Gwnda fing lauthals an, seine Unschuld zu beteuern. Fidelma schnitt ihm das Wort ab. »Als wir dir mitteilten, da? Bruder Meurig uberfallen worden sei, da hast du deine Uberraschung nur gespielt und warst auf einmal verschwunden. Von uns hattest du nicht erfahren, wo Bruder Meurig ermordet wurde. Doch du sagtest, du wolltest ihn mit ein paar Mannern aus der Hutte im Wald holen. Ist es nicht merkwurdig, da? du wu?test, wo genau die Leiche Bruder Meurigs war?«

Gwnda stohnte vor Verzweiflung. Er legte seinen Kopf in die Hande und wiegte sich auf seinem Stuhl vor und zuruck. Erst nach einer Weile brachte er ein paar verstandliche Worte hervor.

»Er wollte nicht auf mich horen und vernunftig sein«, murmelte er. »Ich versuchte Bruder Meurig von der Schuld des Jungen zu uberzeugen, doch er begann einen Streit. Schlie?lich kam es zu einem Handgemenge. Er rief dem Jungen zu, er solle fortrennen, dich suchen und dir alles berichten. Ich machte mich los . Ich schwore, ich habe das nicht gewollt . Ich habe mich nur verteidigt. Die Axt ... Ich habe sie einfach durch die Luft geschwungen .«

Fidelma blickte ihn ohne Mitgefuhl an. »Als Bruder Meurig tot war, bist du nach Llanwnda zuruckgekehrt. Warum bist du Idwal nicht hinterhergelaufen?«

Gwnda wiegte sich noch immer vor und zuruck und stohnte dabei leise. Ein befremdliches, beinah furchterregendes Verhalten fur einen Mann seines Alters und seiner Position.

»Ich wu?te nicht, was ich tun sollte. Du und Bruder Eadulf, ihr wart zuruckgekommen. Ich mu?te herausfinden, ob Idwal mit euch gesprochen hatte. Erst als ich mitbekam, da? ihr keinen Verdacht hegtet, benachrichtigte ich Iorwerth. Mit ein paar anderen Mannern nahm er die Verfolgung auf. Man fand den Jungen und . Du kennst den Rest. Du hattest recht, ich habe sie zu der Tat uberredet und gesagt, da? sie keine Strafe zu erwarten hatten.« Gwnda hob einen Arm und lie? ihn wieder fallen, als sei er besiegt worden.

»Warst du dabei? Hast du zugesehen, wie ein unschuldiger Junge gehangt wurde, den du hattest retten konnen?« fragte Cathen voller Abscheu.

Gwnda schien sich ganz in sich zuruckgezogen zu haben. Er antwortete nicht.

Fidelma wandte sich nun an Cathen. »Mein Verdacht in bezug auf Gwnda und sein Verhalten wurde bestatigt, als er merkte, wie unerschutterlich ich auf meinem Standpunkt beharrte, da? Idwal unschuldig sei. An dieser Stelle spielte ihm der Zufall in die Hande. Eine Kette von Zufallen bestimmt diese Geschichte, wie wir sehen. Elen hatte rein zufallig ein Gesprach zwischen dem Geachteten Clydog und ein paar anderen Mannern mit angehort. Sie versteckte sich, wurde entdeckt, konnte aber fliehen. Trotzdem furchtete sie standig, erkannt zu werden. Dann wurde Mair umgebracht. Da sich Mair und Elen von weitem sehr ahnlich sahen, kam Elen auf die Idee, da? Mair irrtumlich das Opfer von Clydogs Leuten geworden war - und sie eigentlich gemeint war. Und wieder wollte es der Zufall, da? eines Tages einer der Manner, die sie im Wald belauscht hatte, hier im Ort auftauchte. Elen glaubte, er habe sie wiedererkannt und furchtete um ihr Leben. Sie vertraute sich ihrem Vater an. Der wiederum witterte eine neue Moglichkeit, uns von unserer Fahrte abzubringen, und stimmte zu, da? sie uns die Geschichte erzahlte.

Da er vorher jedoch vorgegeben hatte, fest von Id-wals Schuld uberzeugt zu sein, und mir sogar untersagt hatte, weitere Ermittlungen anzustellen, machte mich dieser plotzliche Sinneswandel sehr mi?trauisch. Gwndas Problem war es, da? er alles, was er tat, immer ein wenig zu eifrig tat, da? er fadenscheinige Tatbestande aufbauschte und uberbewertete - so etwa das Blut an Mairs Kleidern, da? er sich mal weigerte, die Ermittlungen zu unterstutzen, und sich dann wieder sehr darum bemuhte.«

Sie machte eine Pause, und ihr Blick schweifte uber die schweigende Menge in der Halle.

»Dies, Prinz Cathen, ist die Wahrheit uber den Mord an Mair und Bruder Meurig, zu dem noch als weiteres Verbrechen Idwals Tod hinzukommt. Der Selbstmord von Iorwerth war nur eine Folge dieser Tragodie.«

Cathen hatte sich zuruckgelehnt und nickte nachdenklich. »Cadell, nimm den Fursten von Pen Caer und Buddog fest. Sie werden mit uns an den Hof von Gwlyddien zuruckkehren.« Dann zog der junge Prinz seine Augenbrauen zusammen. »Was ist mit den toten Seelen des Klosters Llanpadern? Die hast du aus den Augen verloren, Schwester.«

Fidelma schuttelte den Kopf und lachelte duster. »Die Klosterbruder habe ich keineswegs vergessen«, erwiderte sie.

Das Gericht hatte sich kurz zu einer Beratung zuruckgezogen, nachdem Buddog und Gwnda abgefuhrt worden waren. Als der Schreiber wieder um Ruhe bat, trat Eadulf vor die Menge. Fidelma blieb im Hintergrund, war jedoch jederzeit bereit, ihm beizuspringen, wenn er Unterstutzung brauchte. Sie hatten zuvor die Darlegung ihrer Beweisfuhrung abgesprochen.

»Prinz Cathen, ich beherrsche die Sprache der Kym-ren nicht so gut wie Schwester Fidelma. Doch ich denke, du wirst es mir nachsehen, wenn ich auf der Suche nach dem richtigen Ausdruck etwas Zeit brauche.«

Cathen lachelte. »Solltest du auf Latein und in der Sprache von Eireann reden wollen, so sei dir das anheimgestellt, denn beide Sprachen sind mir gelaufig. Keine Bange, ich bin sicher, da? es zu keinen Mi?verstandnissen kommen wird.«

»Vielen Dank, Prinz Cathen. Schwester Fidelma hat einen der beiden Falle aufgeklart, mit denen wir hier in Pen Caer beschaftigt waren. Eigentlich hat uns aber der gewichtigere der beiden Falle hergefuhrt: Das Verschwinden der Monche von Llanpadern, in deren Kloster auch dein Bruder Rhun lebte. Ich werde nun berichten, wie man die armen Bruder gefangennahm und warum die meisten von ihnen tot sind oder zu Sklaven gemacht wurden.« Eadulf wandte sich an Cadell. »Hol den Gefangenen Clydog.«

Unruhe kam auf, als zwei Wachleute den stattlichen Anfuhrer der Bande hereinbrachten. Er blickte sich herausfordernd in der Halle um, als wurde ihn gleichgultig lassen, was hier geschah. Dann entdeckte er Eadulf, der vor dem Gericht als sein Anklager stand, und schnaubte hohnisch.

»Schon, schon«, murmelte er, »das Gericht von Dy-fed scheint einen Sachsen zum Richter ernannt zu haben. Gibt es unter den Mannern von Dyfed keinen begabten Richter, da? man schon eure Blutsfeinde an den Gerichten zula?t?«

»Ich habe hier den Vorsitz, Clydog«, fuhr ihn Prinz Cathen barsch an. »Was immer hier geschieht, du stehst mir oder meinem Vater Gwlyddien Rede und Antwort. Fahre mit deinen Ausfuhrungen fort, Bruder Eadulf.«

Eadulf betrachtete eine Weile das arrogante Gesicht des Geachteten. Dann fragte er: »Gefangener, mochtest du hier vor dem Gericht von Dyfed als Clydog Cacynen - Clydog, die Wespe, auftreten, als gewohnlicher Geachteter und Dieb? Oder ziehst du es vor, lieber als Clydog, Sohn des Konigs Artglys von Ceredigion, angehort zu werden?«

In der Halle war kein Laut zu vernehmen.

Clydog lachte leise. »Nun, Sachse, du und deine Gwyddel-Freundin, ihr seid offenbar gute Beobachter. Ich werde hier als Prinz Clydog von Ceredigion auftreten.«

Eadulf wandte sich wieder an Cathen, der Clydog erstaunt ansah. »Du hattest recht, mein Lord, als du bei unserem Treffen in der Abtei Dewi Sant vermutetest, da? Ceredigion hinter dem Geschehen im Kloster Llanpadern stecken konnte. Mit deiner Erlaubnis wahle ich die gleiche Darlegungsweise wie Schwester Fidelma vor mir fur die Geschehnisse in Llanpadern. Ich werde die Geschichte der Reihe nach erzahlen, und sollten wir Zeugen oder Erganzungen fur meine Aussagen benotigen, so werden sie zugelassen.«

Cathen hob seine Hand zum Zeichen, da? Eadulf beginnen moge. Der Prinz schien zu uberrascht von allem, um etwas sagen zu konnen.

»Ceredigion hegt schon seit langem feindliche Absichten gegen Dyfed. Das hast du uns gesagt. Als Teil ihres Plans hat sich Clydog ins Herzstuck von Dyfed eingeschlichen, um Unruhe zu stiften und Uneinigkeit unter den Bewohnern des Konigreiches zu schaffen. Es war leicht fur ihn, sich mit seinen Leuten im Wald zu verbergen. Das Auftreten als Rauberbande diente ihm dabei als Deckmantel.

Worin bestand nun der Plan? Das ist nicht weiter schwierig. Falls man die Leute von Dyfed glauben machte, die Angelsachsen steckten hinter dem Ganzen und Konig Gwlyddien mu?te eine Armee aufstellen und gegen die sachsischen Konigreiche in den Krieg ziehen, bliebe Dyfed schutzlos zuruck. Waren die Krieger erst einmal fort, konnten die Manner aus Ceredigion einmarschieren und das Konigreich an sich rei?en. Eine ganz einfache Strategie.«

Cathen schuttelte den Kopf. »Einfach, aber untauglich. Die Leute von Dyfed wurden sich gegen Ceredigion erheben. Die Herrschaft eines Prinzen von Ceredigion wurden sie niemals akzeptieren, und unsere Krieger wurden zuruckkehren und weiterkampfen.«

»Damit rechnete man«, erwiderte Eadulf. »Doch dazu spater. Wie alle simplen Plane war auch dieser nicht

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