»Sie folgte nur unwillig der Aufforderung, zuruckzukommen. Glucklicherweise ist sie fur ein paar Tage bei Goff geblieben, so mu?ten wir nicht die ganze Strecke nach Llanrhian reiten, um sie zu holen. Ich nehme an, sie ist nicht besonders froh, wieder hier zu sein.«

»Also ist alles bereit, Schwester«, meinte Cathen, »so wie du es angeordnet hast.«

»Ist Gwnda auch da?«

»Ja, und er ist recht unglucklich daruber«, erwiderte Cathen. »Als Furst von Pen Caer hatte er normalerweise den Vorsitz bei diesem Gericht, doch nun werde ich auf deine Bitte hin selbst dieses Amt ubernehmen.«

»Es steht in deiner Macht, Prinz Cathen, dafur zu sorgen, da? die Anhorung rechtma?ig verlauft. Ich habe keine rechtliche Befugnis hier. Nachdem ich die Fakten dargelegt habe, wirst du entscheiden, welche rechtlichen Schritte eingeleitet werden mussen.«

»So soll es sein.«

»Dann geh voran, wir kommen gleich nach.«

Prinz Cathen und Cadell liefen zur Halle. Fidelma horte, wie das Stimmengemurmel erwartungsvoll abebbte.

Buddog machte sich immer noch in der Kuche zu schaffen.

»Buddog, kommst du nicht mit?«

Die Haushalterin schuttelte den Kopf. »Ich bin nur eine Bedienstete, Lady. Ich darf wahrend offentlicher Verhandlungen Gwndas Halle nur betreten, um Gaste zu bedienen.«

»Aber du hast das Recht, heute daran teilzunehmen und zu horen, was sich in den letzten Tagen wirklich ereignet hat. Eadulf wird dich hereinbringen und dir einen Platz besorgen.«

Eadulf erhob sich und bedeutete Buddog, ihm zu folgen. Widerstrebend schlo? sie sich ihm an.

Fidelma sa? noch am Tisch und trommelte mit den Fingern auf das Holz, sie starrte angespannt ins Leere. Dann stie? sie einen tiefen Seufzer aus, stand auf und betrat Gwndas Halle.

Viele Leute waren hier versammelt. Prinz Cathen hatte sich auf dem Amtsstuhl niedergelasssen. Gwnda, als Furst von Pen Caer, sa? neben ihm. Gwnda war anzusehen, da? er dem Prinzen seinen Platz nur ungern uberlasssen hatte. Er blickte Fidelma bose an, als sie hereinkam. Einer der Manner, die Cathen mitgebracht hatte, war offenbar ein Schreiber. Cathens Leute waren uberall in der Halle postiert. Und Cadell war bereit, seine Aufgabe als Verhandlungsfuhrer zu ubernehmen.

Fidelma war an der Tur stehengeblieben. Schweigen breitete sich in der Halle aus. Fidelma sah Elens schmollendes Gesicht, sie sa? in der Nahe ihres Vaters. Da waren Goff, seine dickliche Frau Rhonwen und ihr Sohn Dewi; Fidelma lachelte ihm zu. Hatte sich der Junge nicht zur Abtei Dewi Sant auf den Weg gemacht, hatte die Geschichte fur sie einen fatalen Ausgang nehmen konnen. Buddog sa? linkisch auf dem Platz, den ihr Eadulf angewiesen hatte. Nicht weit weg von ihr hockte Iestyn mit zwei Bewachern neben sich.

Cadell hatte genau nach ihren Anweisungen gehandelt. Clydog, Corryn und ihre Anhanger befanden sich nicht in der Halle, sondern wurden in Gwndas Scheune gefangengehalten, bis sie sie rufen lie?.

Cathen blickte zum Schreiber hinuber, der mit dem Knauf seines Dolches auf den Tisch klopfte. Das ware nicht notig gewesen, denn in der Halle herrschte bereits Ruhe.

»Wir sind bereit, dich anzuhoren, Schwester«, sagte Cathen wurdevoll.

Fidelma trat in die Mitte des gro?en Raumes. Dort stand schon Eadulf Cathen genau gegenuber. »Prinz Cathen, bitte bestatige vor diesem Gericht, da? ich und Bruder Eadulf durch die Genehmigung und Vollmacht von Gwlyddien, deinem Vater, dem Konig von Dyfed, hier zu sprechen befugt sind.«

»Das wird in vollem Umfang bestatigt. Schwester Fidelma von Cashel und Bruder Eadulf von Seax-mund’s Ham, die in ihrer Heimat als Richter tatig sind, sind im Auftrag meines Vaters, des Konigs von Dyfed, nach Pen Caer gekommen. Um die Sache zu erleichtern, hat der Konig verfugt, sie als ehrenamtliche barnwrs dieses Konigreiches anzuerkennen. Wir sind hier, um uns das Resultat ihrer Ermittlungen anzuhoren.«

Fidelma blickte sich feierlich um, als sammle sie noch einmal ihre Gedanken, dann wandte sie sich an Prinz Cathen. »Wir sind zusammen mit Bruder Meu-rig nach Llanwnda gekommen, denn zwei Falle bedurften der Untersuchung. In dem einen Fall hatte uns Konig Gwlyddien um Hilfe gebeten - es ging um das Verschwinden der Monche von Llanpadern. Der andere Fall war der, den Bruder Meurig - als erfahrener Richter dazu ausgewahlt - untersuchen sollte, namlich den Tod von Mair, der Tochter von Iorwerth, dem Schmied dieses Ortes.

Anfanglich nahmen wir an, da? diese beiden Falle nichts miteinander zu tun hatten. Dann fragte ich mich, ob es nicht doch einen Zusammenhang geben konnte, denn bestimmte Personen waren in beide Falle verwickelt.«

In der Halle war kein Laut zu vernehmen, als Fidelmaeinen Moment lang schwieg.

»Prinz Cathen, mit deiner Erlaubnis werde ich bei der Darlegung beider Falle mit Mairs Ermordung und dem Resultat beginnen ...«

»Einspruch!« rief Gwnda. »Dieser Fall uberschreitet die Kompetenz einer Fremden, ganz gleich was sie fur ein Ansehen in ihrem Land genie?en mag.«

Cathen brachte ihn mit einer Geste zum Schweigen. »Ich habe bereits uber ihren Aufgabenbereich entschieden«, sagte er streng. »Mein Vater hat verfugt, da? sie auch den Tod von Bruder Meurig untersuchen und Beschuldigungen vorbringen darf. Und da dies der Richter war, der in Mairs Tod ermittelt hat, so meine ich, da? es nun auch zu ihren Pflichten gehort, ihre Beweisfuhrung in diesem Fall vorzutragen.«

»Bruder Meurig ist von Idwal umgebracht worden. Idwal hat auch Mair ermordet. Das Verbrechen sollte zu den Akten gelegt werden«, widersprach Gwnda.

»Leugnest du etwa, da? auch dir schon Zweifel an Idwals Schuld gekommen sind?« fragte Fidelma. »Deine Tochter Elen nahm an, da? man Mair versehentlich umgebracht hat. Weil sie gewisse Verschworer im Wald belauscht hatte, sollte sie dran glauben, so dachte sie. Stimmt das nicht, Gwnda? Du hast sogar erlaubt, da? Elen mir das mitteilte.«

»Aber ich habe mich ihrer Sicht der Dinge nicht angeschlossen«, erwiderte Gwnda gereizt.

Cathen blickte in Elens von Furcht gezeichnetes Gesicht. »Ist das wahr, Elen? Hast du das gesagt, und hat dein Vater dir erlaubt, daruber mit Schwester Fidelmaund Bruder Eadulf zu sprechen?«

»Es ist wahr«, antwortete ihm Elen ehrlich, froh schien sie daruber aber nicht zu sein.

Cathen schaute wieder zu Fidelma. »Dann ist Gwndas Einspruch abgelehnt. Fahr fort, Fidelma von Cashel.«

Fidelma hielt kurz inne, als ordne sie ihre Gedanken.

»Die Ursprunge dieser Tragodie - und damit meine ich Mairs Tod - reichen viele Jahre zuruck. Es ist besser, wenn ich die Geschichte so genau wie moglich wiedergebe. Sollte mir ein Irrtum unterlaufen, werden mich die hier versammelten Zeugen berichtigen. So werdet ihr schlie?lich erfahren, da? die Hand, die Mair ermordete, nicht die gleiche war, die Bruder Meurig umgebracht hat.«

Gemurmel wurde laut in der Halle. Der Schreiber klopfte auf den Tisch, und es kehrte wieder Ruhe ein.

»Wie ich bereits sagte, die Ursprunge dieser Tragodie reichen viele Jahre zuruck und liegen an einem Ort nicht weit von hier, der Dinas hei?t«, fuhr Fidelma fort. Goff rutschte unruhig auf seinem Platz hin und her. »Zwei junge Lehrlinge arbeiteten damals in der Schmiede von Gurgust. Einer der beiden war Goff, der andere Iorwerth, Mairs Vater. Gurgust, der Schmiedemeister, hatte eine Tochter namens Efa.«

Elen lehnte sich neugierig vor.

»Iorwerth schwangerte Efa. In einem Zornesausbruch warf Gurgust seinen Lehrling Iorwerth hinaus. Seine Wut verrauchte nicht, so verstie? er auch seine eigene Tochter. Verzweifelt nach Sicherheit suchend, lie? sich Efa mit einem umherziehenden Krieger ein, den die meisten fur den Vater ihres Kindes hielten. Ich kann nur vermuten, was dann geschah, doch ich hoffe, da? die betreffende Person den Mut aufbringt, zu bestatigen, was ich sage. Dieser Krieger tat sich mit Efa zusammen, doch kurz nach der Geburt des Sohnes kam es zu einem heftigen Streit zwischen ihnen. Vielleicht wollte der Krieger einfach nicht das Kind eines anderen Mannes aufziehen.

Der Krieger verschwand. Efa fand man erwurgt, ihr Kind war fort. In glucklicheren Zeiten hatte Gurgust fur seine Tochter eine Kette aus Rotgold angefertigt, mit einem juwelenverzierten Anhanger, der einen Hasen darstellte. Diese Kette war auch weg. Man nahm an, der Morder hatte sie gestohlen.

Ein wenig spater tauchte ein Schafer namens Iolo bei Garn Fechan auf und wurde mit seiner Herde dort ansassig. Er zog einen Jungen namens Idwal auf, der nicht sein leiblicher Sohn war. Hier in Llanwnda heiratete Iorwerth unterdessen ein Madchen, das Esyllt hie?. Sie hatten eine Tochter, die sie Mair nannten. Iorwerth

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