funf von zehn Menschen, sieben von zehn Paneshken und neun von zehn Drommianern noch immer meinen, wir hatten uns nicht auf sie einlassen durfen. Ihr wi?t so gut wie ich, da? die Vermittlung fortgeschrittener Technologie, selbst wissenschaftlicher Grundkenntnisse, an nichtindustrielle Kulturen die Okologen bis zur Wei?glut treibt, weil sie den Standpunkt vertreten, da? jede Rasse ein Recht auf eigenstandige Entwicklung hat; da? die Uberangstlichen deshalb in Geheul ausbrechen, weil wir angeblich die bosen Fremden gegen uns bewaffnen; da? die Historiker ubel auf uns zu sprechen sind, weil wir ihnen das kulturgeschichtliche Vergleichsmaterial verderben; da? die Administrationen sich argern, weil wir ihnen Probleme aufhalsen, denen sie noch nicht gewachsen sind.“
„Das gro?te Problem sind diese Angstlichen, die du erwahnt hast“, warf Mersereau ein, „diese Hohlkopfe, die glauben, jede nichtmenschliche Rasse wurde unser Feind, sobald sie nur uber die technischen Kapazitaten verfugt. Deshalb haben die Meskliniten ausschlie?lich Apparaturen erhalten, die sie unter keinen Umstanden nachbauen konnen, wie die Konvertereinheiten; die sich ohne fu nferlei Hilfsmittel, zum Beispiel Gammadiffraktionskameras, nicht analysieren lassen. Alans Argume nt klingt gut, aber es ist blo? eine Ausrede. Du wei?t, da? ein Mesklinit ein teilautomatisiertes Raumboot zu fliegen sehr wohl lernen konnte, wenn man die Kontrollen fur seine Zangen modifiziert, und in diesem Satelliten ist kein Wissenschaftler, der nicht froh ware, Proben von Dhrawns Oberflache geliefert zu bekommen.“
„Das stimmt nicht alles, aber enthalt viel Wahrheit“, entgegnete Hoffman ruhig. „Ich teile deine Meinung uber die Angstlichen, aber es ist eine Tatsache, da? bei den modernen billigen Energiequellen die Moglichkeit einer interstellaren Kriegsfuhrung nicht mehr so ausgeschlossen ist, wie man fruher annahm. Euch ist bekannt, warum dieser Satellit so gro?e Raume hat, obwohl es Platzverschwendung ist und viele von uns sie ungemutlich finden. Der durchschnittliche Drommianer, entdeckte er einen Raum, den zu betreten ihm unmoglich ist, wurde sofort den Verdacht hegen, wir verheimlichten ihm etwas. Die Drommianer kennen kein Privatleben und sind — nach unseren Vorstellungen — ernstlich paranoid.
Hatten wir ihnen die Teilhabe an unserer Technologie verwehrt, ihr Planet hatte sich in einen Vulkan von Verfolgungswahnsinnigen verwandelt, weitaus gefahrlicher als alle Verruckten, die die Erde jemals hervorgebracht hat. Ich habe keine Ahnung, ob die Meskliniten ahnlich reagieren wurden, aber ich schatze, ihre Ausbildung auf Mesklin stattfinden zu lassen, war die geschickteste Losung.“
„Nachdem die Meskliniten die Vermittlung von Kenntnissen erpre?t hatten, ja.“
„Eben“, bestatigte Hoffman. „Aber das sind Nebenprobleme. Der entscheidende Punkt ist gegenwartig, da? wir nicht wissen, was Barlennan wirklich denkt oder plant. In einer Beziehung konnen wir allerdings absolut sicher sein — er hatte niemals seine Einwilligung gegeben, da? wir ihn und zweitausend andere Meskliniten auf eine fast vollig unerforschte, sogar fur seine Rasse sehr gefahrliche Welt schicken, besa?e er dafur nicht selbst einen guten Grund.“
„Den haben wir ihm geliefert“, deutete Aucoin an.
„Ja, indem wir sein Erpressungsmanover imitierten. Wir erklarten uns zur Fortfuhrung der Lehrtatigkeit auf Mesklin nur unter der Bedingung bereit, wenn er fur uns die Expedition nach Dhrawn ubernehmen wurde. Ich raume gerne ein, da? Barlennan ein Idealist sein mag, aber ich kann nicht abschatzen, in welchem Ma? sein Idealismus mit Patriotismus geladen ist. Aber auch diese Dinge gehoren nicht hierher; die Meskliniten waren mit der Zusammenstellung der Ausrustungen einverstanden — warum auch immer. Wir konnen ihnen weiterhin mit Informationen uber physikalische Vorgange helfen, die sie nicht kennen und die ihre Wissenschaftler kaum selbst zu erarbeiten vermogen, denn wir verfugen uber Computer. Ein unerhort teures Expeditionsfahrzeug ist auf Dhrawn festgefroren, und einhundert Meskliniten sitzen darin fest. Sollten wir Barlennan zur Annahme neuer Ausrustungen bewegen konnen, nun gut; aber was la?t sich tun, um Dondragmer baldmoglichst zu helfen? Das ist mir unklar. Ich sehe nicht die geringste Moglichkeit.“
„Vermutlich hast du recht, Ib, aber ich kann nicht anders, ich mu? an Kervenser denken und wie vernunftiger es gewesen ware, wenn…“
„Er hatte eins der Gerate mitnehmen konnen. Die Kwembly hat vier Kommunikationseinheiten an Bord, alle transportabel. Die Entscheidung, eine mitzufuhren oder nicht, lag ganz bei Kervenser und dem Captain. Lassen wir das Jammern und versuchen wir es lieber mit einigen konstruktiven Uberlegungen.“
Mersereau schwieg, ein wenig irritiert durch Ibs energische Formulierung, aber jedenfalls war seine Auseinandersetzung mit Aucoin vorerst beendet.
Der Planer ergriff wieder die Initiative und wandte sich an die am anderen Tische nde sitzenden Wissenschaftler, die ihre Unterhaltung inzwischen eingestellt ha tten. „Nun, McDevitt, habt ihr euch einigen konnen, was geschehen sein mag?“
„Nicht restlos, aber wir haben einen Gedanken, den zu prufen sich lohnen durfte. Du wei?t, da? die Kwembly berichtete, die Temperatur sei seit der Nebelbildung unverandert geblieben und da? sogar ein sehr schwacher Warmetrend bestehe. Seit das Fahrzeug feststeckt, seien die Barometerwerte langsam gestiegen. Die gemeldeten Temperaturen lagen weit unter den Gefrierpunkten von reinem Wasser und reinem Ammoniak, aber erheblich uber dem der eute ktischen Ammoniakmonohydratlosung. Wir hatten vermutet, da? das Tauwetter durch die vom Ammoniaknebel und der Wasserschneeschicht eingegangene Reaktion ausgelost wurde; Dondragmer hatte diese Moglichkeit befurchtet.
Trifft dies zu, konnte der Gefrierproze? infolge der Verdunstung des in der eutektischen Losung enthaltenen Ammoniaks entstanden sein. Wir brauchten Ammiditatsmessungen…“
„Was?“ unterbrachen Hoffman und Aucoin spontan und wie aus einem Mund.
„Verzeihung. Fachsprache.
Ammoniakteildruckwerte im Verhaltnis zum Sattigungsgrad — analog dem Verhaltnis des Wasserfeuchtigkeitsgrads. Solche Messungen mu?ten wir haben, um zu entscheiden, ob die Vermutung zutrifft, und die Meskliniten haben sie nicht vorgenommen.“
„Konnten sie es?“
„Ich bin sicher, da? sich eine Methode mit ihnen erarbeiten lie?e. Wie viel Zeit das beansprucht, wei? ich nicht. Wasserdunst wurde nicht storen; sein Ausgleichsdruck liegt in diesem Temperaturbereich um vier oder funf Werte niedriger als beim Ammoniak. Es durfte nicht allzu schwierig sein.“
„Mir ist klar, da? es sich mehr um eine Hypothese handelt als um eine ausgereifte Theorie. Bildet sie eine ausreichende Grundlage, um Ma?nahmen einzuleiten?“
„Das hangt von den Ma?nahmen ab.“ Aucoin machte eine ungeduldige Geste, und der Meteorologe sprach hastig weiter. „Ich meine, ich wurde auf dieser Grundlage keine Aktionen entwickeln, die nach dem Prinzip >alles oder nichts< ablaufen, aber man konnte alles versuchen, das nicht kostbare Materialvorrate der Kwembly erschopft oder das Fahrzeug in noch gro?ere Gefahr bringt.“
Der Planer nickte. „Nun gut. Mochtest du bleiben und uns weiter mit Anregungen versorgen oder ware es effektiver, diese Angelegenheit umgehend mit den Meskliniten zu besprechen?“
McDevitt verzog die Lippen und dachte einen Moment lang nach. „Wir verstandigen uns regelma?ig mit ihnen, aber bis jetzt ist von ihrer Seite mehr nutzliches Material gekommen als von…“ Er verstummte; Easy und ihr Mann unterdruckten ein Lacheln. Aucoin, der den faux pas anscheinend nicht bemerkt hatte, nickte nochmals. „Gut. Informiert uns, wenn euch irgendwelche neuen Ideen kommen, die erfolgversprechend sein konnten.“
Die vier Wissenschaftler versprachen es und verlie?en den Raum. Die zehn ubrigen Konferenzteilnehmer schwiegen fur einige Minuten, bis Aucoin endlich aussprach, was sie alle dachten.
„Finden wir uns damit ab“, sagte er langsam.
„Der richtige Streit kommt erst, wenn wir diesen Bericht an Barlennan weiterleiten.“
Ib Hoffmann richtete sich heftig auf. „Das habt ihr noch nicht?“ schnauzte er.
„Bis jetzt wei? er nur, da? die Kwembly strandete, aber nichts davon, da? sie plotzlich festgefroren ist.“
„Warum nicht?“ Easy spurte die Drohung in der Stimme ihres Mannes; sie uberlegte, ob sie schlichten solle. Aucoin reagierte auf die Frage mit Uberraschung.
„Das wei?t du so gut wie ich. Ob er es jetzt, in zehn Stunden oder in einem Jahr erfahrt, macht keinen Unterschied. Er kann kurzfristig gar nichts fur Dondragmer tun, und wenn er uberhaupt etwas unternehmen konnte, dann etwas, das wir wahrscheinlich auch diesmal ablehnen wurden.“
„Und das ware?“ fragte Easy freundlich. Sie hatte sich entschieden, wie das Gesprach zu fuhren war.
„Eins der bei der Basis bereitstehenden Fahrzeuge zur Unterstutzung losschicken, wie er es im Falle der Esket wollte.“
„Du warst auch jetzt dagegen.“