„Selbstverstandlich, aus den gleichen Grunden, die Barlennan damals akzeptiert hat. Es geht nicht blo? darum, da? wir diese beiden Fahrzeuge fur andere Aufgaben vorgesehen haben, aber das ist ein Grund. Wie du auch von mir denken magst, Easy, ich schatze Leben nicht als wertlos ein, weil es nichtmenschliches Leben ist. Dennoch bin ich dagegen, weil ich immer gegen Vergeudung von Zeit und Hilfsmitteln bin. Die Anderung des Vorgehens inmitten einer Operation fuhrt gewohnlich zu beidem.“

„Wenn du immer behauptest, da? dir mesklinitisches Leben nicht weniger als menschliches bedeutet, wie kannst du dann so etwas sagen?“

„Easy, du ignorierst die Tatsache, da? sich die Kwembly ungefahr dreizehntausend Meilen von der Basis entfernt befindet. Ein Hilfsfahrzeug benotigte etwa zweihundert bis zweihundertfunfzig Stunden, um sie zu erreichen. Uberdies ist sie von ihrer ursprunglichen Route abgetrieben worden, und womoglich ist das Plateau jetzt nicht langer passierbar.“

„Wir konnten die Richtung anhand von Satellitenfotos bestimmen.“

„Zweifellos. Das andert jedoch nichts an der Tatsache, da? Barlennan, wenn Dondragmer die gegenwartigen Schwierigkeiten nicht selbst zu bewaltigen vermag, nichts zu seiner Unterstutzung tun kann, falls die Kwembly akuter Gefahr ausgesetzt ist; falls sie lediglich vorubergehend festgefroren ist, konnen ihr schnellzyklisches Versorgungssystem und die Fusionskonverter sie lange genug am Leben erhalten, bis Barlennan und wir uns eine langfristige und risikolose Hilfsma?nahme ausgedacht haben.“

„Wie bei Destigmets Esket“, antwortete die Frau mit einer Spur Bitterkeit in der Stimme. „Sieben Monate sind vergangen, und du wurgst, wie damals, noch immer jedes Wort uber eine Rettungsaktion ab!“

„Damals war die Situation vollig anders. Die Esket steht noch — unverandert, soweit die Kameras diesen Schlu? zulassen — an ihrem Platz, aber die Besatzung ist verschwunden. Wir haben nicht die geringste Vorstellung, was ihr widerfahren sein kann, aber da niemand an Bord ist, mussen wir annehmen, da? sie umgekommen ist. Auch Meskliniten konnen, wenn sie nichts als ihre Schutzanzuge mitfuhren, auf Dhrawn nicht sieben Monate lang uberleben.“

Easy wu?te keine Antwort. Rein logisch betrachtet, hatte Aucoin vollig recht; aber Easy vermochte sich mit dem Gedanken, da? das Problem sich nur logisch losen lie?, nicht abzufinden. Ib wu?te, wie sie empfand, und kam zu der Einsicht, da? es angebracht sei, wieder einzulenken. Grundsatzlich teilte er, in gewissen Grenzen, die Meinung des Planers, aber ihm war klar, da? seine Frau wohl kaum damit einverstanden sein konnte.

„Das dringendste aller Probleme ist“, sagte Hoffman, „da? einige von Dondragmers Leuten noch au?erhalb des Fahrzeugs sind. Wie ich es verstehe, befinden zwei sich unter dem Eis — und niemand kann sagen, ob der Tumpel nicht bis auf den Grund gefroren ist. Ich verma g die Chancen fur Meskliniten, die sich — wenn auch in Schutzanzugen — in einer solchen Lage befinden, nicht abzuschatzen. Temperaturschwankungen durften ihnen nicht schaden, aber niemand wei?, welchen anderweitigen physiologischen Beschrankungen sie unterliegen. Was Dondragmers Ersten Offizier angeht, der von einem Aufklarungsflug uberfallig ist, so konnen wir nicht unmittelbar helfen, da er keinen Kommunikator an Bord hat; aber die Kwembly verfugt uber einen zweiten Helikopter. Hat Dondragmer die Absicht geau?ert, mit der anderen Maschine — mit einer Kamera ausgestattet — nach seinem Ersten Offizier suchen zu lassen, und hat er deshalb Unterstutzung von uns angefordert?“

„Seit einer halben Stunde hat er sich nicht gemeldet“, erwiderte Mersereau.

„Dann empfehle ich dringend, da? wir ihm einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten.“

Aucoin nickte zustimmend und sah dann zu Easy hinuber. „Deine Aufgabe, wurde ich sagen.“

„Als ob man mir das sagen mu?te.“ Easy stand auf, kniff Ib im Vorbeigehen in ein Ohrlappchen und ging hinaus.

„Der nachste Punkt“, sagte Hoffman. „Ich meine, da? Barlennan uber die neueste Situation der Kwembly informiert werden mu?.“

„Weshalb sollten wir uns mehr Arger einhandeln als erforderlich?“ fragte Aucoin. „Ich streite mich ungern mit jemand, dem es freisteht, ob er mir zuhoren will oder nicht.“

„Streit durfte sich erubrigen. Erinnere dich, da? er in dieser Beziehung schon einmal mit uns ubereinstimmte.“

„Vor einigen Minuten hast du angedeutet, da? du an seiner Aufrichtigkeit zweifelst.“

„Er hatte der Esket, ware ihm wirklich daran gelegen gewesen, gegen unseren Rat ein Hilfsfahrzeug schicken konnen. Er tat es, wie du dich entsinnst, bei mehreren anderen Anlassen.“

„Ja, aber diese Fahrzeuge, die in Schwierigkeiten waren, lagen in der Nahe der Basis, und schlie?lich haben wir sein Verhalten doch gebilligt“, entgegnete Aucoin.

„Weil wir wu?ten, da? er es ohnehin tun wurde.“

„Nein, weil deine Frau auf Barlennans Seite stand und uns uberredete. Und unglucklicherweise spricht deine Argumentation dagegen, ihn uber die neue Situation zu unterrichten.“

„Und auf welcher Seite stand sie, als es um die Esket ging? Ich bin dafur, Barlennan zu informieren, und nicht blo? der Aufrichtigkeit wegen, sondern weil er fruher oder spater merken wird, da? wir Expeditionsberichte zensieren.“

„Zensur wurde ich es nicht nennen. Wir haben nie etwas verandert.“

„Aber ihr habt die Ubermittlung oftmals verzogert, um zu prufen, ob er etwas erfahren durfte oder nicht, und das ist kein Verhalten, das wir mit ihm vereinbart haben. Schon im eigenen Interesse taten wir gut daran, uns sein Vertrauen so lange wie moglich zu bewahren.“

Mehrere andere Konferenzteilnehmer, die wahrend des Streitgesprachs geschwiegen hatten, fingen nun nahezu gleichzeitig zu reden an, und Aucoin benotigte einige Sekunden, um den Sinn ihrer Au?erungen zu erfassen, doch schlie?lich wurde ihm doch klar, da? sie Ibs Meinung befurworteten. Der Planer nickte wurdevoll; es entsprach nicht seiner Art, sich gegen das ganze Team zu stellen. „Also gut. Sobald die Sitzung beendet ist, geben wir Barlennan die vollstandige Nachricht durch.“ Er sah Ib an. „Das hei?t, falls Easy es nicht schon getan hat. Was ist der nachste Punkt?“

Einer der Manner, der bisher vorwiegend nur zugehort hatte, meldete sich nun zu Wort. „Ib, du und Alan, ihr habt vor ein paar Minuten beide behauptet, da? Barlennan damit einverstanden gewesen sei, die Menge komplizierten Expeditionsgerats auf ein absolutes Minimum zu beschranken. Soviel war mir auch bekannt; aber du, Ib, hast ebenfalls erwahnt, du hegtest an seiner Ehrlichkeit gewisse Zweifel. Beruhen diese Zweifel auf der Tatsache, da? er die Helikopter akzeptiert hat?“

Hoffman schuttelte den Kopf. „Nein. Unsere Argumente, die wir fur ihre Verwendung vorbrachten, waren uberaus stichhaltig, es uberraschte mich lediglich, wie schnell er sich darauf einlie?.“

„Aber Meskliniten sind von Natur aus akrophobisch. Der Gedanke des Fliegens mu? jemanden, der von einer Welt mit derartiger Gravitation stammt, doch schlichtweg unvorstellbar anmuten.“

Ib lachelte grimmig. „Stimmt. Aber als erstes unternahm Barlennan, nachdem er den Handel mit den Leitern des Unternehmens Schwerkraft zustande gebracht hatte, einen Flug mit einem selbstgebauten Hei?luftballon, und zwar in Mesklins Polarzone, wo die Gravitation am hochsten ist. Was Barlennan auch motivieren mag, die Akrophobie ist es nicht. Ich mi?traue ihm nicht regelrecht; doch ich bin unsicher uber seine Denkweise, wenn diese etwas vage Formulierung erlaubt ist.“

„Ich denke ahnlich daruber“, warf Aucoin ein.

„Und ich glaube, damit sind wir uns vorerst einig.

Ich schlage vor, uns in, sagen wir: sechs Stunden noch einmal zu besprechen. Inzwischen konnen wir Uberlegungen anstellen, im Kommunikationsraum den Meskliniten zuhoren oder mit ihnen reden; jedenfalls etwas, das sich eignet, uns vielleicht neue Anregungen zu liefern. Ihr kennt meine Vorstellungen davon.“

Einer der Wissenschaftler meldete sich nochmals.

„Ich kann nicht anders, ich mu? mich immer wieder, wenn eins der Fahrzeuge Schwierigkeiten hat, selbst wenn sie eindeutig naturlicher Art sind, mit der Esket beschaftigen.“

„Ich schatze, so geht es uns allen“, erwiderte Aucoin.

„Je langer ich daruber nachdenke, um so mehr verfestigt sich mein Verdacht, da? sie auf einen intelligenten Widerpart getroffen ist. Immerhin wissen wir, da? es auf Dhrawn anderes Leben gibt als nur das Gestrauch und die Pseudoalgen, die die Meskliniten gefunden haben. Quantitativ widersprache eine solche Beschrankung den atmospharischen Verhaltnissen; irgendwo mu? ein kompletter okologischer Komplex existieren, und zwar, wie ich vermute, in den warmeren Regionen.“

„Wie die Tiefdruckzone Alpha.“ Hoffman erweiterte den aufgeworfenen Gedanken. „Ich halte die Moglichkeit, da? eine intelligente Spezies Dhrawn bewohnt, fur erwagenswert. Bisher haben wir aus dem Raum keine Spur von

Вы читаете Stutzpunkt auf Dhrawn
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату