unterschritt, wurden sie vorerst nicht mehr als ihr Bewu?tsein verlieren und mit eingeschrankten Korperfunktionen weiterleben; erst nach funfzig bis einhundert Stunden mochten ihre Organismen irreparable Schaden erleiden.

Tatsachlich blieben die beiden gelassen genug, um wieder an ihre Arbeit zu gehen; und sie schickten sich bereits an, sich den au?eren Walzen der Reihe 2 zuzuwenden, als sie eine weitere, diesmal erheblich besturzendere Entdeckung machten.

Das Eis drang langsam einwarts. Nicht schnell, aber offenbar unaufhaltsam. Keiner der beiden wu?te auch nur um eine Spur besser als Ib Hoffman, wie es ihnen bekommen wurde, froren sie bis zur Bewegungsunfahigkeit darin ein, wie es wohl zu erwarten war. Und beide verspurten nicht das geringste Interesse nach dieser Erfahrung.

Immerhin verfugten sie noch uber Licht. Nicht alle Krafteinheiten befanden sich in au?eren Walzen, und Takoorch lud seine Lampe auf, so da? sie eine genauere Begutachtung ihres Gefangnisses vornehmen konnten. Beetchermarlf hoffte, in Bodennahe oder oben, unterhalb der pneumatischen Matratze, einen ungefrorenen Zwischenraum zu finden; ihm war nicht klar, ob der Gefrierproze? vom Grund oder vom Wasserspiegel her eingesetzt hatte, denn er war — im Gegensatz zu jedem beliebigen Menschen — nicht mit der Tatsache vertraut, da? Eis auf flussigem Wasser schwamm.

In diesem Augenblick wirkte seine Unkenntnis sich jedoch vorteilig aus, da er andernfalls zu einem Fehlschlu? gelangt ware. Selbstverstandlich hatten die Kristalle sich an der Wasseroberflache zu formen begonnen, aber da sie von hoherer Dichtigkeit waren als die Flussigkeit, lagerten sie sich ab und schmolzen wieder, als sie in ammoniakhaltigeres Flussigkeitsniveau gerieten.

Aus diesem Proze? scheinbarer Umsetzung resultierte eine fast sofortige und vollstandige Verfluchtigung des Ammoniakgehalts der Flussigkeit, und zwar bis zu einem Grade, der zu einem nahezu augenblicklichen Erstarren der gesamten Flussigkeitsmenge fuhrte. Folglich konnten die beiden keinerlei Lucken finden.

Eine Zeitlang lagen sie zwischen den Walzen, dachten lediglich nach und beobachteten das Vordringen des Eises. Sie fuhrten kein Zeitme?gerat mit und konnten die Geschwindigkeit des Gefrierprozesses daher nicht beurteilen.

Takoorch au?erte die Meinung, da? er sich verlangsame; Beetchermarlf war dessen weniger sicher.

Ab und zu hatte einer von ihnen eine Idee, aber der andere fand stets einen Fehler darin.

„Wir konnten kleinere Steine fortraumen“, bemerkte Takoorch einmal. „Warum sollten wir nicht einen Tunnel unter dem Eis schaffen?“

„Und wohin?“ konterte sein Gefahrte. „Die nachste Uferstelle ist vierzig oder funfzig Kabel entfernt, jedenfalls nach meinem letzten Uberblick.

Diese Entfernung konnen wir unmoglich durchgraben, bevor uns die Atemluft ausgeht, selbst wenn das Grundwasser vom Gefrierproze? nicht erfa?t worden sein sollte; das anzunehmen ist jedoch unbegrundet.“

Takoorch gab durch eine zustimmende Gebarde zu verstehen, da? er dies einsah, und verfiel wieder in Schweigen, wahrend das Eis um einige Millimeter naher kroch.

Etwas spater kam Beetchermarlf ein anderer Gedanke. „Unsere Lampe mu? ein bi?chen Warme ausstrahlen, obwohl wir sie durch die Anzuge nicht spuren. Warum sollte sich mit ihr kein Weg durch das Eis schmelzen lassen?“

„Versuchen konnen wir’s“, lautete Takoorchs lakonische Antwort.

Sie begaben sich vor die frostige Barriere.

Beetchermarlf errichtete einen Hugel aus kleinen Steinen und legte die auf Maximalleistung geschaltete Lampe darauf, so da? der Lichtkegel aus unmittelbarer Nahe auf das Eis fiel. Dann beobachteten sie den geringen Raum zwischen der Lampe und dem Eis.

„Da fallt mir ein“, sagte Takoorch, wahrend sie warteten, „da? wir auch etwas Korperwarme besitzen. Konnte das nicht einen Schmelzproze? unterstutzen?“

„Vielleicht.“ Beetchermarlf zweifelte daran.

„Uberzeugen wir uns zunachst, welche Wirkung die Lampe hat.“ Takoorch gestikulierte zustimmend, und die beiden schwiegen erneut.

Takoorch war jedoch keine Personlichkeit, die langeres Schweigen zu ertragen vermochte, und bald darauf au?erte er eine neue Idee. „Unsere Messer sind gegen das Eis ziemlich wirkungslos, aber womoglich la?t sich diese erwarmte Stelle leichter ausschaben.“ Er offnete eines der Klappmesser, die sie fur allgemeine Zwecke stets bei sich trugen, und wollte sich an die Arbeit machen.

„Warte noch“, verlangte Beetchermarlf. „Wir sollten uns erst vergewissern, ob die Warme uberhaupt einen Effekt hat.“

„Wenn uns das Messer weiterhilft, wen interessiert dann, ob die Warme es begunstigt oder nicht?“ erwiderte Takoorch. Beetchermarlf fand darauf keine gescheite Antwort und lie? ihn, indem er eine Bemerkung uber die Kontrollierbarkeit von Experimenten murmelte, gewahren. Der Mesklinit begann mit der winzigen Klinge das Eis zu bearbeiten. Der Eingriff verdarb das Experiment nicht, obwohl er die Feststellung des sichtbaren Resultats wahrscheinlich etwas verzogerte.

Korperwarme, Lampenwarme und Messer zusammen erwiesen sich schlie?lich als der Aufgabe nicht gewachsen; das Eis drang weiter vor. Sie mu?ten die Lampe vom Steinhugel nehmen und zusehen, wie die kristallische Wand ihn einhullte.

„Wir haben nicht mehr viel Zeit“, bemerkte Takoorch, wahrend er die Umgebung ringsum ausleuchtete. „Nur zwei Krafteinheiten sind noch zuganglich. Sollen wir die Lampe nachladen oder haltst du die Muhe fur uberflussig?“

„Da wir nichts anderes tun konnen, tun wir wenigstens das“, antwortete Beetchermarlf. „Zu dumm, da? die Einheiten in unserer Lage zu nichts anderem zu gebrauchen sind. Sie liefern genug Energie, um das Eis zu beseitigen, wu?ten wir nur eine Methode, sie fur diesen Zweck zu verwenden.“

„Die Einheiten lassen sich leicht aus den Walzen entfernen, aber was wir danach mit ihnen anstellen konnten, wei? ich auch nicht. Elektrischen Strom haben wir also, doch mir ist unklar, wie wir damit das Eis beiseite raumen sollten. Hier und jetzt konnten wir mit der Elektrizitat nichts anderes als die beiden Walzen in Bewegung setzen.“

„Wahrscheinlich wurde die Elektrizitat eher uns als das Eis beiseite raumen. Ich kenne mich zwar nicht besonders gut aus, aber ich wei? genau, da? sie toten kann. La? dir etwas anderes einfallen.“

Takoorch verzichtete auf eine weitere Au?erung.

Wie sein Gefahrte hatte er nur eine kurze Ausbildung in fremder Wissenschaft erhalten; beide hatten sich freiwillig fur das Dhrawn-Projekt gemeldet, weil sie mehr zu lernen hofften. Ihre allgemeinen Physikkenntnisse entsprachen etwa denen Benjamin Hoffmans, als er zehn oder zwolf gewesen war. Sachbeurteilungen, fur die kein Anschauungsmodell zur Verfugung stand, fielen ihnen recht schwer.

Selbstverstandlich ermangelte ihnen keineswegs die Fahigkeit zur Abstraktion. Beide kannten Warme als haufigste gewohnliche Energieform, obwohl sie sich diese nicht als Partikelbewegung vorstellten. Es war Beetchermarlf, der schlie?lich auf einen anderen elektrischen Effekt verfiel.

„Tak! Erinnerst du dich an die Erklarung, warum wir den Motoren nicht zuviel Energie zufuhren sollen, bevor das Fahrzeug sich bewegt? Die Menschen sagten, es beschadige die Motoren, wenn wir zu schnell beschleunigten.“

„Stimmt. Nicht mehr als Viertelkraft bis einhundert Kabel in der Stunde.“

„Wir konnen noch an die Krafteinheiten ran und an die Motoren. Warum treiben wir die Motoren nicht an? Sie werden hei?laufen, da die Walzen sich nicht bewegen konnen.“

„Wieso glaubst du, da? sie hei?laufen? Sie haben nie gesagt, die Motoren wurden hei?laufen, sondern blo?, da? es ihnen schade.“

„Ich wei?, aber worum konnte es sich sonst handeln? Jede Energie, die nicht anders verbraucht wird, verwandelt sich in Hitze.“

„Das hort sich wenig vernunftig an“, meinte der altere Segler. „Aber jetzt kann uns jeder Versuch recht sein. Schlie?lich war keine Rede davon, da? Motorenschaden das ganze Fahrzeug zerstoren wurden; wenn es uns umbringt, sind wir kaum schlimmer dran.“

Beetchermarlf schwieg nachdenklich; die Moglichkeit, da? sie die Kwembly gefahrden konnten, hatte er nicht berucksichtigt. Je langer er daruber nachdachte, um so weniger fuhlte er sich berechtigt, dies Risiko einzugehen. Er betrachtete die relativ kleine Energieeinheit, die in der nachstliegenden Walze steckte, und fragte sich, ob die

Вы читаете Stutzpunkt auf Dhrawn
Добавить отзыв
ВСЕ ОТЗЫВЫ О КНИГЕ В ИЗБРАННОЕ

0

Вы можете отметить интересные вам фрагменты текста, которые будут доступны по уникальной ссылке в адресной строке браузера.

Отметить Добавить цитату