstradition der Kelten, und so sto?en wir bei den altirischen Rechten und den Gesetzen von Hywel Dda auf einige Gemeinsamkeiten.
Genau auf jene gemeinsame Tradition der Rechtsprechung richtet Fidelma in der vorliegenden Geschichte ihr Augenmerk.
Wir sollten uns dennoch Fidelmas eigene Kultur vor Augen fuhren, vor deren Hintergrund sie das Konigreich von Dyfed sieht, und erfahren, wie es dazu kam, da? sie Anwaltin im Rechtssystem ihres Heimatlandes sein konnte.
Die Primogenitur, das Erbrecht des altesten Sohnes oder der altesten Tochter, war in Irland unbekannt. Das Konigtum vom geringsten Stammesfursten bis zum Gro?konig war nur zum Teil erblich und uberwiegend ein Wahlamt. Jeder Herrscher mu?te sich seiner Stellung wurdig erweisen und wurde von den
Im Irland des siebenten Jahrhunderts gab es ein wohldurchdachtes Rechtssystem, das das Gesetz der
Man mu? feststellen, da? das walisische Recht, soweit berichtet wird, weitere funfhundert Jahre lang nicht schriftlich zusammengefa?t wurde. Dennoch war es das Resultat einer hochentwickelten mundlichen Tradition oder aber daruber hinaus einer handschriftlich festgehaltenen Kodifizierung, die jedoch schon fruh verschollen ist. Sicher haben sowohl die Besetzung durch die Romer und als auch die Nahe zur romischen Kirche Einflusse auf das walisische Recht ausgeubt. Dessenungeachtet verleugnet dieses Rechtssystem seinen eigentlichen keltischen Ursprung nicht.
Die altesten vollstandig erhaltenen Texte der alten Gesetze Irlands finden sich in einem Manuskript aus dem elften Jahrhundert wieder, das heute in der Royal Irish Academy in Dublin aufbewahrt wird. Erst im siebzehnten Jahrhundert gelang es der englischen Kolonialverwaltung in Irland letztendlich, die Anwendung der Gesetze der Brehons zu unterdrucken. Selbst der Besitz des Gesetzbuches wurde bestraft, oft mit dem Tode oder der Verbannung.
Das walisische Recht existierte bis zur schrittweisen Einverleibung von Wales durch die Englander im Jahre 1536 und schlie?lich 1542, mit der auch die englische Sprache, englisches Recht und englische Brauche ubernommen wurden. Heute sind noch ungefahr achtzig Rechtstexte in walisischer und lateinischer Sprache erhalten, die meisten stammen aus der Zeit zwischen dem zwolften und dem sechzehnten Jahrhundert.
Das irische Rechtssystem war nicht statisch. Alle drei Jahre kamen die Rechtsgelehrten und Richter beim
Diese Gesetze wiesen der Frau eine einzigartige Stellung zu. Sie gaben den Frauen mehr Rechte und gro?eren Schutz als irgendein anderes westliches Ge-setzeswerk jener Zeit oder spaterer Jahrhunderte. Frauen konnten sich gleichberechtigt mit den Mannern um jedes Amt bewerben und jeden Beruf ergreifen, und sie taten es auch. Sie konnten ihr Volk als Krieger in Schlachten befehligen, politische Fuhrer sein, Friedensrichter, Dichter, Handwerker, Arzte, Anwalte und Richter werden. Wir kennen die Namen vieler Richterinnen aus Fidelmas Zeit: Brig Briugaid, Aine Inguine Iugaire, Dari und viele andere. Dari zum Beispiel war nicht nur Richterin, sondern die Verfasserin eines beruhmten Gesetzestextes, der im sechsten Jahrhundert aufgezeichnet wurde.
Die Gesetze schutzten Frauen vor sexueller Belastigung, vor Diskriminierung und vor Vergewaltigung. Sie konnten sich auf gleichem Rechtsfu? von ihren Ehemannern scheiden lassen und dabei einen Teil des Vermogens des Mannes als Abfindung verlangen. Sie konnten personliches Eigentum erben und hatten Anspruch auf