da? nur Kopf und Schultern sichtbar sind. Jetzt kommt er etwas naher. Er mu? den Bathyskaphen sehen, obwohl ich nicht beurteilen kann, in welche Richtung er blickt. Ich wei? nicht, ob er die richtige Gro?e hat, aber der Korperbau stimmt jedenfalls. Wie unterscheiden Sie eigentlich die Eingeborenen voneinander?“

„Das ist nicht leicht“, gab Raeker zu. „Aber nach einigen Jahren bilden sich doch gewisse Unterscheidungsmerkmale heraus. Vielleicht beschreiben Sie mir lieber, was dieser eine mit sich herumschleppt; das ist bestimmt einfacher.“

„Einverstanden. Er hat einen ziemlich gro?en Sack uber der rechten Hufte hangen — beziehungsweise an der Stelle, wo bei einem Menschen die rechte Hufte ware —, von dem aus ein breites Band uber die linke Schulter fuhrt. Vorn an dem Sack baumelt ein Messer, und ich glaube, da? er noch ein zweites tragt, aber das ist schlecht zu beurteilen, weil er sich nie offen zeigt. Er ist mit vier kurzen Speeren bewaffnet, die genau wie die aussehen, die Nick und seine Leute gebrauchen.

Je langer ich ihn beobachte, desto gro?er wird seine Ahnlichkeit mit Nick.“

„Tragt er eine Axt?“ fragte Raeker.

„Wenn er eine hat, mu? er sie auf dem Rucken tragen, wo ich sie nicht sehen kann.“

„In diesem Fall befurchte ich, da? Sie tatsachlich werden beweisen mussen, wie gut Sie mit Swifts Leuten auskommen. Meine tragen nur zwei Speere und zusatzlich eine Axt. Wenn der Eingeborene, den Sie sehen, einer von Nicks Leuten ware hatte er bestimmt die Axt in einer der linken Hande. Das bedeutet, da? wir unseren Plan abandern mussen; bisher hofften wir, da? unsere Leute den Bathyskaphen zuerst finden wurden. Die Entdeckung mu? allerdings ein Zufall sein; ich nehme an, da? der Eingeborene auf der Jagd war. Swift hat in dieser kurzen Zeit noch keine Suchaktion organisieren konnen, selbst wenn er sich dazu entschlossen hatte.“

„Brauchen die Suchteams nicht ziemlich lange, bis sie in das Lager zuruckkommen?“ erkundigte sich Easy zogernd.

„Ja, leider; uber eine Woche nach unserer Rechnung. Aber in der Zwischenzeit hat Nick bestimmt Swifts Antwort erhalten.“

„Wenn die Zeit auf diesem komischen Planeten nur nicht so langsam verginge! Haben Sie nicht einmal davon gesprochen, da? Sie Swifts Dialekt teilweise aufgezeichnet haben, als der Roboter in seinen Handen war?“

„Richtig. Aber wir wissen nicht sehr viel daruber, fur Menschen ist der Dialekt kaum aussprechbar.

Andererseits haben wir zahlreiche Bander bespielt; wir konnen sie Ihnen zur Verfugung stellen und einige Erklarungen mitliefern, wenn Sie glauben, da? Ihnen damit geholfen ist. Zumindest ware es ein guter Zeitvertreib.“

Easy lachte verschmitzt. „Mir ware bestimmt damit geholfen. Nicht wahr, Daddy?“

Rich erwiderte ihr Lacheln. „Naturlich. Sie kann jede Sprache fast so schnell lernen, wie Sie die Tonbander abspielen Doktor.“

„Wirklich? Ich habe aber noch nie gehort, da? sie sich mit ihrem jungen Freund dort unten anders als auf Englisch unterhalten hatte.“

„Kennen Sie einen Menschen, dessen Stimmbander es mit denen eines Drommianers aufnehmen konnen?

Easy versteht seine Sprache jedoch genausogut wie ich.“

„Ich bezweifle jedenfalls, da? sie mit Swifts Dialekt besser zurechtkommt. Einige der hoheren Tone sind namlich kaum aussprechbar. Naturlich hat sie als Madchen eine hohere Stimme, aber trotzdem glaube ich, da? sie sich auf das Zuhoren beschranken mu?.“

„Vielleicht haben Sie recht. Wollen wir uns nicht lieber wieder mit der Gegenwart befassen? Was tut der Eingeborene jetzt, Easy?“

„Er ist bis auf drei?ig Meter herangekommen und besichtigt den Bathyskaphen von allen Seiten. Falls er uns durch die Bullaugen gesehen hat, la?t er sich nicht davon beeindrucken. Er ist noch immer allein — vermutlich haben Sie recht, Doktor Raeker; wenn einem ihrer Leute etwas zugesto?en ware, hatte der andere bestimmt die Suche abgebrochen und ware in das Lager zuruckgekehrt.“

„Davon bin ich nicht ganz uberzeugt, aber ich nehme sicher an, da? der Eingeborene zu den Hohlenbewohnern gehort“, antwortete Raeker. „Berichten Sie uns, wenn er sich anders verhalt.“

„Das ist bereits jetzt der Fall. Er entfernt sich wieder in die Richtung, aus der er gekommen ist. Er tragt wirklich keine Axt; wir haben ihn inzwischen von allen Seiten zu Gesicht bekommen. Allmahlich ist er kaum noch zu sehen, weil unsere Scheinwerfer die Umgebung nicht sehr weit beleuchten. Jetzt ist er ganz verschwunden.“

Raeker warf einen Blick auf seine Uhr und stellte eine rasche Berechnung an. „In etwa vier Stunden setzt der Regen wieder ein. Easy, haben Sie gesehen, ob der Eingeborene eine Fackel bei sich hatte?“

„Ganz bestimmt nicht. Aber vielleicht tragt er in seinem Sack eine Art Feuerzeug mit sich herum.“

„Swifts Leute wissen nicht, wie man Feuer macht.

Nicks Gruppe benutzt dazu Feuerbohrer, aber ich nehme an, da? die Hohlenbewohner den Trick noch nicht begriffen haben. Jedenfalls beherrschten sie ihn gestern noch nicht — also vor drei oder vier Schiffstagen.

Ich wollte damit vor allem sagen, da? dieser Eingeborene ohne Feuer nicht weiter als vier Stunden von Swifts anderen Leuten entfernt sein kann. Vielleicht sogar weniger; halten Sie also lieber die Augen offen, damit Sie uns sofort verstandigen konnen, wenn die Masse der Hohlenbewohner auftaucht. Auf diese Weise hatten wir einen weiteren Hinweis, denn Swift halt sich vermutlich in der Nahe der Hohlen oder an der Stelle auf wo Nick und der Roboter den Flu? durchquert haben.“

„Ja, das verstehe ich. Wir werden nach ihnen Ausschau halten“, erwiderte Easy. „Aber wie steht es mit den Tonbandern? Je fruher wir sie bekommen, desto nutzlicher sind sie vielleicht schon bald.“

Raeker versprach ihr, da? die Bander sofort abgespielt werden wurden. Die nachsten Stunden verliefen ereignislos; die Nacht und der Regen setzten ein, und als die Regentropfen durchsichtig wurden, erwarteten die Kinder die Eingeborenen nicht mehr. Sie a?en, schliefen und versuchten, die Sprache der Hohlenbewohner zu lernen. Easy erwies sich als ungewohnlich begabt, war aber nicht ganz das Naturwunder, das ihr Vater in ihr sah.

Kurze Zeit spater trat eine weitere Komplikation auf, die niemand vorausgesehen hatte, obwohl sie zu erwarten war. Der Bathyskaph setzte sich wieder in Bewegung, als der Flu? allmahlich durch die Regenfalle anschwoll. Die beiden Kinder konnten beim besten Willen nicht beurteilen, wie rasch sie sich bewegten, und waren uberhaupt erst durch einen Sto? darauf aufmerksam geworden. Bis zu diesem Zeitpunkt konnten sie allerdings erst eine Minute oder schon eine halbe Stunde unterwegs gewesen sein.

Raeker lie? sich durch diese Nachricht keineswegs erschuttern, aber Easy war dem Weinen nahe.

„Auf diese Weise besteht eher Aussicht, da? Nicks Gruppe euch vor Swifts Leuten findet“, erklarte der Biologe ihr. „Die Hohlenbewohner mussen die Suche wieder neu aufnehmen wahrend wir die Position des Schiffes immer genauer bestimmen konnen.“

„Wie soll ich mir das erklaren?“ fragte das Madchen unsicher. „Sie wu?ten vorher nicht, wo wir waren, und jetzt haben Sie keine Ahnung, wie schnell und in welche Richtung wir uns bewegen. Meiner Meinung nach wissen wir jetzt weniger als gestern, obwohl man eigentlich nicht weniger als nichts wissen kann.“

„Wir wissen es nicht“, gab Raeker zu, „aber wir konnen ziemlich genau schatzen. Wir nehmen an, da? der Bathyskaph nur wenige Marschstunden — sagen wir funfundzwanzig oder drei?ig Kilometer — von der Linie zwischen Swifts Hohlen und Nicks Lager entfernt ist. Wir sind au?erdem davon uberzeugt, da? dieses Gebiet nicht allzu weit von dem Meer entfernt sein kann, das Nick entdeckt hat. Folglich werden Sie allmahlich in dieses Meer geschwemmt, und ich ware sehr uberrascht, wenn Sie es nicht innerhalb der nachsten beiden Nachte erreichen.

Das hei?t also, da? Nicks Leute nur die Kuste absuchen und auch das Wasser im Auge behalten mussen. Ich glaube nicht, da? der Bathyskaph weit auf das Meer hinaustreibt; der Flu? weist keine nennenswerte Stromung auf, und auf Tenebra gibt es keine heftigen Winde.“

Easys Gesicht hellte sich auf. Aminadorneldo, der ebenfalls auf dem Bildschirm sichtbar war, zeigte keine Gemutsbewegung, aber das Madchen, das ihn beobachtet hatte, schien mit dem Erfolg zufrieden, den Raekers Erklarungen gehabt hatten. Dann fiel ihr jedoch etwas ein; sie stellte eine prazise Frage.

„Wie soll Nicks Gruppe uns helfen, wenn wir auf dem Meer treiben?“ wollte sie wissen. „Weder sie noch Swifts Leute konnen uns dann erreichen, und Sie sagen, da? es auf Tenebra praktisch keinen Wind gibt, obwohl ich das nicht ganz verstehe.“

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