behandelte seine Frau nicht gut, sie starb fruh. Wegen seiner Schuldgefuhle verwohnte er Mair uber Gebuhr. Idwal, Iolos Pflegesohn, war ein schlichter, freundlicher Junge, und er und Mair fuhlten sich auf seltsame Art zueinander hingezogen.«

»Wo steckt Iorwerth uberhaupt?« fuhr Gwnda in befehlsgewohntem Ton dazwischen. »Er sollte hier sein, um diese abartige Geschichte zu widerlegen.«

Fidelma schaute zu Goff. »In Iorwerths Abwesenheit konnen du und deine Frau Rhonwen dem Gericht sagen, ob die Geschichte bisher den Tatsachen entsprach.«

Goff blickte zu Boden. Seine Frau ergriff das Wort.

»Dein Bericht entspricht der Wahrheit. Bisher hast du nichts hinzugefugt. Mein Mann war der zweite Lehrling in Dinas, und, wie alle wissen, war Esyllt, Iorwerths Frau, seinerzeit meine beste Freundin.«

»Was man nicht ahnte«, fuhr Fidelma fort, »war, da? die gegenseitige Anziehung zwischen Idwal und Mair nicht auf sexueller Ebene lag, sondern viel tiefer war. Idwal und Mair hatten den gleichen Vater, wu?ten es aber nicht.«

»Das mu?t du beweisen!« rief Gwnda uber den allgemeinen Tumult hinweg, der auf ihre Behauptung hin entstanden war.

»Kurz vor seinem Tod gab Iolo dem kleinen Idwal etwas, das seiner Mutter gehort hatte. Es war eine Kette aus Rotgold mit einem Hasen daran.«

»Idwal ist tot«, rief Gwnda. »Nichts von dieser Geschichte kann bewiesen werden.«

Fidelma lachelte. Sie wandte sich Elen zu.

»Es ist wahr«, flusterte das Madchen.

»Sprich lauter, Kind«, sagte Cathen. »Wenn du etwas mitzuteilen hast, so soll es das Gericht horen.«

Elen hob den Kopf. Tranen rannen uber ihre Wangen. »Es ist wahr«, sagte sie ein wenig entschlossener. »Der Schafer Iolo hat Idwal erzahlt, von wem die Kette stammte. Als man Idwal des Mordes beschuldigte, wurde ihm klar, da? man ihm seinen kostbaren Besitz wegnehmen wurde. Er wollte, da? die Kette in Sicherheit kame, und gab sie mir.«

»Wo ist sie nun?« fragte Cathen.

Fidelma hielt die Kette hoch. »Elen hat sie mir gegeben und mir erklart, wie sie in ihre Hande gelangt ist. Sie ist so unverwechselbar, da? ich sicher bin, Goff wird sie als ein Schmuckstuck erkennen, das sein Schmiedemeister Gurgust angefertigt hat. Efa hat die Kette immer getragen. Goff und Rhonwen hatten sie mir schon beschrieben, als man sie noch verloren glaubte.«

Goff hatte sich erhoben und starrte die Kette an. »Das ist sie«, bestatigte er leise. »Die wurde ich immer wiedererkennen.«

Nun ertonte ein Schrei, und Gerausche von einem kleinen Aufruhr wurden laut. Die Augen wandten sich dorthin, wo Iestyn sa?. Bisher hatte er mit versteinerter Miene schweigend zugehort, doch jetzt bemuhte er sich, aufzustehen. Seine Augen waren weit aufgerissen, das Gesicht vor Ha? verzerrt.

»Behauptest du etwa, da? Iorwerth Idwals Vater war?« rief er zornig. Die Wachleute stie?en ihn wieder auf seinen Platz zuruck.

»Schade, da? Iorwerth nicht hier ist«, murmelte Gwnda. »Er sollte die Anschuldigungen horen. Wenn es stimmt, was du sagst, so wurde auch er diese Kette wiedererkennen.«

»Er hat die Kette wiedererkannt«, sagte Fidelma. Iestyns Bemerkung uberging sie. »In Bruder Eadulfs Beisein habe ich sie ihm gezeigt.«

»Wo ist er eigentlich?« wollte Gwnda wissen.

»Als er sie erkannt hatte und ihm klar wurde, da? Idwal sein und Efas Sohn war, sind die Nerven mit ihm durchgegangen. Verstehst du, er hat geholfen, seinen Sohn, sein eigen Fleisch und Blut, wegen der Vergewaltigung und dem Mord an seiner Tochter aufzuhangen.«

»Wo steckt er, Schwester?« fragte nun auch Cathen. »Er sollte hier vor Gericht erscheinen.«

Cadell rausperte sich. Auf Fidelmas Wink hin trat er vor. »Mein Prinz, seine Leiche liegt in seiner Schmiede. Im Auftrag von Schwester Fidelma bin ich beim ersten Tageslicht zu einer Stelle im Wald aufgebrochen, die sie mir beschrieben hatte. Dort fand ich den Toten. Er hat sich selbst erhangt. Schwester Fidelmaund Bruder Eadulf haben Iorwerth vergangene Nacht entdeckt und vom Baum abgeschnitten, ehe sie kurz darauf in Clydogs Fange gerieten.«

Die Menge stohnte vor Entsetzen auf.

»Iorwerth konnte nicht mit dem Gedanken leben, da? er seinen eigenen Sohn umgebracht hatte«, fuhr Fidelma fort. »Und auch nicht damit, da? es diesen Sohn, wie er glaubte, nach seiner eigenen Schwester gelustet und er sie ermordet hatte.«

»Dieser Schafer Iolo, der Idwal aufzog, war das der Krieger, von dem du gesprochen hast?« erkundigte sich Cathen. »War Iolo derjenige, mit dem sich die ungluckliche Efa zusammengetan hatte, nachdem sie von Iorwerth schwanger war?«

Zu aller Uberraschung schuttelte Fidelma den Kopf. Sie wandte sich Iestyn zu. »Iolo war niemals ein Krieger, nicht wahr, Iestyn?«

Der Bauer starrte finster zu Fidelma hinuber.

»Jetzt mu?t du doch nichts mehr abstreiten, oder? Es gibt Leute hier, die wissen, da? du in deiner Jugend ein Krieger gewesen bist. Und da? du Iolos Bruder bist. Ich schatze, Iolo hatte Mitleid mit dem kleinen Kind und hielt es fur deins? So nahm er Idwal in Pflege, und du hast ihm Efas Kette gegeben. Ist es so gewesen?«

Iestyn sagte nichts.

»Spater warst du zu alt fur das Kriegshandwerk und hast dich als Bauer in Pen Caer niedergelassen. Idwal hat dir nichts bedeutet, au?er da? er dich standig an deine Vergangenheit erinnerte. Jedesmal, wenn du ihn sahst, hat er dich an Efa gemahnt. Ich schatze, da? du Efa umgebracht hast, nicht wahr?«

Iestyn schaute mit ha?erfullten Augen auf.

»Das wirst du nie beweisen konnen, Gwyddel«, stie? er hervor.

»Ich glaube nicht, da? das notig ist. Dein Anteil an der Verschworung von Llanpadern, auf die ich noch zu sprechen komme, ist Verbrechen genug, um dich zu bestrafen. Dennoch ist es gut, diese Geschichte zu klaren. Es genugt mir, da? du nichts abstreitest. Als Iolo starb, warst du Erbe seines Besitzes, und als erstes hast du Idwal rausgeworfen, der nun ganz auf sich gestellt war. Er mu?te als umherziehender Hirte seinen Unterhalt verdienen, blieb jedoch in dieser Gegend und war dir, ohne es selbst zu wissen, stets ein Dorn im Auge.

Als Idwal des Mordes an Mair angeklagt wurde, dachtest du, dies sei die Chance, den Jungen und mit ihm deine Schuldgefuhle loszuwerden. Also hast du den Rachefeldzug gegen ihn angefuhrt. Du hast die Bewohner zu einem solchen Ha? aufgestachelt, da? sie das Gesetz selbst in die Hand nahmen. Deine Schuld war auch das Motiv fur deine Beteiligung an Idwals Hinrichtung.«

»Ich habe das nicht allein getan!« rief Iestyn.

»Das stimmt. Mitschuld tragt jeder, der bei Idwals Ermordung dabei war. Doch am tragischsten war Iorwerths Rolle, Idwals leiblichem Vater, und wegen dieses Verbrechens hat er sich dann selbst gerichtet.«

»Einen Augenblick, Schwester Fidelma.« Cathen unterbrach sie nachdenklich. »Du hast uns eine furchtbare Geschichte erzahlt, und es scheint, als wurden genugend Leute sie bestatigen konnen. Und du sagst, da? Idwals Tod ein Verbrechen ist. Das mag sein. Doch was ist mit den Verbrechen, die an Mair und Bruder Meurig begangen wurden? Was immer Iestyn in der Vergangenheit auf dem Kerbholz hat, du scheinst ihn nicht wegen dieser Morde anzuklagen, Idwal aber hast du auch noch nicht freigesprochen.«

Fidelma neigte leicht den Kopf und lachelte. »Du bist ein kluger Richter, Prinz Cathen. Bisher haben wir nur das Feld abgesteckt und versucht, den Nebel aufzulosen, der die zentrale Handlung dieser Tragodie verdunkelte.«

Wieder legte sie eine Pause ein.

»Iorwerth glaubte nur das Beste von seiner Tochter Mair. So behauptete er, sie sei noch Jungfrau gewesen und beschuldigte Idwal, sie vergewaltigt zu haben. Mair hatte jedoch schon sexuelle Erfahrungen gemacht. Ihre Freundinnen wu?ten, da? sie mehrere Manner kannte und vor allem reifere Manner vorzog. Sie hatte einen Liebhaber.«

»Das ist eine gefahrliche Mutma?ung. So etwas darfst du nur behaupten, wenn du Beweise hast ...«, warnte Cathen sie.

»Oh, wenn es erforderlich ist, kann ich mehrere Zeugen aufrufen, die es bestatigen. Sogar Elen, Gwndas Tochter. Meinst du, da? das zu diesem Zeitpunkt notwendig ist?«

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