schreiend aus dem Zimmer. Wir konnten uns seine Worte kaum zusammenreimen .«

Eadulf fuhlte, wie es ihm kalt den Rucken hinunterlief. Er erinnerte sich an die Frau, die er am Abend zuvor nahe der Kapelle gesehen hatte, und daran, wie jeder darauf reagiert hatte.

»Diese . diese Erscheinung stand in Fidelmas Zimmer?«

»Ja.«

»Aber du sagtest, ihr ginge es gut?« Eadulf erhob sich hastig.

»Sie lag im Fieberschlaf, wir konnten sie nicht wek-ken, als wir den Fall untersuchten. Von der Frau fanden wir keine Spur.«

Eadulf wollte fort. »Sicher willst du dich um Bruder Redwald kummern, aber ich mochte nun auch sehen, ob Schwester Fidelma durch diesen Zwischenfall nichts zugesto?en ist - was auch immer ihn verursacht haben mag.«

»Warte noch, Bruder«, rief der dominus und stand auf, um ihn zuruckzuhalten. »Warte, ich habe dir noch nicht alles gesagt.«

Eadulf fuhr herum, von plotzlichen Befurchtungen gepackt.

»Was hast du mir noch nicht gesagt?«

»Abt Cild untersuchte die Angelegenheit. Er erklarte mir, da? du ebenfalls eine Frau nahe der Kapelle gesehen haben willst und sie ihm als Gelgeis beschrieben hast. Mir hast du auch davon erzahlt. Jetzt hat sie Bruder Redwald gesehen. Der Abt ist beinahe au?er sich vor Angst, wenn ich dir das auch nicht sagen sollte. Cild behauptete, er habe diese Gestalt bereits mehrmals erblickt. Nun erscheint sie anderen. Das ist offensichtlich schwarze Magie.«

Eadulf schnaubte verachtlich. Innerlich empfand er freilich eine Furcht, die von dem uralten Glauben seines Volkes herruhrte.

»Das ist Abt Cilds Problem«, sagte er argerlich und wandte sich zum Gehen.

»Abt Cild glaubt, es sei der Geist seiner toten Frau«, rief der dominus. »Au?erdem glaubt er, da? diese Magie in die Abtei gelangte, als du und deine Gefahrtin in diesem Konigreich ankamen. Es gibt dafur nur eine einzige Erklarung.«

Eadulf fuhr herum und stand Bruder Willibrod mit klopfendem Herzen gegenuber.

»Eine einzige Erklarung? Was meinst du damit?«

»Der Abt glaubt, da? deine Gefahrtin den Geist seiner toten Frau durch bosen Zauber heraufbeschworen hat. Wir haben Schwester Fidelma in ihrem Zimmer eingeschlossen, wo sie ihre Bestrafung wegen Hexerei zu erwarten hat.«

Kapitel 8

Eadulf blieb jah vor der Tur des Gastezimmers stehen. Ein untersetzter, muskuloser Monch, der mit gekreuzten Armen unbeweglich davor stand, verwehrte ihm den Zugang. Einen Augenblick schien es, als wolle sich Eadulf auf ihn sturzen, doch Bruder Willibrod war ihm nachgeeilt.

»La? ihn durch«, befahl er, der Monch trat sofort beiseite, und Eadulf ging rasch hinein.

Fidelma lag im Bett, ihr Atem ging schwer und rasselnd.

Eadulf blieb einen Moment an der Tur stehen und rang um Fassung. Dann schritt er langsam weiter.

Fidelma schien zu schlafen, aber es war kein naturlicher Schlaf. Schwei?perlen standen auf ihrer Stirn, und sie war schwei?gebadet. Offensichtlich hatte sich ihr Schuttelfrost zu hohem Fieber gesteigert, und dieses Fieber mu?te in dieser Nacht seinen Hohepunkt uberschreiten, oder es wurde gefahrlich werden. Eadulf wu?te, was solch ein Fieber bedeutete.

Er wandte den Kopf, als er einen leisen Schritt hinter sich vernahm.

Bruder Willibrod war eingetreten und stand neben ihm.

»Ich sagte dir schon, da? deiner Gefahrtin nichts geschehen ist«, flusterte er. »Niemand war nahe bei ihr au?er Bruder Redwald und der Erscheinung, die er gesehen hat.«

Eadulf schaute nach den Medikamenten, die er auf dem Seitentisch gelassen hatte.

»Und niemand hat ihr etwas gegeben au?er dem, was ich ihr verordnet habe?«

»Bruder Redwald gab ihr nur etwas Wasser heute morgen, und als er mittags wiederkam, schlief sie so wie jetzt. Da lie? er sie in Ruhe. Bruder Higbald schaute vor kurzer Zeit nach ihr. Sie ist nicht vernachlassigt worden.«

»Wann soll Bruder Redwald diese Erscheinung gesehen haben?«

Bruder Willibrod blickte unsicher drein.

»Bruder Redwald kam kurz nach Einbruch der Dunkelheit her und wollte Kerzen anzunden und sehen, ob sie noch etwas brauchte.«

»Und wann haben die frommen Bruder sie wegen Hexerei verurteilt?« Eadulf konnte die Bitterkeit in seinem Ton nicht verbergen.

Bruder Willibrod scharrte verlegen mit den Fu?en.

»Niemand hat sie verurteilt ... Du mu?t mit Abt Cild sprechen, denn auf seinen Befehl hin wurde sie eingeschlossen. Er hat angeordnet, dich sofort nach deiner Ruckkehr zu ihm zu bringen.«

Eadulf verzog argerlich das Gesicht.

»Abt Cild kann warten. Erst mu? ich mich um Schwester Fidelma kummern. Dieses Fieber, das sie sich zugezogen hat, befindet sich in einem kritischen Stadium.«

Bruder Willibrods eines Auge weitete sich entsetzt.

»Aber der Pater Abt wird zornig ...«

Eadulf fuhr herum und sah dem erschrockenen dominus aus wenigen Zentimetern ins Auge. Dieser hielt dem Blick nicht stand.

»Ich bin schon zornig. Zornig, weil ein Mann, der sich Abt einer heiligen Gemeinschaft nennt, von Hexerei reden kann, von Geistern und Damonen und .«

Eadulf tat so, als ware er zu aufgeregt, um weiterzusprechen, doch was ihn innehalten lie?, war die Erinnerung daran, welcher Art erst vor kurzer Zeit seine eigenen Gefuhle gewesen waren, als er das ignis fatuus auf dem Moor tanzen sah. Um seine Verwirrung zu verbergen, wandte er sich wieder Fidelma zu.

Es gab keinen Zweifel, da? er auch eine Frau gesehen hatte, und zwar eine Frau, deren Beschreibung ihre Wirkung auf den Abt gehabt hatte. Welches Geheimnis steckte dahinter? Glaubte der Abt wirklich, ihn verfolge der Geist seiner toten Ehefrau? Die Frau, die Eadulf erblickt hatte, besa? eine korperliche Existenz. Sie war kein Schatten, dessen war er sich sicher.

»Ist Wasser hei? gemacht?« fragte er.

Der dominus wies wortlos auf das Feuer.

Eadulf ging zu dem siedenden Kessel und schopfte mit einem Becher etwas Wasser heraus. Er beschaftigte sich damit, einen frischen Trank aus Krautern zu bereiten, die er sorgfaltig aus seinem Beutel auswahlte. Der dominus beobachtete ihn mit wachsender Ungeduld. Schlie?lich sagte er: »Ich gehe zum Abt und erklare ihm, da? du zuruck bist und ihn aufsuchst, sobald du Schwester Fidelma die Medizin verabreicht hast.«

Eadulf machte sich nicht die Muhe, ihm zu antworten, und nahm seinen Abgang kaum wahr. Er mischte den Aufgu? und trat an Fidelmas Bett.

»Fidelma«, flusterte er.

Sie bewegte sich und stohnte im Fieber.

Sanft schob er ihr die Hand unter den Kopf und hob ihn an, dann setzte er ihr den Becher mit der Medizin an die Lippen.

»Trink das. Es wird dir guttun. Nur ein paar Schluck.«

Er lie? die Flussigkeit zwischen ihre Lippen rinnen. Fidelma schluckte unwillkurlich etwas davon, ohne zu erwachen oder die Augen zu offnen.

Schlie?lich lie? er ihren Kopf wieder auf das Kissen sinken und stellte den Becher auf den Tisch.

Er befuhlte ihre Stirn. Sie war hei? und feucht.

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