normalem Ton: »Es ist richtig, da? wir uns vor Cild in acht nehmen mussen. Aber in dieser Abtei gibt es ein Geheimnis, mit dem nicht nur das Schicksal Gadras und seines
Bruder Laisre schuttelte verwundert den Kopf.
»Doch diese Wahrheit liegt in der Abtei. Ihr konnt nicht dorthin zuruckkehren und diejenigen befragen, die euch zu ihr fuhren wurden. Wie wollt ihr sie dann herausfinden?«
Fidelma lachelte rasch. »Du hast einen scharfen Verstand, Bruder Laisre.«
Bruder Laisre wartete noch einen Moment, und als sie nichts weiter sagte, erhob er sich.
»Nun«, meinte er murrisch, »ihr braucht mir ja eure Plane auch nicht zu erzahlen.«
Fidelma nickte wie zur Zustimmung. »Je weniger Leute sie kennen, desto besser ist es vielleicht.«
Bruder Laisre war sichtlich der Meinung, da? er in ihre Absichten eingeweiht sein sollte, und er verlie? sie mit verletztem Stolz.
Eadulf schnitt Fidelma ein Gesicht. »Er ist gekrankt.«
»Doch ich habe recht. Je weniger die Leute davon wissen, desto weniger konnen sie ausplaudern.«
»Aber du hast einen Plan. Ich kenne dich.«
Fidelma schaute ihn an. »Laisre wies auf das Offen-kundige hin, als er sagte, ich konne nicht in die Abtei zuruckkehren, um die Wahrheit zu finden, die dort verborgen liegt.«
»Das ist einfachste Logik«, stimmte ihr Eadulf zu.
»So einfach, da? jeder darauf kommt. Deshalb kehre ich zuruck in die Abtei. Schlie?lich kennen wir einen geheimen Zugang durch diese merkwurdigen Gange.«
Eadulf starrte sie entsetzt an.
»In die Abtei zuruckkehren?« stotterte er. »Das kann doch nicht dein Ernst sein.«
»Im Gegenteil, es ist mein voller Ernst. Ich mag es nicht, wenn man mein Leben bedroht, und ich gehe nicht gern fort und lasse unaufgeklarte Verbrechen und Geheimnisse zuruck. Ich bin entschlossen, dieses zu enthullen.«
»Aber wie ...?« Eadulf hob die Arme mit einer Geste der Hoffnungslosigkeit.
»Wenn eine andere Frau die Gange und Zimmer der Abtei unerkannt durchschreiten kann, dann kann ich das auch.«
»Aber ...«, wollte Eadulf protestieren.
Fidelma sah ihn verachtlich an. »Komm, Eadulf, du glaubst doch wohl nicht an Erscheinungen und Phantome?«
Eadulf errotete, denn im tiefsten Innern mu?te er zugeben, da? er daran glaubte.
»Ich sage, wenn du zuruckgehst, setzt du dich unnotigen Gefahren aus«, beharrte er.
»Aber wenn ich nichts tue, lasse ich die Dinge ihren unvermeidlichen und tragischen Lauf nehmen. Du mu?t ja nicht mit mir zuruckgehen«, setzte sie mutwillig hinzu, denn sie wu?te sehr gut, da? diese Worte ihn anstacheln wurden.
Eadulf schluckte den Koder sofort.
»Wenn du gehst, komme ich naturlich mit.«
»Dann ist es beschlossen.« Fidelma lachelte honigsu?. »Aber vorher haben wir noch einiges andere zu erledigen.«
Eadulf wurde nervos. »Anderes? Was denn?«
»Meinst du, da? Bruder Laisre und seine Gemeinschaft uns mit Pferden versorgen konnen?«
Eadulfs Nervositat wuchs.
»Wozu brauchen wir denn Pferde?« fragte er. »Wenn du zur Abtei zuruck willst, gehen wir lieber zu Fu?, damit uns keiner bemerkt.«
»Bevor wir das tun, haben wir noch ein oder zwei Reisen zu machen. Es ware besser, wenn wir sie verhaltnisma?ig bequem absolvieren konnten und schneller, als es bei diesem unwirtlichen Wetter zu Fu? moglich ware.«
»Reisen wohin?«
»Ich mochte Cilds Bruder Aldhere kennenlernen. Du hast mir zwar einen ausgezeichneten Bericht uber ihn gegeben, aber ich mochte ihn gern personlich einschatzen, bevor ich zu Folgerungen gelange.«
Eadulf seufzte tief und resigniert.
»Das setzt voraus, da? ich den Weg zuruck zu seinem Versteck finde und da? er es nicht inzwischen gewechselt hat.«
»Ich bin sicher, du kannst das, Eadulf. Du hast gesagt, du kennst die Gegend hier wie deine Handflache.«
In dem Moment trat Garb ein und begru?te sie knurrig. Er lie? sich auf eine Bank fallen, langte nach einem Krug Met, der noch auf dem Tisch stand, und leerte einen Becher mit einem Zug.
»Was Neues?« erkundigte sich Fidelma.
»Es gibt kein Anzeichen dafur, da? euch jemand von der Abtei gefolgt ist, wenn es das ist, was du meinst«, brummte Garb.
»Ich war mir ziemlich sicher, da? wir es schon eher gemerkt hatten, wenn uns jemand gefolgt ware«, meinte Fidelma und blieb freundlich. »Ich fragte mehr danach, ob du irgend etwas von Uberfallen an der Kuste gehort hattest?«
Garb schuttelte den Kopf. »Die Gegend ist ziemlich ruhig. Ich denke, du kannst davon ausgehen, da? die einzigen Gefahren, die uns drohen, ihren Ursprung in der Abtei haben.«
»Da hast du zweifellos recht«, erwiderte sie. »Sag mal, Garb, kann man hier zwei Pferde bekommen? Bruder Eadulf und ich haben ein paar kurze Reisen zu machen, und das ginge leichter und schneller zu Pferde als zu Fu?.«
Garb sah sie prufend an.
»Wenn du die kleinen wilden Ponys reiten kannst, die man in diesem Land zuchtet, von denen haben wir ein paar ubrig. Wir konnten unsere Pferde nicht mitbringen, deshalb haben wir mehrere einheimische Ponys gekauft, die haben kurze Beine, eine breite Brust und sind nicht hoch.«
»Wenn sie einem Pferd ahnlich sind, kann ich sie reiten«, erklarte Fidelma zuversichtlich.
Garb schien belustigt. »Es sind keine Renner, aber robuste kleine Tiere, gerade richtig fur dieses Wetter, mit einem dichten, festen Fell, das sie schutzt. Von denen kann ich euch gern zwei leihen.«
»Das ist ausgezeichnet.« Sie zogerte etwas und fragte dann: »Wie geht es deinem Vater heute?«
Garb schaute sie einen Moment forschend an.
»Wenn du meinst, ob er weiterhin entschlossen ist, das Ritual durchzufuhren: Ja, das ist er.«
Fidelma seufzte leise. »Ich glaube, daran habe ich auch nicht gezweifelt.«
»Das Wort eines Fursten ist das au?ere Merkmal seiner Ehre. Es wird nicht leichtfertig gegeben. Als sein
Fidelma stutzte. »Ich hatte nicht mehr daran gedacht, da? der Thronfolger beim
»Mein jungerer Bruder.«
»Seid ihr eine gro?e Familie?«
»Meinem Vater wurden drei Sohne und drei Tochter geboren.«
»Und mit Ausnahme von Gelgeis sind alle am Leben?«
Garb schuttelte den Kopf. »Ein Sohn fiel im Krieg gegen die Ui Neill des Nordens, und meine Schwester Mella wurde von angelsachsischen Sklavenjagern gefangengenommen.«
Eadulf hustelte und scharrte verlegen mit den Fu?en, doch Fidelma achtete nicht auf ihn.
»Mella?« Sie uberlegte. »War das nicht die Schwester, die Gelgeis zu uberreden versuchte, Cild nicht zu heiraten?«
»Ja, das war sie. Du hast ein gutes Gedachtnis, Fidelma. Mella war ein paar Stunden junger als Gelgeis und .«