fur die Nacht. Nicht, da? es spat ware, aber ich bin noch geschwacht von den Tagen der Krankheit, die mich in der Abtei festhielt.«

Bruder Laisre trat mit besorgter Miene vor.

»Naturlich, Schwester. Doch hast du vergessen, welcher Abend heute ist? Um Mitternacht feiern wir die Geburt des Christkindes.«

Fidelma schaute verlegen drein. Sie hatte nicht daran gedacht, da? es der Heilige Abend war.

»Wenn ich mich hinlegen darf, bis die Zeit fur die Feier gekommen ist ...?«

»Selbst unter unseren armlichen Verhaltnissen hier im Wald haben wir ein kleines Gastehaus eingerichtet«, antwortete Bruder Laisre mit Wurde. »Wenn du erlaubst, weise ich einen der Bruder an, dich dorthin zu bringen und fur ein ordentliches Feuer zu sorgen.«

Fidelma blickte Gadra an.

»Entschuldigst du mich, Gadra von Maigh Eo?«

»Ruhe dich gut aus«, erwiderte der Alte ernst. »Wir werden morgen weiter sprechen.«

Sie war auf dem Weg zur Tur, als ihr ein Gedanke kam und sie sich umwandte.

»Eins fallt mir noch ein, bevor ich mich zuruckziehe, Bruder Laisre. Ich nehme an, du bleibst in Verbindung mit der Abtei, um den Abt wissen zu lassen, wie das troscud verlauft. Mir scheint, wenn er den Stand des Rituals nicht kennt, wird es wenig Wirkung zeigen. Wer ersetzt nun Bruder Botulf als dein Verbindungsmann in der Abtei?«

Es war Gadra, der die Antwort gab.

»Du hast einen scharfen Verstand, Fidelma, wie es einer dalaigh deines Ranges geziemt. Die Verbindung wird durch den Apotheker der Abtei hergestellt. Er hat versprochen, den Abt auf dem laufenden zu halten.«

»Der Apotheker? Bruder Higbald?« Eadulf war uberrascht. »Und wie erfahrt er es?«

»Wir haben eine Anzahl von Brudern, die abwechselnd die Abtei beobachten und Botschaften an einer vereinbarten Stelle niederlegen, wo sie der Apotheker findet und uns Botschaften hinterla?t, wenn er es fur notig halt.«

Fidelma blieb nachdenklich.

»Weshalb erklarte sich Bruder Higbald dazu bereit, als euer neuer Verbindungsmann zu dienen?« fragte sie.

»Vor zwei Tagen fuhrte der Abt einen Trupp hinaus ins Moorland«, sagte Garb. Dann lachelte er. »Nicht lange danach ritt einer der Bruder der Abtei allein auf einem Maultier hinaus und in dieselbe Richtung. Ihn wollten wir abfangen .«

Eadulf schaute verblufft drein und wollte sich schon als der einsame Reiter zu erkennen geben, als Garb fortfuhr.

»Schlie?lich sahen wir, wie ihm noch einer der Bruder folgte. Es war, wie sich heraus stellte, Bruder Hig- bald. Er schlug dieselbe Richtung ein. Meine Manner und ich fingen nun ihn ab. Das taten wir, sobald er im Schutz des Waldes war . Ich mu? gleich dazu sagen, da? wir ihn mit gezogenen Schwertern anhielten, denn sonst ware unsere Unterhaltung vermutlich nicht sehr ergiebig geworden.«

»Er wu?te vorher nicht, welche Aufgabe er fur euch ubernehmen sollte?« fragte Eadulf interessiert und uberlegte, warum Higbald ihm wohl aus der Abtei nachgeritten war.

»Nein. Wir mu?ten ihm erst eine Weile zureden, bis er schlie?lich zustimmte, weil er sich wohl sagte, es sei besser, etwas Kenntnis zu haben als gar keine.«

»Was habt ihr vereinbart?«

»Da? wir an einer bestimmten Stelle nahe der Abtei in einem hohlen Baum eine Nachricht hinterlegen wurden, aus der hervorginge, an welchem Tag das tros-cud beganne, und jeder Tag des Rituals verzeichnet ware, bis Cild zum Schiedsverfahren kame oder .«

Garb zuckte die Achseln und sah seinen Vater von unten her an.

»Bis ich sterbe!« sagte der alte Furst zornig. »Hab keine Angst, das auszusprechen.«

»Wei? Cild, welche Rolle Higbald dabei spielt?«

»Higbald stimmte dem nur unter der Bedingung zu, da? Cild von seiner Verbindung zu uns nichts erfuhre. Es blieb ihm uberlassen, zu erklaren, woher er die Kenntnis habe.«

»Und was ist, wenn Higbald den hohlen Baum verrat, in dem die Nachrichten fur Cild liegen? Was ist, wenn Cild Bewaffnete bereithalt, um den Uberbringer zu fangen?« wollte Eadulf wissen.

Garb verzog das Gesicht. »Das ware wohl moglich. Aber auch ein solches Vorgehen wurde Schande uber Cild und Higbald bringen. In unserer Kultur ware so etwas unerhort . Doch wir sind ja nicht vollig blod.«

Eadulf schaute verstandnislos drein, und Garb erlauterte: »Unser Mann beobachtet die Abtei sorgfaltig und geht erst zu dem Baum und hinterlegt die Botschaft, wenn er sicher ist, da? keine Gefahr droht.«

Fidelma sah plotzlich hellwach aus.

»Sag mal, beobachtet auch jetzt jemand die Abtei?«

Garb nickte. »Seit Verkundung des Rituals uberwachen wir die Abtei standig.«

»Wann wird euer Mann abgelost?«

»Einer besetzt den Posten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang und der zweite Mann von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang. Das ist ganz einfach.«

»Wann kommt der Mann, der die Abtei heute den ganzen Tag bewacht hat, nach Tunstall zuruck?«

Ihr Eifer verwirrte Bruder Laisre.

»Er ist seit einer halben Stunde wieder hier. Warum?«

»Und was hat er berichtet?« Fidelma wurde beinahe grob vor Ungeduld.

»Nichts. Was sollte er denn berichten?«

»Nichts?« fragte Fidelma unglaubig.

Eadulf beunruhigte der Wechsel ihres Tonfalls, und er konnte sich nicht erklaren, was sie so aufregte.

»Na«, meinte er besanftigend, »es gibt doch wahrscheinlich nichts zu berichten, bis das Ritual beginnt, oder?«

Er merkte, da? Fidelma ihn mitleidig ansah. Alle anderen waren ratlos.

»Denk doch mal nach, Eadulf! Weshalb haben wir den Fluchtweg genommen, den Bruder Higbald dir gezeigt hatte, und sind heute morgen aus der Abtei geflohen?«

»Weil wir nicht Abt Cilds falschen Proze? gegen dich wegen Hexerei abwarten wollten«, begann Eadulf.

Fidelmas Ungeduld war unverkennbar.

»Nein, angeblich war die Abtei in Panik. Wir erhielten die Nachricht, da? eine sachsische Kriegerschar an der nahen Kuste gelandet ware und gegen die Abtei marschiere. Das ware doch bestimmt etwas gewesen, was dein Mann zu berichten gehabt hatte, Bruder Laisre, oder nicht?«

Garb war schon an der Tur und rief einen Namen. Ein mude wirkender Bruder kam herein und sah sich verlegen um.

»Du hast Aldreds Abtei heute von Sonnenaufgang an beobachtet?« fragte Garb.

Der Mann nickte. »Bis ich bei Sonnenuntergang von Bruder Tola abgelost wurde. Dann kam ich zuruck .«

»Ist heute etwas Ungewohnliches vorgefallen?«

Der Monch war verwirrt.

»Uberhaupt nichts. Na ja, heute fruh kamen ein paar Bruder aus der Abtei, anscheinend bewaffnet. Sie gingen an der Mauer entlang bis zu einer Stelle, wo sie haltmachten und sich aufstellten, als ob sie auf jemand warteten.«

»Aha, sie haben die Wege von Osten her bewacht?« fragte Eadulf.

Der Monch schuttelte den Kopf.

»Sie schienen eher mit der Abteimauer beschaftigt. Ich glaube, sie standen dort vor einem Loch, aber ich bin nicht sicher. Nach einer Weile rief sie jemand in die Abtei zuruck. Ich dachte nicht, da? ich das berichten mu?te«, verteidigte er sich.

»Von einer sachsischen Kriegerschar, die von Osten anmarschierte, hast du nichts gesehen oder gehort?«

Der Mann sah erschrocken aus. »Eine Kriegerschar? Da war keine Kriegerschar.«

»Kein Uberfall?«

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