reine Bosheit, auf die du dich da eingelassen hast. Ich appelliere an den Rest Menschlichkeit in dir und habe nur eine Bitte: Fidelma von Cashel wird noch ein paar Tage brauchen, um sich von ihrer Krankheit zu erholen. Im Namen des Gottes, den du zu vertreten behauptest, gib uns diese Zeit fur ihre Genesung, ehe du sie hervorzerrst, um deine blinde Grausamkeit zu uben.«

Eadulf sprach in ruhigem Ton, aber in seiner Stimme lag eine Leidenschaft, die Abt Cild stutzen lie?.

»Ich bin nicht unmenschlich«, verteidigte sich der Abt. Eadulf merkte, da? die Furcht nicht aus seinem Blick gewichen war. »Doch ich kann nicht zulassen, da? noch weiteres Unheil diese Abtei heimsucht. Die Frau erhalt zwei Tage, um sich zu erholen - mehr nicht. Dann konnt ihr euch auf eure Verteidigung vorbereiten.«

Er wandte sich um und bemerkte, da? der dominus, Bruder Willibrod, mit mehreren Monchen, die Eimer und Bursten trugen, zuruckkam und den Hochaltar saubern wollte.

»Bruder Willibrod, du bringst Bruder Eadulf wieder ins Gastezimmer. Er bleibt dort und wartet meine weiteren Befehle ab.«

Der dominus verneigte sich und machte seinen Begleitern ein Zeichen, da? sie ihre Arbeit aufnehmen sollten, wahrend der Abt die Kapelle verlie?. Dann sah er Eadulf entschuldigend an und ging neben ihm her.

»Ich wei? nicht, was ich sagen soll, Bruder«, murmelte er. »All diese Ereignisse sind seltsam beunruhigend.«

»Du glaubst doch wohl nicht, da? der Schatten von Gelgeis in diesen Mauern umgeht, oder?« fragte Eadulf. »Was hier passiert, ist Menschenwerk.«

Bruder Willibrod zuckte die Achseln. »In deiner gestrigen Beschreibung der Frau, die du vor der Kapelle gesehen haben willst, erkannte ich Gelgeis.«

»Ich merkte, da? du verstort warst«, gab Eadulf zu.

Bruder Willibrod pre?te die Lippen zusammen.

»Es horte sich wirklich wie Lady Gelgeis an. Und was der junge Redwald sah, scheint diese Meinung zu bestatigen.«

»Also glaubst du, da? der Geist von Gelgeis den Abt verfolgt? Warum?«

Bruder Willibrod verzog das Gesicht, doch Eadulf konnte seine Miene nicht deuten.

»Ich wurde sagen, das ist genau das, was Gelgeis tun wurde, wenn es in ihrer Macht stunde.«

»Das verstehe ich nicht.«

Bruder Willibrod verhielt den Schritt und sah sich plotzlich verschworerisch um.

»Ich will dir die Wahrheit gestehen. Lady Gelgeis war alles andere als eine gefugige Frau. Sie war hart, herrschsuchtig und rucksichtslos. Ich konnte es so-gar verstehen, wenn Cild sich so weit vom richtigen Weg getrieben fuhlte, da? er sie sich vom Halse schaffte.« Er zogerte und wurde rot. »Ich will damit nicht behaupten, da? er es tat«, fugte er rasch hinzu. »Ich glaube auch nicht, da? er es getan hat. Aber Lady Gelgeis war gehassig und sittenlos.«

Eadulf starrte ihn uberrascht an.

»Kanntest du sie gut?«

»So gut es mir in meiner Rolle als dominus moglich war.«

»Wie lange bist du hier dominus

»Ich war schon in der Abtei, als Cild und Gelgeis herkamen.«

»War sonst noch jemand deiner Meinung uber ihren Charakter?«

Willibrod schnaubte verachtlich.

»Danach mu?t du die anderen selber fragen, obgleich die meisten sie nicht so lange und so gut gekannt haben wie ich. Ich habe meine Meinung. Das entspricht nicht der von Abt Cild, deshalb mochte ich nicht, da? du ihm enthullst, wie wenig ich seine Frau schatzte.« Er brach ab und deutete mit einem Kopfnicken den Gang entlang, wo Bruder Beornwulf, die machtigen Arme uber der Brust gekreuzt, auf einem dreibeinigen Schemel sa?. »Du bleibst in eurem Zimmer, wie der Abt es befohlen hat. Es tut mir leid, da? es so weit gekommen ist, Bruder Eadulf.«

Er drehte sich um und eilte davon.

Eadulf kehrte in Fidelmas Zimmer zuruck und empfand kalte Furcht. Geister wandelten umher, der Hochaltar wurde entweiht, und Leute, die die Frau des Abts zu ihren Lebzeiten gekannt hatten, schworen, da? es ihre Gestalt war, die ihn verfolgte. Trotz seiner Befurchtungen ging er zuerst zu Fidelma und stellte fest, da? sie tief in gesundem Schlaf lag.

Er setzte sich auf seinen Stuhl und versuchte seine wirren Gedanken zu ordnen.

Im Augenblick war keine Entscheidung zu treffen. Sie mu?ten Bruder Higbalds Vorschlag annehmen. Ihre Sicherheit war wichtiger als die Losung des Ratsels. Den Kopf voller widerspruchlicher Gedanken, sank er wieder in einen unruhigen Schlaf.

Als er erwachte, wurde der Raum von strahlendem Morgenlicht erhellt. Er begriff, da? er durch den Eintritt Bruder Redwalds geweckt worden war, der ein Tablett mit zwei dampfenden Schusseln, Brot und ein paar Apfeln trug.

Der junge Mann lachelte entschuldigend. Er schien verlegen.

»Ich habe das Fruhstuck fur die Schwester und fur dich gebracht, Bruder.«

Eadulf musterte ihn vorsichtig.

»Wie geht es dir jetzt?« fragte er.

Redwald stellte das Tablett ab.

»Ich bitte um Verzeihung fur meinen Zustand gestern abend. Ich war wirklich erschrocken. Heute morgen habe ich mich beruhigt und kann meinen Pflichten wieder nachkommen.« Er verneigte sich unsicher und ging zur Tur. »Wenn ihr noch etwas braucht, Bruder Beornwulf ist hier drau?en.«

Er zogerte unentschlossen. Dann lachelte er Eadulf rasch zu.

»Du warst sehr rucksichtsvoll zu mir, Bruder. Es tut mir leid, da? du in dieser schwierigen Lage bist. Ich hoffe, da? nicht etwas, was ich getan habe, dazu gefuhrt hat. Doch ich habe Lady Gelgeis wirklich gesehen, das schwore ich. Wenn sie ein Geist war, wollte sie mir aber wohl nichts tun, deshalb bedaure ich es, wenn Schaden daraus entsteht.«

Eadulf suchte ihn zu beruhigen.

»Mach dir keine Sorgen, Redwald. Du kannst nichts fur die Handlungen anderer.«

Als der junge Mann gehen wollte, hielt Eadulf ihn zuruck.

»Hattest du Lady Gelgeis gern?« fragte er.

Einem Moment sah der junge Mann verwirrt drein, schlie?lich nickte er.

»Sie war nett zu mir. Ich sagte schon, da? sie mich pflegte, als ich krank war.«

»Ich wei?. Du warst ein Junge und gerade erst in die Abtei gekommen. Also mochtest du sie?«

»Ich glaube, ja.«

»Sicher bist du nicht?«

»Als ich krank war, dachte ich, sie ware ein Engel. Aber spater, als ich gesund war und heranwuchs, war sie kuhl zu mir, als machte sie sich nichts aus mir.«

»Hast du Angst, wenn du jetzt ihr Bild siehst?«

Der junge Mann uberlegte und schuttelte dann den Kopf.

»Der Abt hat mir gesagt, ich habe doch meinen Glauben als Schutzschild. Wenn ich im Glauben fest bleibe, brauche ich mich nicht zu furchten.«

Damit ging er fort, und Eadulf wandte sich nun dem Tablett und den Schusseln mit dampfender Bruhe zu. Er merkte, da? er lange nichts gegessen hatte.

»Wasser«, kam eine krachzende Stimme vom Bett her. »Ich brauche was zu trinken.«

»Fidelma!« Eadulf drehte sich um und erblickte eine blasse, sonst aber normal aussehende Fidelma, die sich aus den Kissen aufrichtete.

»Ich fuhle mich wie tot«, setzte sie hinzu.

»Du solltest dich wie neugeboren fuhlen, weil du ein gefahrliches Fieber uberwunden hast«, lachelte Eadulf, setzte sich ans Bett und erfa?te eine ihrer kalten Hande, wahrend er ihr mit der anderen Hand einen Becher mit Wasser reichte.

Sie trank vorsichtig davon.

»Wie lange habe ich im Fieber gelegen?«

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