der Drommianer beruhigte sich allmahlich wieder. Raeker fragte sich allerdings, wie lange dieser Zustand anhalten wurde. Dann konzentrierte er sich wieder auf seine Aufgabe und auf Nick.
Der Eingeborene hatte seine Gruppe an ihren ursprunglichen Versammlungsplatz zuruckgeschickt — bis auf zwei, die als Hirten eingeteilt worden waren.
Nick stand noch immer neben dem Roboter und schien auf Anweisungen zu warten. Raeker konnte ihm keine erteilen und uberbruckte die peinliche Situation, indem er selbst einige Fragen stellte.
„Was haltst du davon, Nick? Glaubst du, da? der Spaher zuruckkommt? Oder genauer gesagt, da? Swift mit uns zusammenarbeiten wird?“
„Das kann ich nicht besser als du beurteilen.“
„Doch, denn du hast langere Zeit bei Swift und seinen Leuten verbracht und ihn besser kennengelernt.
War es richtig, da? ich ihm alles mogliche versprochen habe? Ich wei?, da? er von uns lernen mochte, aber vielleicht aus ganz anderen Grunden?“
„Durchaus moglich“, gab Nick zu. „Andererseits bezweifle ich, da? man voraussagen kann, was andere Leute tun oder lassen werden.“
„Ich auch, aber einige meiner Freunde sind anderer Meinung.“ Fagin und Nick bewegten sich nebeneinander auf die Gruppe zu, ohne den kurzen Erdbebensto? zu bemerken, der den Boden unter ihnen erschutterte. Nick sammelte unterwegs Holz und hatte alle vier Arme voll davon, als sie die ubrigen erreichten. Fagin berief sofort eine Versammlung ein.
„Ihr habt alle gehort, was ich Swifts Krieger von der Maschine erzahlt habe, die irgendwo mit zwei meiner Leute an Bord gestrandet ist. Wenn sie nicht bald gefunden und repariert wird, mussen diese Leute sterben. Ihre Rettung ist wichtiger als alles andere, deshalb lassen wir zunachst alles stehen und liegen, wahrend wir nach dem Schiff suchen.
Ich werde euch die Gegend, in der meine Freunde sich befinden, so genau wie moglich beschreiben. Wir uberprufen dann unsere Karten — dabei helfe ich euch naturlich, weil ich schneller arbeite —, und ihr sucht jeweils zu zweit alle wahrscheinlichen Punkte auf.
Wenn wir damit keinen Erfolg haben, mussen wir so rasch wie moglich mit einer systematischen Suche beginnen.
Nick und Betsey bleiben hier, kummern sich um das Lager und versorgen die Herde; die Suchteams bestehen aus Oliver und Dorothy, John und Nancy, Jim und Jane. Sobald die Karten uberpruft worden sind, teile ich jedem Team ein bestimmtes Gebiet zu; in der Zwischenzeit konnt ihr alle Holz fur heute nacht suchen.“ Die Gruppe schwarmte gehorsam in verschiedene Richtungen aus.
Die Geologen an Bord der
Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden drei Tage fur diesen Teil des allgemeinen Rettungsplans genugen — einer fur den Hinmarsch, einer fur die Suche und der dritte fur den Ruckweg. Bis dahin hatte Swift sich vielleicht bereits der Gruppe angeschlossen, so da? die Suche in gro?erem Ma?stab fortgesetzt werden konnte. Deswegen sollte Nick auch in dem Lager zuruckbleiben, damit er notfalls als Dolmetscher zur Verfugung stand.
Die Teams brachen sofort auf. Nick und Betsey sahen ihnen noch eine Weile nach; weit von ihnen entfernt verlie? Raeker endlich den Kontrollraum, um den verlorenen Schlaf nachzuholen. Die beiden Diplomaten blieben wach und unterhielten sich mit ihren Kindern, denen sie die lange Wartezeit verkurzen wollten, bis die Suche erfolgreich sein wurde.
Dies war der siebenundzwanzigste Schiffstag seit dem Unfall des Bathyskaphen, und der Nachmittag des siebten Tages fur Nick und seine Leute. Verstandlicherweise waren die Kinder ungeduldig; ihre Vater mu?ten ihnen immer wieder erklaren, wie gering die Aussichten dafur waren, da? sie gleich zu Beginn der Suche entdeckt wurden. Easy wiederholte ihren Vorschlag, die Scheinwerfer als Erkennungszeichen einzuschalten, wahrend ihr Vater sie daran erinnerte, da? Raeker Einwande dagegen erhoben hatte; aber Raeker zog schlie?lich seinen Einspruch zuruck.
„Vielleicht hat sie dann eher das Gefuhl, da? sie etwas zu ihrer Rettung beitragt“, meinte er leise.
„Meiner Auffassung nach besteht keine Gefahr, da? Swifts Leute den Bathyskaphen eher als unsere Leute finden. Sagen Sie ihr, da? sie ruhig mit den Scheinwerfern spielen darf.“
Easy machte von der Erlaubnis sofort Gebrauch, und der Bathyskaph leuchtete strahlend hell auf. Rich war davon nicht uberma?ig begeistert, weil er befurchtete, da? die beiden sich falschen Hoffnungen hingeben wurden.
„Horen Sie nur“, sagte er zu Raeker. „Beide brullen wie verruckt, wenn sich irgendwo etwas zu bewegen scheint. Ein Gluck, da? sie sich auf ihre eigenen Augen verlassen mussen, denn auf diese Weise sehen sie wenigstens nicht allzu viel. Wahrscheinlich machen sie so weiter, bis sie vor Mudigkeit umfallen; aber nachdem sie aufgewacht sind, fangt der Zauber wieder an…“
„Dann sind sie vermutlich bereits wieder unter Wasser“, stellte Raeker fest.
„Und treiben weiter, schatze ich. Wenn das der Fall ist, schnappen sie vielleicht ganz uber und betatigen alle moglichen Schalter, weil sie auf ein Wunder hoffen, das sie nach Hause bringt.“
„Ich kenne den Drommianer nicht sehr gut, aber ich glaube, da? Sie Ihrer Tochter Unrecht tun“, antwortete Raeker. „Im allgemeinen habe ich nicht viel Ahnung von Kindern, aber Ihre Tochter wirkt wesentlich intelligenter und erwachsener als andere Kinder in ihrem Alter. Selbst wenn Sie Zweifel daran haben, durfen Sie ihr nichts davon erzahlen.“
„Ich vertraue ihr vollig“, erwiderte Rich. „Aber sie ist eben doch noch ein Kind, und viele Erwachsene hatten an ihrer Stelle bereits einen Nervenzusammenbruch erlitten. Ich kann Ihnen sogar einen zeigen, der bald einen haben wird. Horen Sie nur, wie es dort unten zugeht!“
Aminadorneldos schrille Stimme drang aus dem Lautsprecher.
„Hier druben ist etwas, Easy! Komm schnell, sonst verschwindet es wieder!“
„Sofort, ›Mina‹, ich komme schon.“ Das Madchen eilte durch den Raum. „Wahrscheinlich ist es wieder nur eine dieser gro?en Pflanzen, die aus der Entfernung fast wie Nicks Leute aussehen.“
„Nein, ich habe deutlich eine Bewegung gesehen!“
„Wo?“ Aminadorneldo schien auf etwas zu zeigen, denn das Madchen schwieg einen Augenblick, bevor sie sagte: „Ich sehe noch immer nichts; nur einige Busche.“
„Es war aber neben den Buschen und sah genau wie Nick aus. Es hat einen Augenblick zu uns herubergestarrt, dann verschwand es wieder. Ich habe es deutlich erkannt.“
„Wenn du dich nicht geirrt hast, kommt es bestimmt wieder zuruck. Am besten bleiben wir hier und halten danach Ausschau.“
Rich sah zu Raeker hinuber und schuttelte verwirrt den Kopf.
„Die beiden…“, begann er, konnte aber nicht zu Ende sprechen. Er wurde von einem lauten Schrei unterbrochen, der in diesem Augenblick aus dem Lautsprecher drang.
9
John und Nancy bewegten sich in westlicher Richtung. Bisher waren sie verhaltnisma?ig rasch vorangekommen, obwohl sie noch nie in dieser Gegend gewesen waren. Sie unterhielten sich angeregt miteinander, denn in den vergangenen Tagen hatten sie mehr uber ihren Lehrer erfahren als in den sechzehn Jahren zuvor; aber gleichzeitig waren auch unzahlige neue Fragen aufgetaucht. Sie waren noch jung genug, um daruber uberrascht zu sein; deshalb die fortgesetzte Unterhaltung, die erst beendet wurde, als sie ein Gebiet erreichten, das auf ihrer Karte verzeichnet zu sein schien.
„Offenbar haben wir unsere Richtung ziemlich genau eingehalten“, stellte Nancy fest, nachdem sie das Gelande mit ihrer Karte verglichen hatte. „Wenn ich mich nicht irre, sind wir nur noch funfzehn Kilometer von unserem Ziel entfernt.“
„Ausgezeichnet“, meinte John. „Ich bin allerdings der Meinung, da? wir schon hier mit der Suche beginnen sollten.“