seines Bruders schnell erholt zu haben.

»Also hat Cild ein gerechtes Ende gefunden, wie?

In diesem Fall besteht keine Notwendigkeit fur mich und meine Manner, noch langer zu bleiben.«

Fidelma sah ihn kuhl an. »Im Gegenteil, wie ich schon sagte, es ist sehr notwendig. Wir mussen noch das Geheimnis luften. Bitte komm mit zuruck in die Kapelle.«

Er zuckte die Achseln, widersprach aber nicht.

Fidelma, Eadulf und Sigeric folgten ihm langsam.

»Endet mit Cilds Tod auch Gadras Drohung mit dem troscud?« fragte Eadulf.

»Nein. Aber die Wahrheit mu? ans Licht, auch wenn sie ihm nicht gefallt«, antwortete Fidelma ratselhaft.

Sie betraten die Kapelle und nahmen wieder ihre Platze ein. Unter den Versammelten herrschte eine Unruhe, die es vorher nicht gegeben hatte. Gadra und seine Gefolgsleute redeten untereinander.

»Gadra!« rief Fidelma, und das Murmeln horte auf. »Du hast gehort, da? Abt Cild sich selbst das Leben genommen hat, indem er sich in seinem Wahn in den Sumpf sturzte. Sagst du nun das troscud ab?«

Gadra stand auf. »Ich begru?e das zwar als das gerechte und wohlverdiente Ende eines unedlen und bosen Lebens, aber das gibt mir nicht meine Tochter zuruck. Ich sagte bereits, wenn Cild mir nicht den Suhnepreis fur sie zahlen kann, dann ist seine Familie, in diesem Falle die Abtei, dazu verpflichtet. Das troscud gebe ich nicht auf, bis ich fur den Verlust meiner Tochter entschadigt bin.«

Fidelma seufzte leise.

»Du bist ein strenger Mann, Gadra.«

»Ich bin Gadra von den Ui Briuin, Furst von Maigh Eo!« erwiderte er mit Wurde.

»So sei es denn.« Fidelma hielt inne. »Ich sagte zu Anfang, da? ich den Fall Schritt fur Schritt aufrollen wurde. Lord Sigeric, gehst du uns bitte voran in die Krypta, wo der Leichnam des von Abt Cild erstochenen Madchens aufgebahrt ist?«

Der Alte erhob sich mit ratloser Miene. Er hatte langst die Hoffnung aufgegeben, Fidelmas Beweisfuhrung vorausschauen zu konnen.

»Gadra und Garb - ich mochte, da? ihr beide mit uns kommt. Auch dich, Bruder Willibrod, und dich, Bruder Redwald, brauche ich dabei. Ihr alle habt Gelgeis und das Madchen namens Lioba gekannt.«

Eadulf hatte darauf zu achten, da? wahrend ihrer Abwesenheit niemand die Kapelle verlie?.

In dusterer Prozession wanderten sie die kurze Treppe hinunter in die Krypta. Auf einem Steintisch lag der Leichnam des Madchens fur die Beisetzung aufgebahrt.

Gadra und Garb stutzten uberrascht, als sie das rote Haar und die schlanke, bleiche Gestalt der Toten sahen.

»Beim ...«, setzte Gadra an und trat rasch vor, doch dann seufzte er und schuttelte den Kopf. »Es besteht eine oberflachliche Ahnlichkeit, Fidelma, doch du irrst dich, wenn du glaubst, das ware meine Tochter. Ich wei? nicht, wer dieses arme Madchen war, aber ich wei?, da? es nicht Gelgeis ist.«

Auf Fidelmas unerbittliches Drangen hin trat Bruder Redwald heran, beugte sich vor und lief rot an.

»Nun?« forschte sie. »Was hast du zu sagen?«

Der junge Mann schaute angstlich drein.

»Im Schatten hatte ich geschworen ... Sie sieht ihr so ahnlich. Vielleicht habe ich mir die Ahnlichkeit eingebildet, als sie sich im Zimmer uber dich beugte.«

»Aber dies ist nicht Gelgeis, so wie du sie in Erinnerung hast?«

Der junge Mann schuttelte den Kopf.

Fidelma wandte sich zu Bruder Willibrod um.

»Doch du kannst bestatigen, da? es Lioba ist, nicht wahr?«

Bruder Willibrod bemuhte sich nach Kraften, seine Miene zu beherrschen und das Zittern seiner Lippen zu unterdrucken. Er nickte. Dann stie? er einen langen Seufzer aus.

»Das ist Lioba. Es war nie eine Frage, da? es Gelgeis sein konnte. Ich habe Lioba geliebt. Jetzt la? uns von hier fortgehen, und ich sage dir alles, was du wissen willst.«

Als sie in die Kapelle zuruckgekehrt waren, ubernahm Fidelma die Erklarung.

»Die Tote ist nicht Gelgeis, sondern ein Madchen aus dieser Gegend namens Lioba, das eine oberflachliche Ahnlichkeit mit Gelgeis besitzt«, verkundete sie. Sie wandte sich an Bruder Willibrod. »Bestatigst du das?«

Er stand mit gesenktem Kopf da, wahrend sich alle wieder auf ihre Platze setzten.

»Mehrere Mitglieder der Abtei kannten Lioba. Sie war die Tochter eines Bauern oben in den Bergen hinter der Abtei, und ihre Mutter war eine Sklavin, die bei einem Uberfall an der Kuste von Eireann gefangengenommen wurde.«

»Sprach sie beide Sprachen?« erkundigte sich Eadulf.

»Irisch ebenso wie Sachsisch?«

Bruder Willibrod nickte.

»Und du warst ihr Liebhaber? Du hast das Gebot des Zolibats, das Abt Cild durchsetzen wollte, mi?achtet?«

Wieder senkte der dominus den Kopf und nickte.

»Wie oft kam Lioba in die Abtei?« setzte Eadulf auf ein Zeichen Fidelmas hin die Befragung fort.

»In die Abtei?« Bruder Willibrod zuckte die Achseln. »Ab und zu. Nicht oft. Doch ich traf mich mit ihr in der Hutte ihres Vaters, ein Stuck weit von hier im Wald.«

»Denk uber diese Frage gut nach, Bruder Willi-brod«, ermahnte ihn Eadulf. »Beantworte sie mit dem Verstand und nicht mit dem Gefuhl, denn ich wei?, du hattest starke Gefuhle fur das arme Madchen.«

Willibrods Augen funkelten einen Moment.

»Die hatte ich«, murmelte er.

»Woruber hast du mit Lioba gesprochen? Interessierte sie sich fur das, was in der Abtei geschah? Interessierte sie sich noch fur jemanden hier?«

»Was willst du damit sagen?« schrie Bruder Willi-brod in plotzlich ausbrechendem Zorn.

»Was ich sagen will«, antwortete Eadulf ruhig, »ist, da? manche Leute meinten, Lioba habe ihre Gunst nicht nur den Brudern, sondern auch Aldheres Mannern verkauft.«

»Das ist eine Luge! Eine Luge!« schrie der dominus erbost. »Sie liebte mich. Es stimmt, ich machte ihr kleine Geschenke. Sie stand allein da. Sie mu?te sich irgendwie ihren Lebensunterhalt verdienen, aber du unterstellst, sie ware eine ... Sie ware eine ...« Seine Stimme versagte, er schluchzte emport.

Eadulf lie? sich nicht beirren.

»Komm, Bruder Willibrod. Stimmt es nicht, da? Lioba dir viele Fragen nach den Vorgangen in der Abtei stellte?«

Als er keine Antwort erhielt, wandte sich Eadulf plotzlich an Aldhere.

»Du hast anscheinend ein ganz anderes Bild von Lioba als Bruder Willibrod. Konntest du uns das wohl erklaren?«

Aldhere stand zogernd auf.

»Es stimmt, da? das Madchen anscheinend davon lebte, da? sie meine Manner besuchte«, sagte er.

Bruder Willibrod hob beide Fauste zur Stirn und stie? einen wehen Schrei aus. Er sank auf seinem Sitz zusammen und verfiel in anhaltendes, untrostliches Schluchzen.

»Fiel es dir auf, da? Lioba gern Fragen an deine Manner richtete?«

Aldheres Miene gab die Antwort darauf.

Nun wandte sich Fidelma dem jungen, blassen Bruder Redwald zu.

»Du hast Abt Cild gesagt, da? du, als du in das Zimmer kamst, in dem ich krank lag, die Gestalt von Gelgeis erblicktest, die sich uber mich beugte. Du schwurst, da? du sie erkannt hattest, weil sie dich gepflegt hatte, als du krank warst. War diese Gestalt in Wirklichkeit das Madchen Lioba?«

Bruder Redwald stand auf und schaute sich unsicher um. Er war verlegen.

»Ich habe mich geirrt, als ich heute morgen dachte, Lioba ware Gelgeis«, sagte er zogernd.

»Denk uber das nach, was ich dich gefragt habe«, drangte ihn Fidelma.

»Ich gebe jetzt zu, da? die Person, die ich gesehen habe, Lioba gewesen sein mu?«, erklarte der junge

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