Der Zufahrtsweg hatte mehrere Biegungen, so da? Bob nicht weit sehen konnte. Es war ihm deshalb glucklicherweise auch nicht moglich, sehr schnell zu fahren.
Er befand sich in der letzten Biegung, zehn oder funfzehn Yards vor der Einmundung in die Hauptstra?e, als das Rad plotzlich stoppte. Bob aber nicht. Er stie? einen erschrockenen Schrei aus, als er uber die Lenkstange scho?, doch das war alles, was seine Reflexe leisteten. Der Jager verengte die Blutgefa?e und verstarkte die Gelenke, um die Gefahr von Blutungen und Verstauchungen zu mildern. Keins von beiden erwies sich als besonders erfolgreich.
Die Zufahrt war nicht gepflastert — sie war nicht mehr als ein Sandweg, gerade noch fur Jeeps befahrbar. Anderseits aber war der Boden alles andere als weich. Bob versuchte, seinen Sturz mit der linken Hand abzufedern, schlug jedoch trotzdem mit der linken Schulter und der linken Kopfseite auf.
Beide Unterarmknochen brachen, seine linke Wange wurde von dem steinigen Boden aufgeschrammt, und sein linkes Ohr wurde fast abgerissen. Der Jager hatte plotzlich sehr viel zu tun, doch Anasthesie brauchte er nicht anzuwenden; Bob war vollkommen bewu?tlos.
Zuerst merkte der Alien nicht, da? sich noch jemand in dieser Gegend aufhielt, und machte sich an die Arbeit, ohne sich um Tarnung zu kummern. Er blockierte sofort die geoffneten Kapillaren und die gro?eren Gefa?e, die ein durch die Haut getretener Knochen zerrissen hatte; es trat praktisch kein Blut heraus. Er war gerade dabei, das abgerissene Gewebe von Gesicht und Kopf wieder an die richtigen Stellen zu bringen, als er ein Gerausch horte.
Zuerst konnte er es nicht identifizieren; dann glaubte er zu erkennen, da? ein Korper sich durch das Gebusch zwangte. Plotzlich erstarb das Gerausch, und statt dessen horte er leise Schritte auf dem harten Boden der Zufahrt. Der Jager verspurte im ersten Moment Erleichterung; es war offensichtlich notwenig, Bob moglichst rasch zum Arzt zu bringen, und genauso offensichtlich war der Symbiont dazu nicht in der Lage. Wer immer jetzt auf sie zukam, wurde ihnen helfen konnen oder zumi ndest Hilfe holen. Bobs Augen waren geschlossen, also konnte sein Partner nichts sehen, obwohl Bob flach auf dem Rucken lag.
Der Alien versuchte, ein Lid aufzudrucken, um zu sehen, wer es war, der jetzt vor ihnen stand und sich uber sie beugte, doch es gelang ihm nicht, und plotzlich fuhr ein dunnes Metallstuck durch die Brust seines Gastgebers und nagelte ihn auf den Boden. Der Jager verga?, da? er Bobs Lid empordrucken wollte, und achtete kaum auf die fliehenden Schritte. Er hatte plotzlich sehr viel zu tun.
Das Metall war dicht unterhalb des Brustbeins in Bobs Brust eingedrungen, leicht nach oben abgewichen, hatte die rechte Herzkammer durchbohrt und war dicht neben dem Ruckgrat wieder aus dem Korper ausgetreten. Das Herz schlug weiter, doch der Symbiont mu?te es mit Gewebe seiner eigenen Substanz umhullen, damit kein Blut aus den beiden Stichwunden austrat und den Herzbeutel fullte, was die Arbeit des Herzens erheblich erschwert hatte.
Das Metall steckte noch im Korper und half, die Wunden zu schlie?en, war jedoch sonst ziemlich lastig. Im Augenblick konnte der Jager nichts weiter tun, als Blutdruck und Blutkreislauf aufrechtzuerhalten, bis Hilfe kam. Und das war im Auge nblick nicht sehr wahrscheinlich.
Es dauerte etwa funfzehn Minuten, bis Bob aus seiner Bewu?tlosigkeit erwachte. Der Jager spurte das, bevor sein Gastgeber sich zu bewegen begann und erklarte ihm langsam und behutsam, was passiert war, um zu verhindern, da? er sich durch eine unbedachte Bewegung Schaden zufugte. Bob horte ihm zu und begriff schlie?lich.
„Was konnen wir tun?“ fragte er. „Ich wei?, da? du mich am Leben halten kannst, aber ich mochte auf keinen Fall, da? jemand von meiner Familie mich so findet.“
„Ich bin derselben Meinung, wenn auch sicher aus vollig anderen Grunden“, antwortete der Jager.
„Ein normaler Mensch, der dich so sieht, wird wahrscheinlich sofort versuchen, dieses Metallstuck herauszurei?en, und das sollte nur unter me iner Anleitung oder der von Dr. Seevers erfolgen.
Glaubst du, da? du schon kraftig genug bist? Um einen Schock brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich kummere mich um deinen Blutdruck.“
„Ich denke schon“, sagte Bob und tastete vorsichtig nach seiner Brust und dem herausragenden Ende der Waffe. „Ich wurde sagen, es ist ein Grillspie?, einer von denen, die wir neulich beim Picknick gebraucht haben.“
„Das war auch mein Eindruck“, sagte der Jager,
„obwohl ich nur den Teil fuhlen konnte, der in dir steckt. Glucklicherweise ist es einer von der geraden Sorte, und nicht einer von den gedrehten. Sonst hattest du mehr Blut verloren, dein Herz ware schwerer verletzt worden und du wurdest einige Schwierigkeiten haben, ihn herauszuziehen. Also los — den Griff umklammern, und dann langsam ziehen. Ich kummere mich um alles hier drinnen.
Gut, gut — so ist es richtig — ganz langsam — besonders, wenn du die Spitze aus dem Boden ziehst — und vor allem nicht wackeln — ja, so ist es richtig…“
Der Jager sprach standig weiter. Irgendwann wurde Bob bewu?t werden, was er tat, doch dieser Zeitpunkt sollte so lange hinausgeschoben werden, bis er den Grillspie? aus seinem Korper gezogen hatte, oder zumindest aus seinem Herzen. Falls ihm vorher ubel werden sollte — eine durchaus normale Reaktion —, wurde die Arbeit des Jagers sehr viel komplizierter werden. Er hielt Bobs Augen geschlossen; denn obwohl er die Gefa?e an den Randern der Wunde so fest verschlo?, da? nicht ein einziger Blutstropfen mit dem Metall heraustrat, war doch der Anblick eines Grillspie?es, der aus der eigenen Brust ragte, etwas, das man vermeiden sollte. Der Jager konnte die Operation mit professionellem Interesse beobachten; von Bob war so viel Distanziertheit jedoch nicht zu erwarten.
Sie dauerte mehrere Minuten, doch gelang es ihnen, sie durchzufuhren, ohne noch mehr Schaden anzurichten. Trotz des Blutdruckes und der standigen Bewegung hatte der Jager keinerlei Schwierigkeiten, die Wunden im Herzen Bobs geschlossen zu halten; wahrscheinlich wurden sie innerhalb weniger Tage zuheilen, falls keine Komplikationen durch Bobs andere Probleme es verhinderten. Er erklarte es seinem Gastgeber und setzte hinzu: „Bis dahin tue aber nichts, was deinen Blutdruck zu sehr in die Hohe treiben konnte.“
„Schlie?t das auch Aufstehen und Gehen ein?“
fragte Bob. „Ich denke, ich sollte zu Seevers gehen, bevor einer von meinen Leuten nach Hause kommt.
Jetzt, wo du mich wieder die Augen offnen la?t, habe ich den Eindruck, da? jemand meinen Arm gerade richten sollte. Danke, da? du mir den Schmerz erspart hast, ubrigens.“
„Dieses eine Mal war es nicht dein Leichtsinn, der dich in eine solche Lage gebracht hat“, erwiderte der Jager. „Ich habe nicht genug Kraft, um deine Knochen wieder in die richtige Lage zu bringen. Wir wollen erst sehen, was deinen Sturz verursacht hat, und dann gehen wir ganz langsam zu Seevers Haus.“
Der Jager hatte inzwischen alle Verletzungen Bobs genau untersucht. Der Aufprall, der ihn bewu?tlos geschlagen hatte, schien dem Hirn nicht geschadet zu haben. Sein Schadel war jedenfalls intakt; in das Gewebe des Gehirns wagte der Jager nicht einzudringen; er beschrankte sich auf die Blutbahnen dieses Organs, und dort konnte er keine Schaden feststellen, es war also kein Blut in die Gehirnflussigkeit gesickert.
Bob stand auf. Die Bewegung tat ihm nicht mehr weh als vorher. Er ging zu seinem Fahrrad, und mit einem Blick wurde ihm klar, was passiert sein mu?te.
Der Reifen des Vorderrades war bis zum Felgenrand zerschnitten; sonst war das Rad in Ordnung.
„Jemand hat in Achsenhohe einen Draht uber die Stra?e gespannt“, folgerte er. „Nachdem ich gegen den Draht gefahren und gesturzt war, hat er den Draht wieder entfernt und mich aufgespie?t — vielleicht auch in umgekehrter Reihe nfolge. Das Wie scheint also klar. Aber ich verstehe nicht, warum jemand das tun sollte. Fur Andres Spa?e ist es ein wenig extrem — nicht der Stolperdraht, aber der Grillspie? — findest du nicht auch?“
Der Jager mu?te zus timmen, obwohl auch er an das Kind gedacht hatte.
Sie konnten keine Spuren entdecken, die darauf hinwiesen, wo das Drahtseil befestigt gewesen sein mochte, doch gab es dafur eine ganze Reihe Mo glichkeiten. Der Jager fragte sich, ob es einem elfjahrigen Kind moglich war, alle Spuren so sorgfaltig zu verwischen, behielt diesen Gedanken jedoch fur sich.
Er konnte zu keinem Ergebnis kommen, au?er der Schlu?folgerung, da? irgend jemand sich sehr wenig Gedanken um Bobs Gesundheit machte; dabei war er nicht einmal sicher, ob der Anschlag Bob gegolten hatte, er war vielleicht nur zufallig sein Opfer geworden. Der Jager war seit uber sieben Jahren nicht mehr in seinem Beruf tatig gewesen und begann sich zu fragen, ob sein Wissen einzurosten begann. Er hatte wenigstens etwas wissen mussen.
Gegen den Einspruch seines Partners bestand Bob darauf, sein Fahrrad zum Haus zuruckzuschieben und in